Es begann zu regnen, als Marika am Bahnsteig wartete. Sie war die einzige weit und breit. Anscheinend wollte sonst niemand dorthin, wo sie hinwollte.
Während sie auf den Zug wartete, ging sie nochmal alles im Kopf durch.
Ins Dorf fahren
Das alte Haus ihrer Familie auf Vordermann bringen
Arbeit finden
Drei einfache Punkte. Gar nicht so schlimm. Ihre Gedanken und Gefühle spielten verrückt. Sie war einfach nicht der Typ, der sich kopfüber ins Neues stürzte. Obwohl diese Aktion auch nicht gerade eine Planung von Monaten war.
Aber was sollte sie schon tun? In Berlin hielt sie nichts mehr. Also wollte sie ihr Glück in der alten Heimat ihrer Großmutter Wren versuchen. In Niedersachsen. Auch wenn es vier Stunden Zugfahrt entfernt war. Doch den Schlüssel zum alten Haus besaß sie noch.
Sie würde das alte Ding einem ordentlichen Frühjahrsputz unterziehen und es sich dort gemütlich machen. Einen Job würde sie schon finden. Schon als sie als kleines Mädchen dort gewesen war, hatte man in den Läden immer wieder nach Aushilfen gesucht.
Hin und wieder hatte sie sogar mitgeholfen und dafür Süßigkeiten bekommen, aber eher sie alt genug werden konnte, um eigenes Geld zu verdienen, war ihre Oma zu ihr und ihrer Mama nach Berlin gezogen. Seitdem hatte Marika das Dorf nicht mehr gesehen.
Der Zug fuhr mit quietschenden Bremsen in den Bahnhof. Marika hievte ihren Koffer in einen der Wagons und sah sich um. Außer ihr war niemand darin. Na ja, vermutlich wollten auch nicht so viele Leute dorthin, wo sie hinwollte.
Das Dorf hatte ja gerade mal so um die zweihundert Einwohner und war kilometerweit von der nächsten Stadt entfernt. Sie ließ sich auf einen der altmodischen Samtsitze fallen und wartete geduldig, bis der Schaffner kam, um ihre Karte zu kontrollieren.
Als dieser durch ihren Wagon ging, machte er große Augen, als hätte gar nicht erwartet, dass überhaupt jemand darin sitzen würde. Vielleicht war er auch so überrascht, weil es drei Uhr morgens war.
Zu einer anderen Zeit fuhr dieser Zug nicht. Er warf einen kurzen Blick auf ihre Karte, eher er wieder verschwand und Marika müde die Augen schloss.
*****
Als sie wieder halbwegs wach wurde, lag es an den Bremsen, die ohrenbetäubend laut waren. Leicht entnervt strich sie sich über die Augen. Draußen war es noch fast dunkel und nur ein paar wenige erste Sonnenstrahlen waren zu sehen.
Sie packte ihren Koffer und stieg aus. Auf dem Schild über dem Bahnsteig stand in alter Schnörkelschrift Rabensdorf geschrieben. Genauso wie das Schild war auch der Bahnhof alt. Wobei Bahnhof übertrieben war. Es gab zwei Bahnsteige in jeweils eine Richtung.
Sie sah auf ihre Uhr. Es war fast halb acht. Die Möbelpacker wollten um neun beim Haus sein. Also genug Zeit, um sich ein wenig umzusehen. Die Bahnsteig war fünfzehn Minuten Gehzeit vom Dorf entfernt und man erreichte ihn nur über einen wunderschönen, breiten Feldweg, an dessen beiden Seiten sich Gräser und wenige kleine Bäume erhoben.
Marika hatte diesen Anblick all die Jahre über vermisst. Gut gelaunt griff sie nach ihrem Koffer und machte sich auf den Weg. Obwohl die Sonne schien, war es noch etwas kühl. Sie wollte sich ihren Mantel zuknöpfen, als ein Auto die Straße entlang kam und neben ihr hielt.
Eine alte Frau schaute aus dem Fenster. "Grundgütiger! Marika, bist du das?" Marika klappte der Mund auf, als sie die alte Dorfärztin wiedererkannte. "Frau Rosenberg? Ich hab Sie seit Jahren nicht gesehen? Wie geht es Ihnen?"
"Gut wie immer, Schätzchen. Soll ich dich mitnehmen?" Lächelnd gab Marika ihr Gepäck in den Kofferraum und stieg ein. "Was führt dich nach so lange Zeit wieder her, mein Kind?", fragte die Ärztin nach einer Weile.
"Ich schätze ich hab einfach einen Tapetenwechsel gebraucht. Ich ziehe in Omas altes Haus." "Sie würde sich darüber freuen. Und ich freue mich, dass länger bei uns bleibst. Ein paar Leute haben sich gefragt, was aus dir geworden ist. Oft haben wir dich ja nicht zu Gesicht bekommen."
"Tja, meine Mutter musste ja auch unbedingt von heute auf morgen nach Berlin ziehen. Den Grund dafür werde ich wohl nie erfahren." Verwirrt sah sie dabei zu, wie sich Frau Rosenbergs Hände am Lenkrad verkrampften.
"Das hatte alles schon seine Gründe, Schätzchen."
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Der Zauberlehrling (Storyadaption)
FantasyNachdem sie ihren alten Job verliert, ihre Großmutter stirbt und sie aus ihrer Wohnung geschmissen wird, will die 18-jährige Marika in einem kleinen Dorf in den Bergen ein neues Leben beginnen. Nach einigen Rückschlägen findet sie Arbeit bei dem jun...