Kapitel 12

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Am nächsten Tag versuche ich Jay zu meiden wo es nur geht. Doch es erweist sich als sehr schwer jemanden zu meiden wenn dieser Jemand den ganzen Tag neben einem sitzt! Zum Glück bestehen die Lehrer heute nicht auf Partnerarbeit. Ansonsten war der Tag heute nicht besser, als die anderen, denen ich zum Opfer falle. Doch das ist jetzt nicht mein Problem. Leider hat ER den selben Weg von der Schule nach Hause wie ich! Er geht neben mir. Mein Herz hat wieder einen kurzen Aussetzter. Was zur Hölle ist mit mir los? Ich hatte nie irgendwelche Krankheiten! Zumindest keine ernsthaften. Und was war mit dem Sommer, als du 5 Jahre alt warst?, frage ich mich. Na gut, bis auf den. Und alles andere. Ach, vergiss es!, antworte ich mir selbst. "Was soll ich vergessen?", fragt mich Jay belustigt. Hatte ich das etwa laut gesagt? Mein Herz rast, meine Atmung wird schneller, genau wie mein Gang. Ich blicke nach unten. Denk nicht an Jayson! Vergiss das er hier ist!, ermahne ich mich selbst. Hoffentlich merkt er nicht, dass mein Kopf rot anläuft. Doch da Jay größer als ich ist, kann er locker Schritt halten. "Also, was ist wegen Samstag?", fragt er neugierig. Eine Träne landet auf dem Boden. Weint er etwa? Nein, sonst würde er nicht so klingen. Und jemand anderes ist nicht in unserer Nähe. Weine ich etwa? Verdammt! Ich spüre Jaysons Blick auf ruhen. "Was ist los? Und wehe du antwortest mit "es ist nichts" oder so", fragt er besorgt. "Mein Vater hat mir den Kontakt zu dir verboten", flüster ich. Ich habe mich selbst kaum verstanden. Ich setze zur Wiederholung an, doch Jayson fragt:" Warum? Ich habe dir doch nichts getan,oder?"- "Dein Vater zockt uns ab! Wir haben so viel in ihn investiert und er zockt uns ab! Und wenn wir ihn Anklagen nimmt er uns unser ganzes Geld!", schreie ich ihn an. Meine Stimme klingt zittrig, doch das ist mir jetzt egal. Es ist mir egal, dass ich weine. Es ist mir egal, dass ich schwach wirke. Mir ist alles egal. Ich gehe weiter und Jayson lässt mich gehen.                                                                                                                                           ******************************

Ich habe Jayson die ganze Woche nicht mehr gesehen. Doch heute (Samstag) bekomme ich eine merwürdige SMS: Komm um 18 Uhr in euren Hinterhof. Und zieh' dir was hübsches an ;) JL . Mein Vater ist heute abend außer Haus und kommt nicht vor morgen früh zurück. Was soll schon schiefgehen? Ich ziehe eines meiner schönsten Kleider an. Es ist trägerlos, knielang und hellblau. Unter der Brust ist ein schwarzer Gürtel mit einer silbernen Schnalle. Heute morgen habe ich mir geflochtene Zöpfe gemacht. Das ist jetzt schon fast 12 Stunden her. Ich mache sie auf und zum Vorschein kommen meine jetzt wunderbar gelockten, schwarzen Haare. Ein silbernes Band hält sie so zusammen, dass keine Sträne in meinem Gesicht hängt, hinten aber alle Haare offen bleiben. Ich schlüpfe in hellbaue Ballerinas mit silbernen Steinchen. Als ich mich im Spiegel betrachte bemerke ich wie umwerfend ich aussehen kann. Wunderschön, elegant, klein und süß. Damit würde ich mich jetzt beschreiben. Ich schaue auf die Uhr. Kurz vor sechs. Ich ziehe mir einen schwarzen Bolero drüber und nehme mir meine kleine Tasche mit.

Jetzt stehe ich hinter unserem Gebäude und höre ein leises rascheln. Plötzlich steht Jay vor mir. Ich bin geschockt und gleichzeitig glücklich. "Was machst du hier?", zische ich. "Guten Abend, erstmal", lacht Jay und verbeugt sich gespielt. "Nun, ich entführe Sie!", lacht er weiter. Er kommt näher und raunt mir ins Ohr:" Zum schönsten Sommerfest, das Sie je gesehen haben, junge Lady" Dann nimmt er meine Hand und rennt los. Wir kommen im Park an. An den Bäumen hängen Lichterketten und überall wurden Stände aufgebaut, in denen alles mögliche verkauft wird. Er geht mit mir zu einem Stand und kauft mir die erste Zuckerwatte meines Lebens. Danach fahren wir mit dem Riesenrad. Das ist die beste Aussicht die ich  jemals hatte. Anschließend gehen wir umher und sehen uns die Stände an. Als es dann dunkel wird fangen die Lichterketten an den Bäumen an zu Leuchten. Genau wie die Stände. "Wow!", sage ich zu Jay. Er beugt sich zu mir und raunt: "Warte bis du das Feuerwerk siehst."- "Feuerwerk? Aber es ist doch gar nicht Silvester!", sage ich verwirrt. Daraufhin ernte ich von Jayson nur Gelächter. Ich finde das aber ganz und gar nicht witzig! Als Entschuldigung spendiert er mir eine Tüte gebrannte Mandeln. Sie schmecken sehr lecker. Die ersten gebrannten Mandeln meines Lebens. Natürlich habe ich ihm verziehen und teile mit ihm. Nachdem wir sie gegessen haben maule ich:" Jayson, meine Füße tun weh!" Sofort wird mein Körper schwerelos. Ich merke einen Arm in meinen Kniekehlen und einen an meinem Rücken. Jayson trägt mich! Und er trägt mich zu einer Bank am Fluss. Der Mond steht schon oben und lässt das Wasser glitzern. Er setzt mich ab und zieht mir meine Schuhe aus. "Danke", sage ich leise. "Ach was! Ein wahrer Gentleman hilft immer einer Lady in Nöten!", winkt er ab. "Nein, ich meine für den ganzen Abend", lächle ich. Er setzt sich zu mir. "Wie meinen?", fragt jetzt er verwirrt. Ich sehe ihm in die tiefgrünen Augen und lächle. "Das war mein erstes Mal im Park, mein erstes Mal am Fluss", fange ich an. Ich schaue in den Himmel, an dem die Sterne zu sehen sind. "Das erste Mal das ich Zuckerwatte gegessen habe, genauso wie gebrannte Mandeln", lache ich. Jetzt startet das Feuerwerk. Die wunderschönen Flammen sehen aus wie bunte Pusteblumen. "Und mein erstes Feuerwerk, das ich von Nahem miterlebe", flüstere ich. Ich entbehre eine Sekunde um Jay anzusehen und sage:" Danke, für alles." Das Feuerwerk ist vorbei und er steht auf. Schnell schlüpfe ich in meine Ballerinas. Er steht dicht vor mir und sieht mir in die Augen. Ich bin einen guten Kopf kleiner als er und muss meinen Kopf in den Nacken werfen, doch das ist nicht so schlimm. Er beugt sich zu mir runter. Es ist anders als vorhin. Seine Lippen nähern sich meinen. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen. Nur noch etwas näher. Unsere Lippen treffen aufeinander. In genau diesem Moment geht noch letzter Feuerwerkskörper hoch. Aber alles um uns herum verschwindet. Wir küssen uns. Zuerst ganz zart und vorsicht. Doch wir werden immer fordernder und wilder. Doch mit dem letzten Funken der fällt können auch wir unsere Lippen voneinander trennen. Das war mein erster Kuss. Und ich gab ihn Jayson Lorring.

Von Mobbing und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt