Can you keep a secret?

Kapitel 2 Teil 1

Es ist schon längst Nachmittag, als ich endlich aufwache. Diese Nacht hatte ich einen unruhigen Schlaf, obwohl ich damit noch nie Probleme hatte. Ich bin ungefähr fünf Mal aufgewacht und konnte danach nicht mehr einschlafen. Es war eine schreckliche Nacht. Aber wie sollte es auch anders sein, nachdem man einen Mord miterlebt hat. Ich hatte sogar Angst von meiner Fensterbank aufzustehen und habe mir ständig Personen eingebildet, die irgendwo in meinem Zimmer stehen und mich beobachten. Deshalb habe ich auch auf meiner Fensterbank geschlafen. Einmal habe ich sogar gedacht jemand würde direkt neben mir stehen, aber das ist unmöglich. Wie sollte die Person denn hier hinein kommen? Letztendlich öffne ich meine Augen und blicke auf die Straße, die heute unnatürlich ruhig ist. Auch für einen Sonntag ist die Straße einfach zu ruhig, es ist schon fast unheimlich, doch auf eine merkwürdige Art auch beruhigend. Ich strecke mich und drehe mich herum, um aufzustehen. Ein merkwürdiges Gefühl breitet sich in meinem Brustkorb aus. Woher es kommt und warum es da ist? Weiß ich nicht.

Nun stehe ich verschlafen vor meiner Tür und drücke den Türgriff hinunter und drücke sie auf. Zu Beginn realisiere ich es gar nicht, doch als ich den Flur betrete, fällt es mir wieder ein. Gestern habe ich meine Tür abgeschlossen, da bin ich mir zu einhundert Prozent sicher. Schnell renne ich zurück in mein Zimmer, zuerst bemerke ich keine Veränderung und ich bin erleichtert, anscheinend habe ich gestern doch nicht abgeschlossen. Gerade möchte ich mein Zimmer verlassen, um ins Badezimmer zu gehen, da fällt es mir auf. Dick und fett mit meinem roten Lippenstift steht an meinem Spiegel, eine Nachricht.

I only want to remember. Keep the secret and you stay alive, but if you tell it you're dead.

Ich möchte schreien, aber es kommt kein Ton. Es ist wahrscheinlich auch besser so, sonst würde meine Mutter noch die Polizei rufen und das darf auf gar keinen Fall passieren. Voller Panik suche ich nach meinem Handy, dann sehe ich auch schon die Nachrichten von Cara und Sarah. Sie haben beide dieselben Nachrichten bekommen und Kayden wahrscheinlich auch, denn anders ist seine Frage nicht zu erklären.

Bei dir alles okay? Oder hast du gar keine Nachricht bekommen?

Natürlich antworte ich sofort und mache schnell ein Foto vom Spiegel. Danach suche ich Abschminktücher, um mit ihnen den Spiegel zu reinigen. Als ich damit fertig bin gehe ich endlich ins Bad. Langsam bekomme ich ein mulmiges Gefühl. Es war jemand in meinem Zimmer und es war nicht nur irgendjemand, sondern der Mörder von William Lane, der wahrscheinlich auch später mein Mörder sein wird.

Nur wenige Minuten später klingelt es an der Tür, währenddessen befinde ich mich gerade im Bad und putze meine Zähne. Dann steht auch schon Cara im Türrahmen des Badezimmers.

"Beeile dich ein bisschen", mit den Worten wendet sie sich von mir ab.

Als ich dann wenig später mein Schlafzimmer betrete, sitzt sie auf meinem Bett, direkt neben Kayden Ross.

Was zur Hölle macht er hier?

Und wie sehe ich eigentlich aus?

Wahrscheinlich nicht sehr hübsch, aber ich probiere die zwei nicht zu beachten. Eigentlich sollte ich mir im Moment keine Gedanken darüber machen wie ich aussehe. Immerhin wurden wir alle gestern Abend Zeuge am wahrscheinlich schlimmsten Ereignis in der Geschichte Cambridge Springs. Trotzdem mache ich mir über mein Aussehen Gedanken, obwohl wahrscheinlich keiner der Beiden darauf achtet. Irgendwie fühle ich mich dennoch beobachtet, als ich eine Jeans und ein Top aus meinem Schrank hole. Weil ich nicht unbedingt scharf drauf bin mich vor Kayden umzuziehen, gehe ich zurück ins Badezimmer. Dort realisiere ich erst, was hier gerade passiert. Kayden Ross, der heißeste Junge der Schule, sitzt gerade auf meinem Bett, neben Cara Havering, der größten Streberin der Schule. Wenn mir gestern jemand davon erzählt hätte, hätte ich ihn wahrscheinlich für verrückt erklärt, aber heute ist es gar nicht mehr so abwegig.