Kapitel 29

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Weißes Licht umgab mich. Kein einziger Fleck, der im Schatten lag. Alles war hell und freundlich. Ich spürte keine Schmerzen mehr, aber auch keine Freude.

Wo war ich? Wo war Legolas? Meine Familie? Haldir? Alle waren weg. Ich war mutterseelenallein und einsam.

"Hallo?", fragte ich schüchtern und starrte in die Helligkeit um mich herum. Wo waren denn alle? Wo waren meine Schmerzen? Ich legte meine Hand auf die Stelle an der eigentlich die Wunde hätte sein sollen. Doch da war nichts!

Verdutzt schaute ich an mir herab. Es stimmte! Die Wunde war komplett verschwunden und nicht mal eine Narbe war zu sehen.

Was mich auch überraschte, war die Tatsache, dass ich ein schneeweißes Kleid trug. Es betonte meinen Körper und war dennoch luftig und wehte um meine Beine herum. Panisch legte ich meine Hand auf meinen Bauch. Erleichtert seufzte ich auf, als ich das Kind in mir fühlte. Aber wie kann das sein? Ich bin doch tot? Wieso lebte mein Kind? 

Ein paar mal drehte ich mich im Kreis und schaute in alle Richtungen, doch nichts und niemand waren zu sehen.

"Hallo, Kiana", sagte eine sanfte Stimme hinter mir. Blitzschnell drehte ich mich um und starrte entgeistert die Frau vor mir an. Sie trug ein ähnliches Kleid wie ich, doch irgendwie sah es aus, als würde es leben. Ihre langen blonden Haare wehten im nicht vorhandenem Wind nach hinten. Ein liebliches Lächeln umspielte ihre Lippen.

"Wer seid ihr und wo bin ich hier?", fragte ich.

"Erkennst du mich denn nicht?", antwortete die Frau mit einer Gegenfrage und trat einen Schritt auf mich zu.

"Nein. Sollte ich?"

"Ich bin schon immer tief in dir gewesen und du trägst ein Amulett an dir, was einst mir gehörte", sprach die Frau mit engelsgleicher Stimme.

"Ich bin wie du eine Elbin des Düsterwaldes." Plötzlich funkte es bei mir.

"Das kann doch nicht sein. Ich hörte ihr seid tot", sagte ich verwirrt.

"Du hast Recht. Ich starb vor vielen Jahren, jedoch starb ich nie wirklich ganz. Ein Teil von mir wird immer in dem Amulett weiterleben", erklärte sie und legte mir eine Hand auf die Schulter.

"Warum so bedrückt?", fragte sie mich.

"Ach, ich habe an Legolas gedacht, an meine Freunde und meine Familie und an mein Zuhause, dass alles werde ich nie wieder sehen", flüsterte ich traurig und blickte zu Boden.

"Was macht dich da so sicher?", fragte die Frau leicht lächend.

"Vielleicht die Tatsache, dass ich tot bin", sagte ich leicht ironisch. Ich war gerade echt nicht in Stimmung zu spaßen.

"Du bist nicht tot, zumindest nicht ganz", erwiederte die Frau.

"Wie kann man nicht ganz tot sein? Ich bin gestorben und mit mir mein Kind." Tränen stiegen mir in die Augen.

"Du bist wie ich eine Gwâna und auch keine normale Gwâna. Nach mir bist du die einzige, die jeh ihre wahre Liebe gefunden hat und du erwartest ein Kind von ihm. Ein größeres Geschenk kann es nicht geben." Aufmunternd lächelte sie mich an.

"Ich wüsste nicht was mir das jetzt bringen sollte", meinte ich niedergeschlagen.

"Ich werde nie spüren, wie mein Kind in mir aufwächst, wie es groß wird, erwachsen wird und vielleicht selbst einmal Kinder bekommt. Ich werde nie wieder Legolas sehen können, ihn umarmen, küssen oder einfach in seinen Armen einschlafen können. Es ist vorbei!"

KianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt