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"Oh, wie ich sehe haben wir hier eine widerspenstige Lady!", rief der Mann in schwarz aus und drehte sich lachend wieder zum Käfig, also zu mir. Der Mann stieß ein letztes lachen aus und seine Miene wurde ernst, zeigte auf mich, "Holt sie raus!". Ich drückte mich in die hinterste Ecke und schaute den Mann unbeeindruckt an, der versuchte nach meinen Füßen zu greifen. Als seine Hand um meinen Fuß war holte ich aus und trat ihm gegen die Stirn. 

"Ich würde es bevorzugen noch eine Weile hier zu sitzen", meinte ich nüchtern und schaute die Männer auch so an.

"Es ist mir egal, was du bevorzugst!", der Captain schlug auf seinen Tisch und kam wieder auf den Käfig zu.

"Tja, wenn ihr mich hier raus bekommen wollt, dann hättet ihr mich erst gar nicht hier rein stecken sollen", grinste ich provokant. Die Minimale Angst, was mir zugefügt werden könnte, verblasste durch Adrenalin, welches durch mein Körper strömte. "Welchen Grund gab es überhaupt mich einzusperren?".

Der Captain machte eine Handbewegung und der andere Mann verschwand, was uns zwei alleine ließ. Er hockte sich vor die offene Tür und schaute mich mich zornigen Augen an. "Wir kennen dich nicht, es gibt also keinen Grund dir zu vertrauen, kleines Fräulein!"

"Aber wieso habt ihr mich dann mitgenommen? Ich habe auf einem Baum geschlafen", meinte ich verwirrt und der Mann verdrehte seine Augen.

"Meine Männer haben dich angeschleppt, deswegen bist du hier! Ich konnte doch keine Lady bei diesen Wilden lassen", meinte Captain dann zähneknirschend.

"Wer sagt, dass ich nicht zu den Wilden gehöre?", fragte ich mit einem grinsen, welches ich mir bei den Lost Boys abgeschaut hatte. Der Blick vom Captain wanderte meinen Körper ab, was mich etwas unwohl fühlen ließ.

"Dazu wärst du nicht in der Lage", meinte er kurz gebunden und seufzte, "Außerdem haben wir auf der Insel, wenn überhaupt nur Jungen gefunden".

"Tja, zu traurig, dass sie mich nicht kennen", seufzte ich und lehnte mich wieder gegen die Käfig-Wand. Ich wusste er würde mir nichts antun, jedenfalls noch nicht. Ich könnte ihm vielleicht helfen auf der Suche nach was auch immer sie hier suchten.

Er schüttelte seinen Kopf, stand auf und knallte die Käfigtür zu. Kurz zuckte ich zusammen, ließ mich dennoch entspannt die Beine ausstrecken. Natürlich hatte ich irgendwo Angst, aber es würde eh niemanden interessieren, was mit mir passieren würde, auf einem verdammten Piratenschiff. Pan hat mich aufgegeben und ich mich doch auch schon vor Jahren. Ich will niemandem mehr etwas vor machen.

Ich beobachtete wie sich der Captain an seinen Tisch setzte und irgendetwas schrieb, dabei schaute er hin und wieder aus dem Augenwinkel zu mir. Um meine Sicherheit musste ich mir hier jedenfalls keine Sorgen machen, von diesem Schiff würde ich nie ohne Waffen kommen. 

Waffen! 

Ich packte mir ans Bein und ließ meine Hand runter zu meinem Schuh gleiten, eigentlich sollte dort ein Dolch sein. Aha! Ich spürte den Griff und ließ mich zufrieden zurück sinken. Noch ist nicht die richtige Zeit, um einen Ausbruch zu planen. Vielleicht komme ich ja auch von dieser Insel runter. Vielleicht geh ich auch einfach zu den Meerjungfrauen und ertrinke, mal sehen, wie sich die Dinge so entwickeln. 

Schnelle Schritte kamen von außerhalb auf den Raum zu. Die Tür schwang mit Schwung auf und knallte gegen die Holzwand. "Sir, wir haben etwas gesichtet, Süd-westlich von hier war ein heller Strahl und ein Schatten in der Luft", rief ein Mann aufgebracht und der Captain schoss aus seinem Stuhl und lief nach draußen, ohne mich auch noch eines Wortes oder Blickes zu würdigen. 

Na ja, mir soll es recht sein. Besser als diesen Standardspruch 'Bleib wo du bist' oder 'Rühr dich nicht vom Fleck' zu hören. Kein normal sterblicher würde es einfach so hieraus schaffen. Ich schaute mich im Raum um, auf der Suche nach einem anderen Ausgang oder wenigstens etwas wodurch ich hin durch könnte. Zwar würde ich noch nicht fliehen, aber ich muss mir wenigstens Gedanken machen.

Ich wusste, dass es Pan sein musste, über den der Mann geredet hatte, er ist der Einzige, der fliegen kann. Er ist der einzige, der wirklich frei sein kann. Darum beneide ich ihn. Ich bin zwar frei, aber irgendwie auch nicht.

Seufzend ließ ich meinen Kopf gegen die Wand fallen, was ein dumpfes Geräusch von sich gab und ich schaute etwas hoch. An der Decke konnte ich ein großes Fenster sehen, welches den Raum erhellte und sogar etwas geöffnet war, wodurch das plätschern von Wasser und geswitscher der Vögel drang leise durch. Aber am lautesten waren die Stimmen, die sich auf dem Deck tummelten. Ich schätzte, dass es fünf Leute sein mussten, aber an dem Tag, an dem Pan mir sie gezeigt hatte, waren es sicherlich mehr gewesen.

Was sollte ich machen? Ich war überfordert, verloren und alleine. 

Ich schloss meine Augen, viel konnte ich eh nicht machen, außer versuchen auszubrechen. Aber worin lag der Sinn? Wo sollte ich hin? Mein Stolz war einfach zu groß, um einfach wieder zum Lager zu gehen. Es wäre wohl besser erst einmal hierzubleiben. 

Langsam driftete ich ab, aber ich schlief nicht tief, konnte immer noch hören was um mich passierte. 

~*~*~*~

Schwere Schritte kamen auf den Raum zu und ich öffnete meine Augen einen Spalt, um zusehen, wer den Raum betrat. Es war der Captain, aber er sah fertig aus, als hätte er kämpfen müssen oder er war viel gerannt. Beides war auf dieser Insel nicht undenkbar. 

"Wer bist du?", fragte der Mann und drehte mir dem Rücken zu, während er aus einem der kleinen Fenster schaute. Ich grinste und ließ meine Augen geschlossen.

"Wieso wollen Sie das wissen?", stellte ich die Gegenfrage und erntete Stille, die für eine Weile anhielt. Hatten sie Pan erwischt und er hat etwas über mich gesagt? Wäre ja gut für ihn, würde er mich schneller los werden. 

Warum bin ich mir überhaupt so sicher, dass Pan mich los werden will? 

"Ich frage dich noch einmal . . . Wer bist du?", noch immer blieben meine Augen geschlossen, aber die Schritte, die auf den Käfig zukamen, konnte ich klar und deutlich hören, auch als seine Hände auf die Stäbe prallten, konnte ich die leichte Erschütterung in meinem Rücken spüren. 

Ich öffnete meine Augen, schaute direkt in die seine.

"Euer größter Albtraum".

Loving a Psycho || The boy who had to believeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt