Elf

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Kaum hatte sie die Haustür hinter sich verschlossen, sank Marika auf den Boden. Sie konnte an nichts anderes denken, als an einen Satz: Das darf doch alles nicht wahr sein!

Magie, Drachen? Das war doch kein Fantasybuch! Noch mehr Tränen liefen ihr übers Gesicht. Aber so passte zumindest alles zusammen.

Der überstürzte Umzug nach Berlin, warum sie nie mit anderen Kindern spielen durfte, das Geschenk, das sie krank gemacht hatte, die seltsamen Dinge in der Apotheke und Jareds Wunde.

Alles fügte sich zu einem sonderbaren Puzzle zusammen. Und ob sie wollte oder nicht, sie war ein Teil davon...

*****

Marika verlor langsam ihr Zeitgefühl. Seit sie sich bis hoch in ihr Bett geschleppt hatte, waren vielleicht Minuten, vielleicht auch Stunden vergangen.

Erst als sie die Sonne aufgehen sah, schleppte sie sich doch ins Badezimmer und duschte sich ausgiebig, als könnte sie die bösen Erinnerungen ebenfalls den Abfluss runterspülen.

Sie dachte lange nach und war sich irgendwann sicher, dass es das Beste wäre, wenn sie sich auf das Ganze einfach einlassen würde. Zurück nach Berlin wollte sie nicht. Unter keinen Umständen.

Sie zog sich an und riss die Haustür förmlich auf. Dabei erschreckte sie Frau Rosenberg, die die Hand bereits zum Klopfen erhoben hatte. "Oh, hallo Marika." "Guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?" Sie hielt eine Kuchenform hoch.

"Eine kleine Entschädigung, weil wir ... ich letztens einfach geflüchtet bin." "Das ist doch kein Problem. Ähm ... Wollen Sie einen Kaffee?" "Gerne."

Als Marika die dampfende Tasse vor sich stehen hatte und Frau Rosenberg sich in Schweigen hüllte, war ihr das so unangenehm wie nie zuvor. Sie wollte fragen, ob sie etwas darüber wusste.

"Frau Rosenberg... in letzter Zeit sind eine Menge verrückter Sachen passiert. Und Jared sagte... er sagte ... das liegt, dass manche Leute hier ... Zauberer sind."

Die Ärztin nippte seelenruhig an ihrer Tasse. "Sind sie auch.", antwortete sie gelassen, als wäre es das Normalste der Welt. Marika klappte der Mund auf. 

"Sie ... Sie auch?" Plötzlich begann Frau Rosenberg zu zittern. "Nein, mein Kind. Ich nicht. Max genauso wenig." 

"Haben Sie Angst?", fragte Marika geradeheraus. "Ja.", antwortete sie und Marika spürte, dass sie die Wahrheit sagte. "Große Angst sogar. Die Zauberer sind zu einer Plage geworden. Wie Könige nehmen sie sich einfach was sie wollen. Warum denkst du, wurde Jared angegriffen? Er ist der Einzige, der sich weigert, so wie sie zu sein."

"Kann man denn nichts dagegen tun?" Die Ärztin sah sie mit einem feindseligen Ausdruck an. "Gerade du solltest dich eher um deine Angelegenheiten kümmern!" Abrupt stand sie auf und verschüttete dabei sogar etwas Kaffee.

Sie stürmte ohne ein Wort der Entschuldigung oder Erklärung nach draußen und Marika konnte ihr nur verdutzt hinterherstarren.

*****

Nachdem sie aufgewischt hatte, ging Marika zur Apotheke. Als sie den Verkaufsraum betrat, lehnte der Besen an dem Tresen und Chalid saß darauf. "Sieh mal einer an.", stichelte der kleine Drache. "Die Prinzessin hat ihr Schloss verlassen. Doch keine Angst vor Drachen?" 

Marika verzog den Mund. "Du bist mir ehrlich gesagt immer noch unheimlich, aber du bist echt und daher würde ich mich freuen, wenn wir irgendwie miteinander auskommen könnten." Chalid leckte sich mit seiner schwarzen Zunge über die langen, blanken Zähne. 

"Von mir aus. Aber kreisch mir ja nicht mehr die Ohren voll, wenn du Saphira siehst." "Wer ist Saphira?" Er gab ihr keine Antwort, sondern erhob sich, breitete die Flügel aus, welche offen viel größer wirkten, und flog zur Tür ins Hinterzimmer. 

Er setzte sich auf die Klinke, welche daraufhin nach unten ging und flatterte ins Zimmer. Marika folgte ihm. Es gab dort auch eine kleine Küche, um die Medizin zuzubereiten. Jared stand am Herd. 

Ein Topf köchelte darauf und daneben, auf der Arbeitsplatte, ruhte ein kleines Wesen auf einem Salzstreuer. Marika betrachtete es genauer. Es war nicht größer als ein Zeigefinger, hatte einen schmalen Körper, Haut weiß wie Porzellan, ein langes, grünes Kleid und leuchtend blaue Haare. Über den Schultern ragten zwei Flügelchen hervor.

"Eine Fee!?", brachte sie sprachlos hervor. Jared schien sie genau wie die Fee erst jetzt zu bemerken. Beide drehten sich zu ihr um. "Ist sie das?", fragte die Fee. Chalid ließ sich neben ihr nieder. "Ja." Die Fee erhob sich und kam so schnell zu ihr herüber geflogen, dass sie es kaum erkennen konnte. 

Vor ihrer Nase hielt sie sich in der Luft und betrachtete sie genau. "Hallo. Sei mir nicht böse, aber ich hab mir dich irgendwie anders vorgestellt. Irgendwie ... hübscher." Marika wollte beleidigt sein, aber nach nicht mal einer Woche in ihrer alten Heimat stand sie mit einer Fee, einem Drachen, einem lebendigen Besen und einem Zauberer in der Küche.

Langweilig war es also nicht.

Nur langsam fand sie ihre Fassung wieder. Sie sah zu Jared, der ausdruckslos in der Ecke stand. Chalid gähnte gelangweilt. "Denk dir nichts dabei. Feen sind für eure Verhältnisse übermenschlich schön und daher auch übermenschlich eingebildet." 

Wütend drehte sich Saphira um. "Du kleiner Feuerspucker halt mal lieber deine Klappe. Immerhin sieht man dir die 839 Jahre an." Fassungslos starrte Marika zu Chalid. Der kleine Kerl war fast 1000 Jahre alt?

"Okay, das reicht.", unterbrach Jared die beiden. "Die letzten zwei Tage waren viel für Marika. Komm", wandte er sich an sie. "wir gehen Kräuter sammeln. Das entspannt." Immer noch überrascht folgte sie ihm. 


Der Zauberlehrling (Storyadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt