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"Also Sam, willst du uns nicht noch einmal erzählen, wie du deiner Familie den Rücken zugekehrt hast?", fragte Steve, einer der Lost boys.

"Ich glaube, dass alle genug von dieser Geschichte haben", lachte ich und trank aus meinem Glas, welches mit etwas leicht alkoholischem gefüllt war. "Außerdem, das alles ist doch erst vielleicht ein halbes Jahr her!".

"Ja eben, so lange die Ereignisse noch frisch sind, solltest du sie so oft es geht teilen, oder seh ich das falsch, meine Liebe?", fragte er und lehnte sich vor, stützte eine Hand auf sein Knie und grinste mich schief an.

"Erstens, ich bin nicht deine Liebe und zweitens, werde ich nicht noch einmal von meiner Familie reden", lächelte ich ihn provokativ an.

Die Jungs um uns herum fingen an zu lachen und sein Grinsen verflog, doch eines landete auf meinen Lippen.

"Worüber lacht ihr denn so?", fragte eine bekannte Stimme hinter mir und ich lächelte.

"Ich hab ihnen nur erzählt, wie du Nachts immer redest, wenn du schläfst", grinste ich ins Feuer und die Jungen um mich wurden still.

"Ist das so?", fragte Peter weiter nach und ich hörte seine Füße über den Waldboden schreiten.

"Glaubst du mir etwa nicht?", fragte ich und hob meine Augenbraue, noch immer ohne ihn anzusehen.

"Ich habe keinen Grund dir zu glauben, da du dir immer gerne Geschichten aus denkst", sprach Peter weiter und blieb stehen.

Ich verdrehte meine Augen leicht und stand auf, um mich zu ihm zu drehen.

"Ach Pan, manche Geschichten sind aber leider wahr", sagte ich und schritt über den Baumstamm, auf dem ich gesessen hatte, grinste ihn an und legte meinen Kopf schief.

"Sam, es hat keinen Sinn", lachte einer der Jungs.

"Hör auf meine Jungen, sie kennen mich länger als du", sagte Pan leise, so das nur ich ihn vermutlich hören konnte. Gespielt genervt verdrehte ich meine Augen erneut.

"Wenn sie dich besser kennen, dann solltest du vielleicht mit einem von ihnen zusammen sein und nicht mit mir. Ich kenn' dich ja anscheinend nicht", grinste ich und redete in der selben Tonlage wie er. Nun war er derjenige, der seine Augen verdrehte und meinen Arm nahm.

"Komm' mit mir", sagte er knapp und zog mich schon weg von den anderen.

"Was hast du jetzt schon wieder vor?", fragte ich und schaute ihn von der Seite an. Pan sagte nichts. Er zog mich einfach weiter, tiefer in den Wald. Die Pflanzen wuchsen immer dichter zusammen und ich war mir sicher, ich war noch nie auf diesem Teil der Insel gewesen. 

"Peter, woh-", ich konnte meine Frage nicht ausformulieren, da er mir eine Hand vor den Mund legte und mich an den Rand des Walds schubste. In dem schwachen Licht des Mondes konnte ich erst nicht sehen, was Pan mir zeigen wollte. 

Als ich mich zu ihm umdrehte und ihn fragend ansah, hockte er sich hin und zeigte auf das Wasser. Ich tat es ihm gleich und schaute hinaus. 

Auf der anderen Seite, am Ufer, waren kleine Lichtpunkte zusehen, es schien mir als wären Fackeln, da ihr Feuer wild umhertanzte. Ich konnte ein Schiff sehen, von dem mehrere Leute herabstiegen. 

"Piraten?", fragte ich und schaute Pan wieder an. Er nickte.

"Ich habe sie den ganzen Tag beobachtet. Sie sind wie aus dem nichts aufgetaucht", erzählte er mir ohne mich anzusehen. 

"Scheint als würden die Märchen doch wahr werden", schmunzelte ich und schaute wieder zu dem Schiff. Pan drehte seinen Kopf fragend zu mir und ich kicherte. "Es gibt Märchen über dich. Piraten, die Peter Pan jagen, weil ihr Captain nicht verstanden hat, wieso er fliegen kann und für immer jung bleibt, während er älter wird und den Ernst des Lebens kennen lernt. Ihm wurde eine Hand abgebissen, bei einem seiner Tricks und seitdem hegt er Hass auf ihn. Er bringt dann ein Mädchen nach Neverland und am Ende musste er sie aufgeben, weil sie bei ihrer Familie bleiben will. Ihre Liebe für ihn verschwand aber nie. Er sagte ihr, sie solle ihn nie vergessen, auch wenn sie ihn verließ", ich machte eine kurze Pause und lehnte mich gegen einen Baum hinter mir, "Sie verließ ihn, vergas ihn aber vergaß ihn nie, sie erzählte ihren Kindern von ihm".

Pan lächelte, schaute aber wieder auf das Meer. "Was ein schönes Märchen", sagte er abwesend. 

"Was ist, wenn das Märchen Realität wird?", dachte ich laut und Pan drehte seinen Kopf schnell zu mir.

"Niemand kann Neverland verlassen ohne mein Einverständnis. Ich lasse dich nicht gehen!", sagte er Ernst und es erinnerte mich an den Tag, an dem er mit Emma gesprochen und mich verschleppt hatte. 

"Sehr charmant von dir", lächelte ich und schaute ein letztes Mal zum Schiff der Piraten. Pan antwortete mir nicht mehr und man vernahm nur noch das Rascheln der Blätter und Gespräche aus der Ferne. Das Feuer spiegelte sich im Wasser. Sie trugen Kisten aufs Land und entfachten ein Lagerfeuer. Man hörte Gelächter und Jubelschreie, sie tanzten wie die Lost boys ums Feuer.

"Dein Bruder würde dich verletzten", meldete sich Pan nach langer Zeit wieder zu Wort. Ich sagte nichts. Mein Bruder war wütend, weil ich mich für Pan entschieden hatte und nicht für ihn, trotzdem würde er mir nie weh tun. Wenn doch, dann könnte ich es nicht glauben. 

Unter Pans Schuhen raschelten die Blätter, als er aufstand und auf mich herab sah. Ein kühler Windstoß ließ mich erschaudern und ich zog meine Beine an mich. 

"Sam, komm schon", drängte Pan und streckte seine Hand aus. Ich bewegte mich nicht. "Sei nicht lächerlich, komm jetzt". Ich schüttelte meinen Kopf, schaute ihn noch immer nicht an. 

Er würde mir nie wehtun.

Pans Hand ballte sich zu einer Faust, doch lockerte sich wieder nach einem seufzen. Er ließ sich neben mir nieder und starrte mich an. Ich spürte seinen Blick auf meiner Seite und es machte mich nervös. 

"Was meinst du wollen sie hier?", fragte ich leise und ich schaute endlich zu ihm. Sein Gesicht hatte harte Züge angekommen. 

Er kniete sich hin, um näher bei mir zu sein und nahm mein Kinn und zwang mich ihn anzusehen. "Was immer es ist, ich werde die Jungen beschützen und vor allem dich", sagte er und lehnte sich etwas nach vorne. Nur noch Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Seine Lippen so verführend nah. Ich blieb ruhig, aber meine Herzschlag erhöhte sich.

"Mache ich dich wirklich noch immer so nervös?", grinste er und ein grüner Funke blitzte in seinen Augen auf. Ich legte eine Hand auf seine Brust und stieß ihn nach hinten. Als er lachend auf dem Boden ankam stand ich grinsend auf und stellte mich neben ihn.

"Vielleicht machst du mich noch nervös. Sollte dich das nicht freuen?", fragte ich. Er schnellte hoch und drückte mich gegen einen Baum, der Aufprall brachte mich zum keuchen und überrascht schaute ich in das grüne Feuerwerk, was sich in Pans Augen abspielte.

"Vielleicht hast du es noch nicht bemerkt, aber ich freu mich immer dich zusehen", wisperte er und zwinkerte mir zu.

Loving a Psycho || The boy who had to believeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt