Der Plan

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Duzende Augenpaare waren auf den exzentrischen Piraten gerichtet, der mit einem triumphierenden Grinsen auf dem Deck seines Schiffes stand. „Und von welchem Vorteil sprichst du?" fragte Barbossa und konnte die Neugierde in seiner Stimme nicht unterdrücken. Jack deutete auf den Kompass in seiner Hand. „Dieses Schmuckstück hier ist die Antwort auf alle Fragen." Barbossa verstand noch immer nichts von dem, was sein Gegenüber sagte. Augen verdrehend wandte er sich an seine Mannschaft. „Männer, holt die Gangway her! Jack,..." er wandte sich wieder an den Bukanier, „öffne die Rehlingtür! Ich komme hinüber." Jack hob fragend eine Braue und schien wenig begeistert über die Idee Barbossas. „Ich werde mit die nicht über zwei Schiffe hinweg über die Rettung meiner Tochter sprechen, also bereite den Übergang vor oder wir werden uns niemals einig werden!" Jack hörte in Barbossas Stimme, dass jegliche Diskussionen unnütz waren, also atmete er einmal tief durch, bevor er seiner Crew mit einer Kopfbewegung signalisierte, die Gangway zu befestigen. Pintel und Ragetti stürmten vor, fingen die Seile auf, die an der Gangway der Black Joke befestigt waren und zurrten sie an den Nagelbrettern rechts und links vom Einstieg fest, wobei sie das Brett, welches als eine Art Steg diente, festzurrten. Durch den Kampf war keines der beiden Schiffe in Bewegung, weshalb es für Barbossa ein leichtes war, über den ‚Steg' zu laufen. Kaum hatte er mit beiden Füßen das Deck der schwarzen Galeone berührt, schritt er auf die Kapitänskajüte zu; Jack dabei völlig missachtend. Dieser war zu erschöpft um einen bissigen Kommentar abzugeben und lief stumm hinter Janes Vater hinterher.

Beim Eintreten in die Kajüte verzog Jack kurz das Gesicht. Von Einschlaglöchern von Kanonen war zwar keine Spur zu sehen, doch war der Raum durch die unendlichen Erschütterungen der Pearl komplett verwüstet. Der zentral stehende Tisch lag auf der Seite, etliche Papiere waren über den Boden verteilt und die meisten Bücher, die in den Regalen standen, lagen nun auf den schwarzen Dielen. Einzig und alleine die festmontierten Möbelstücke sind an Ort und Stelle verblieben. „Immer wieder schön zu sehen, was mit meinem Schiff geschieht, wenn ich das Kommando abgebe." Murrte Barbossa und kassierte dafür einen tödlichen Blick von Jack. „Dass mein Schiff gerade nahezu zurück auf den Meeresgrund bombardiert wurde hast du aber schon gesehen, oder?" Barbossa öffnete den Mund um zurück zu argumentieren, aber Jack winkte ab und drehte ihm den Rücken zu; den Boden dabei nach etwas absuchend. „Ah!" erklang Jack Stimme nach einiger Zeit, als er sich bückte und eine Seekarte unter den Dokumenten hervorzog und sie auf dem Boden ausbreitete. „Bones' Schiff hat auch einstecken müssen, wenn auch nicht so viel, wie die Pearl, aber unabhängig von dem Schadensgrad des Gefährts, was macht ein Captain direkt nach einer Schlacht?" Jack erwartete keine Antwort auf seine Frage, sondern fuhr direkt fort. „Er legt am nächsten großen Hafen an, um Vorräte aufzustocken und Reparaturmaterial zu besorgen." Barbossa verstand so langsam, auf was Jack hinaus wollte und nickte. „Die nächsten Hafenstädte auf der Karte, Six Shilling Cay, Pimlico Island, sind zu klein, als dass er an alle Ressourcen kommt, die er benötigt. Außerdem wird er sich nicht in Gefahr sehen, da er genauso gut wie wir weiß, dass von der Pearl momentan keine Höchstleistungen zu erwarten sind, also wird er direkt die nächstbeste Gelegenheit ansteuern. Die komplette Current Island liegt unter den Gesetzen der Briten. Man würde Bones sofort an seiner eigenen Großrah aufhängen, also..." „...wird er sie über die Russel Island westlich umfahren und am Großhafen bei Spanish Wells anlegen." Beendete Barbossa Jacks Gedankengang. „Ganz genau! Nur muss Bones einige Umwege fahren, weil er illegaler Weise auf englischen Gewässer verkehrt und da kommt der Kompass zu Einsatz. Er wird mich auf direktem Wege zu Jane führen, wobei ich den Vorteil habe, dass ich, dank des Kaperbriefes, unbeschadet durch die offiziellen Gewässer durchsegeln kann. Das gibt mir die Zeit Bones zu überholen und ihn am Hafen abzufangen." Barbossa nickte. Er wollte es nicht gerne zugeben, doch Jacks Plan klang plausibel. „Nur haben wir immer noch das Problem, dass ich Janes Schicksal nicht erneut in deine Hand lege." Sagte er, worauf Jack aber sofort eine Antwort wusste. „Das tust du auch nicht! Du segelst Bones hinterher. Er wird erwarten, dass er verfolgt wird. Würde er es nicht, würde er stutzig werden und unvorhersehbar handeln. Behalt einfach einen Abstand der groß genug ist, dass er Velten nicht bedroht, sonst ist der ganze Plan für die Katz." Barbossa nickte. „Einverstanden!"

Es vergingen einige Stunden in denen beide Schiffe so gut wie möglich fahrtüchtig gemacht worden sind. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit setzte Barbossa die Segel, folgte auf direktem Kurs der Ankou, Jack übernahm das Steuer, klappte den Kompass auf und setzte den Kurs, den die Kompassnadel ihm zeigte. Er würde sein Versprechen Jane gegenüber einhalten. Das schwor er sich.

Als ich aufwachte, schmerzte jeder Zentimeter meines Körpers. Meine Kopfschmerzen hatten sich die Nacht über verzehnfacht und meine Glieder waren schwer wie Blei, als ich mich erhob und durch die Zelle tapste. Ich wusste nicht, wie spät es war. Mir fehlte jedes Zeitgefühl. Aber meine Mitgefangenen waren verschwunden. Sofort kamen in mir Fragen auf. Wieso war ich nicht geweckt worden? Was hat Bones noch mit mir vor? Wie lange werde ich hier noch verharren müssen? Gerade als ich mich wieder auf den Boden niedersenken lassen wollte, öffnete sich eine Tür und ich hörte dumpfe Schritte, wie sie die Treppe runterkamen. In der Dunkelheit erkannte ich einen jungen Mann, den ich nie zuvor gesehen habe. Er schloss die Tür zu meiner Zelle auf, reichte mir die Hand und geleitete mich hinaus. „Der Captain möchte Euch sehen." Sagte er leise und lotste mich aus der Bilge hinaus. Das warme Sonnenlicht auf meiner Haut tat ungemein gut und ich genoss dieses Gefühl für wenige Sekunden, als mich der Mann zum Weitergehen aufforderte und mich auf direktem Wege zur Kapitänskajüte führte. Er öffnete die Tür und signalisierte mir einzutreten, was ich nach einem kurzen Zögern tat. Hatte ich denn auch eine andere Wahl? Ich sah auf. Vor mir stand Velten Bones mit einem (überraschend) netten Lächeln. Er deutete auf einen Tisch der gedeckt war mit den diversesten Speisen. „Setzt Euch, meine Liebe und esst. Ich glaube, wir beide sollten uns mal näher kennenlernen."


Über Liebe und Entscheidungen (Fluch der Karibik Fanfiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt