Fünfzehn

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Jared setzte sich auf den Stuhl direkt ihr gegenüber. Ihre Hände zitterten, als sie nach dem Buch griff und die markierte Stelle aufschlug. "Entspann dich, Marika. Sonst funktioniert es nicht."

Chalid legte gemütlich den Kopf nieder. "Bis die mal locker wird, feiere ich meinen 1000er." Der Besen klopfte ihn auf den Kopf. "Hey!" "Er hat schon Recht!", mischte Saphira sich ein. "Zeig mal ein bisschen Feingefühl, sofern du überhaupt weißt, was dieses Wort bedeutet!"

Marika musste lächeln. Sie hatte diese Wesen wirklich lieb gewonnen. "Na gut." Sie las die Zeilen ganz genau. "Twzelo Zorequas Lobunac Aomep Waonr Huxileay!"

Jared starrte die Wand ihr gegenüber an. "Es hat nicht funktioniert. Hab ich es falsch ausgesprochen?" Jared schüttelte den Kopf. "Es hat funktioniert, Marika." "Aber da ist nichts."

"Das liegt daran, dass nur ich es sehen kann." "Was sehen?" Anstatt ihre Frage zu beantworten, wurde er leichenblass. "Nein!", schrie er, als hätte er einen Albtraum.

"Die ersten 30 Sekunden hat er geschafft.", informierte Saphira sie. Marika hörte in ihrer Stimme dieselbe Bedrücktheit, die auch sie verspürte. Kaum eine Minute war vergangen, da sprang Jared von seinem Stuhl auf und schien nach etwas oder jemandem greifen zu wollen.

Immer wieder schrie er Dinge wie "NEIN", "NICHT" oder "TU DAS NICHT". Marika rannte eine Träne über die Wange, als er zusammenbrach und "Bitte tut ihnen nichts!" schrie. "Können wir ihm gar nicht helfen!? Jetzt wissen wir doch, dass ich jemanden verfluchen kann!", rief sie und drehte sich zu Saphira um.

Diese schüttelte stumm den Kopf. "Einen ausgesprochenen Fluch kann man nicht zurücknehmen.", murmelte Chalid und sie erkannte, dass auch er darunter litt, Jared so zu sehen. Der Besen lag unter dem Tisch, als könnte er den Anblick nicht ertragen.

Marika hätte es ihm am liebsten nachgetan. Besonders schlimm wurde es, als er zu einem der Küchenmesser griff. "Verschwinde!", brüllte er. "Nur noch eine Minute!", rief Saphira nach einer gefühlten Ewigkeit. Tatsächlich ließ er das Messer fallen und fiel in sich zusammen.

Marika half ihm hoch. Er war noch immer blass, schweißüberströmt und zitterte, als säße ihm der Schock noch in den Knochen. "Jared..."

Langsam drehte er sich zu ihr und nahm ihr Gesicht in beide Hände, als könnte er nicht glauben, dass sie vor ihm stand. "Aller Magie sei Dank!", sagte er leise und küsste sie verzweifelt, als würde er sie nie wieder sehen. 

"Jared ... Was hast du gesehen?" Sie wollte eigentlich nicht fragen, aber vielleicht ging es ihm dann besser. Er setzte sich langsam wieder. "Ich hab jeden Mord, den ich mitansehen hab müssen, wieder gesehen. Und
... mögliche weitere Morde.", erklärte er kurz.

Diesmal zog Marika ihn tröstend an sich. "Musstest du wirklich mitansehen, wie jemand, der dir wichtig ist, stirbt?" Er nickte langsam. "Mehrmals." Sie drückte ihn noch fester und bemühte sich, nicht zu weinen.

"Willst du es erzählen?" Er löste sich von ihr und schaute ihr in die Augen, während er gedankenverloren mit seinem Daumen über ihre Handfläche fuhr. "Vielleicht. Irgendwann einmal."

*****

Marika machte Tee, aber ihre Bewegungen glichen eher dem eines Roboters. Jared hatte sich auf das Sofa im Hinterzimmer gelegt, um sich auszuruhen. Saphira kam angeschwebt und ließ sich am Henkel einer Tasse nieder.

"Wie geht es ihm?", fragte sie. Die Fee sah aus dem Fenster, wo Regentropfen laut gegen die Scheibe schlugen. "Er erholt sich. Es hat ihn einfach ziemlich mitgenommen. Und ich glaube, er hat unseren Tod vorausgesehen. Kannst du dich an sein Gesicht erinnern, als die Illusionen verschwunden waren? Als hätte man ihm weismachen wollen, dass wir auch..."

Sie brach ab und eine winzige Träne an ihrer Wange fing glitzernd das Deckenlicht ein. "Uns passiert schon nichts.", versprach Marika. "Ich verfluche sie einfach und dann wird alles wieder gut."

Hinter sich hörte sie ein aufgeregtes Klopfen. Verwirrt drehte sie sich zu dem Besen um, der sich kaum zu beruhigen schien. "Was ist denn los?", fragte Saphira.

Er klopfte gegen den Tresen, wo all die Bücher verstreut lagen. Ein schmales fegte er auf den Boden. Marika hob es auf und betrachtete es. "Das Buch über Halbblüter?"

Der Besen klopfte wieder. Sie blättere sich durch die wenigen Seiten, bis sie am Ende angelangt war. "Was willst du uns damit sagen?" Plötzlich holte Saphira neben ihr scharf Luft. "Marika sieh dir mal die letzte Seite hinten an." Sie drehte das Papier um und da stand ganz klein etwas in dieser seltsamen Sprache geschrieben.

Tripo Asog boqu dawx Kisyo

"Was bedeutet das?" Saphira schlug sich die winzige Hand vor den Mund.

"Jeder Fluch hat seinen Preis."


Der Zauberlehrling (Storyadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt