Vierzehn

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Marika blieb bis halb drei auf, bis sie schließlich das Harmloseste aus allen Büchern fand. Ein Fluch, der einem sieben Minuten lang seine schlimmsten Ängste wie eine Illusion vor Augen hält. Jared wirkte nicht, als ob er viele Ängste hatte.

Zwar waren es nur sieben Minuten, aber es würde ihr trotzdem wehtun, wenn sie ihm das antat. Vielleicht war sie auch gar kein Halbblut und der Fluch wirkte gar nicht. Andererseits gab es dann niemanden, der die anderen Zauberer verfluchen konnte.

Mit gemischten Gefühlen legte sie sich schlafen.

Die Nacht kam ihr so kurz vor, obwohl es schon nach acht war, als ein seltsamer Gestank sie weckte. Es roch metallern. Nach Blut.

Erschrocken schlug sie die Augen auf. Und schrie.

Vor ihrem Bett stand ein gigantischer ... Hund oder Luchs. Jedenfalls kein echtes Tier. Es starrte sie aus schwarzen Augen an. Das gewaltige Maul voller scharfer Zähne, aus denen eine rote Flüssigkeit tropfte.

Wie war das Vieh hier hereingekommen? Was war das überhaupt?

Sie hörte ein Klippern von unten, aber sie sie konnte sich nur auf die Bestie vor ihr konzentrieren, die langsam auf ihr Bett zuging und auf die Matratze, die sich unter dessen Gewicht bog.

Marika brachte nur ein Wimmern zustande, als das Vieh direkt über ihr war und sie von dem Gestank beinahe brechen musste. Sie schloss die Augen in der Erwartung, dass die nächsten Minuten ihre letzten sein würden.

Plötzlich wurde das Gewicht weniger und eine merkwürdig weiche Hand berührte ihre Wange. Sie öffnete zitternd die Augen und starrte dieselben beiden schwarzen Pupillen an. Nur, dass diese Bestie sich in den unheimlichen Zauberer verwandelt hatten.

Sein Gesicht hing so dicht über ihrem, dass seine Nasenspitze fast die ihre berührte. Sie war wie gelähmt und wollte eigentlich schreien, aber sie brachte keinen Ton heraus.

"Hab ich dich erschreckt?", fragte er mit einer Unschuldsmiene. "Dann lass dir das gefälligst eine Lehre sein!" Diesmal konnte sie doch schreien, was ihn zum Lachen brachte.

Plötzlich stand eine bekannte Gestalt im Türrahmen. "Jared.", flüsterte sie erleichtert. In seiner Hand erschien eine Art Schwert oder Degen. "Geh sofort weg von ihr!", knurrte er. Der Zauberer grinste nur eher Jared ihn erwischte, stand er innerhalb eines Wimpernschlags in der anderen Ecke des Raums.

"Gib es auf. Denkst du, wir lassen das letzte Halbblut leben?", sagte er gönnerhaft und im nächsten Augenblick war er verschwunden. Jared ließ wortlos die Waffe verschwinden und schloss Marika fest in die Arme.

Sie war viel zu benommen, um zu weinen. Oder etwas zu sagen. Nur langsam vertrieb Jareds Wärme die Kälte der Angst. Er strich ihr tröstend übers Haar.

"Es tut mir so leid, Marika. Zum Glück wollten wir gerade nach dir sehen." "Wir?" Erst da bemerkte sie Chalid und Saphira, die langsam das Zimmer betraten. Saphira schwirrte sofort zu ihr und schmiegte sich an ihre Wange.

"Alles in Ordnung?", fragte sie mit brüchiger Stimme.

"Ja, danke, alle okay.", log sie.

*****

Gedankenverloren stopfte Marika einige ihrer Klamotten in ihre Sporttasche. Sie waren sich alle einig gewesen, dass es sicherer wäre, wenn sie ein paar Tage in der Apotheke bleiben würde.

Wie konnte ihr Leben nur so aus den Fugen geraten?

Sie spürte eine Hand an ihrer Taille. "Soll ich dir helfen?" Jared sah sie besorgt an. "Nein, danke es geht schon. Ich hab übrigens einen Fluch gefunden. Sieben Minuten, in denen man mit seinen schlimmsten Ängsten konfrontiert wird."

Er schluckte kurz, schien aber gefasst. "Ist gut." "Jared, ich fühl mich immer noch nicht wohl dabei, dir das anzutun." Er zog sie sanft näher zu sich. "Es geht nicht anders. Es wird alles gut, versprochen." 

In der Apotheke schob sie ihre Tasche unter das Bett auf der Dachkammer und ging wieder nach unten. Alle warteten im Hinterzimmer. Jared hielt eine Kette in der Hand. Sie bestand aus einem langen, dunklen Lederband an dessen Ende drei bunte Perlen und eine braune Feder hingen. 

"Ein guter Talisman, der deinen Körper bei der Verarbeitung der Magie helfen soll. Du hast noch nie einen Fluch benutzt und es sollte auch nicht gefährlich sein. Es ist nur für alle Fälle." "Danke, er ist wirklich schön." Sie ließ zu, dass Jared ihn ihr um den Hals hängte und atmete dann tief durch.

"Okay, ich bin bereit."

Der Zauberlehrling (Storyadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt