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P.o.V. Peter Pan

"Bitte zeig doch etwas Gnade, Knabe", flehte der Captain und ich zog meine Augenbrauen hoch.

"Wisst ihr denn nicht wer ich bin?", fragte ich gehässig und der Captain schien verwirrt. "Ihr seid auf Neverland und ihr kennt mich nicht?".  Ich leckte mir über die Lippen und hob die Zweige des Dreamshades in die Luft. 

"Wir kannten den König von Neverland nicht", presste der Captain hervor und sah schon verzweifelt in meine Augen. Seine gute Laune war vergangen und das war mir recht. 

"Neverland hat keinen König, keine Regeln, nur mich. Nur Peter Pan", zischte ich mit einem teuflischen Lächeln und  griff nach einen Arm des Mannes. "Und damit du mich nicht vergisst, -", ich ließ die Dornen über seinen Arm fahren, nur ganz leicht, "- will ich dir ein andenken an mich geben".

Ich ließ die Dornen in seine Haut dringen und ritzte ihm meinen Namen Buchstabe für Buchstabe, quälend langsam in den Arm. Er wimmerte und seine Augen füllten sich mit Tränen. Seine Männer rüttelten an den Käfigen, doch für sie gab es kein Entkommen. 

"Dreamshade breitet sich ganz langsam im Körper aus, frisst sich durch jede einzelne Zelle des Körpers, breitet sich im Blut aus und schon nach ein paar Tagen ist man tot", erklärte ich und schaute fasziniert auf seinen blutenden Arm. Seine Adern, um meinen Namen, verfärbten sich schwarz oder ein dunkles blau. "Du kannst froh sein, wenn du tot bist, bevor ich zurück komme, ansonsten wirst du noch mehr leiden als jetzt", drohte ich ihm und er schloss die Augen. Er wollte stark sein, das sah man ihm an, doch er versagte kläglich. 

Mit einem Lächeln drehte ich mich weg von ihm und zu den Käfigen, die in der Luft hingen, die Männer guckten durch die Stäbe hindurch nach unten, verfolgten jeden meiner Schritte mit furcht in ihren Augen. 

"Ihr müsst euch auch keine Sorgen machen, ihr werdet nicht zu kurz kommen", lächelte ich und ließ die Zweige auf den Boden fallen, bevor ich in die Hände klatschte und mich von der kleinen Lichtung entfernte, immer weiter in den Wald hinein. 

Das Gift der Pflanze würde sich durch seinen Körper arbeiten und ich müsste mich nicht mehr um ihn kümmern, was mir einerseits Arbeit abnahm, andererseits aber missfiel, da ich ihn noch mehr leiden lassen wollte. Ich wollte jemanden mit meinen eigenen Händen umbringen und nicht nur dabei zusehen. Vielleicht war ich auch einfach nur wütend auf mich selbst, dass ich nicht aufmerksam genug war. Sam hatte vorgeschlagen als Köder auf das Schiff der Piraten zugehen, ich hatte ihr abgeraten und nun war sie dennoch bei ihnen gewesen. Sei es freiwillig oder nicht. Sie hatte nicht auf meine Worte geachtet, hat sie regelrecht missachtet. 

Aber es war meine Schuld, ich wollte sie alleine für mich haben. Sie sollte den Schmerz der Jungen nie erfahren, wenn sie kämpfte. Sie sollte nicht besser werden als ich, damit sie bei mir blieb, damit ich sie schützen konnte, damit sie zu mir aufsah. Ich aber habe sie verschreckt, habe sie nicht freigelassen, auf einer Insel ohne Regeln. Sie wollte immer frei sein, glücklich, doch ich sperrte sie weg. Ich hatte ihr ihre Waffen abgenommen, sie mit den langweiligen Sachen im Lager beschäftigt, wie putzen oder waschen. 

Sie hatte mir jedesmal einen enttäuschten Blick zugeworfen, als ich mit verletzten Jungen zurück kam, alles was ich immer zu ihr sagte war, "Es ist doch nur ein Spiel". Sie hatte nur die Augen verdreht und hatte sich um die verletzten gekümmert. Diese Erinnerung brachte mich zum schmunzeln, denn trotz der Enttäuschungen liebte sie mich. Ich wusste nicht was es war, dass uns verbannt und wieso gerade uns. 

An dem anderen Ort hätte sie es sicherlich besser gehabt, mit anderen Mädchen und Freunden, die nicht so waren wie wir. Aber sie war hier geblieben, hatte sich gegen ihren Bruder und für die Insel, für mich entschieden. Sie kannte sich hier nicht aus und das faszinierte sie, das unbekannte und jedesmal, wenn ich ihr etwas zeigte leuchteten ihre Augen. Sie war das komplette gegenteil von mir und ich liebte sie. 

Ich würde sie solange lieben, bis ich nicht mehr lebte und das war noch eine verdammt lange Zeit.

"Was machst du auf dieser Seite der Insel, Pan?", eine hohe, fast Glocken-gleiche Stimme erklang und riss mich aus meinen Gedanken. Ich schaute zu den Bäumen und erkannte das blonde Mädchen, das von den Ästen auf den Boden vor mir sprang. 

"Tink!", sagte ich mit einem breiten Lächeln und legte meinen Kopf schief, "was machst du denn hier draußen?". Sie verdrehte ihre Augen und stemmte ihre Hände in die Hüfte. "Und auch noch als Mensch", mein Lächeln wurde zu einem Grinsen und ihr Gesicht wurde rot, durch Wut oder Verlegenheit. 

"Ich muss dir gar nichts sagen", zischte sie und ich lachte leise. "Ich sollte dich lieber fragen, was du hier willst", sie verengte ihre Augen zu schlitzen und trat einen Schritt auf mich zu.

"Wenn du keine Fee mehr bist, dann nützt du mir nichts", grummelte ich und machte eine abwertende Handbewegung die sie mit gehobenen Augenbrauen erwiderte.

"Du weißt doch nicht ob ich noch eine Fee bin", grummelte sie zurück und ich verdrehte dieses Mal meine Augen. 

"Dir und den anderen ist es nicht erlaubt solange draußen bleiben und schon gar nicht in Menschen Gestallt", sagte ich unbeeindruckt. "Ich brauche richtige Hilfe und nicht von einer halb-fertigen Fee, die immer noch in der Ausbildung ist". Sie stampfte mit einem Fuß auf den Boden, wie ein beleidigtes Kind, dass nicht seinen Willen bekam. 

"Du weißt gar nichts, Peter Pan!", meinte sie mürrisch und brachte mich zum kichern.

"Tink, Liebes, mir gehört diese Insel. Ich weiß alles. Die Insel erzählt es mir", sagte ich und sie schaute mich ungläubig an. "Jetzt tritt bei Seite ich muss mit der blauen Fee sprechen".

"Was willst du bitte von der blauen Fee? Wenn die Insel mit dir spricht, warum fragst du sie nicht um Hilfe", sprach sie arrogant und verschränkte ihre Arme vor der Brust.

"Ich weiß zwar nicht, was es dich angeht, aber mein Leben ist vielleicht in Gefahr", sagte ich, wollte eigentlich nichts von Sam erwähnen, aber Tinkerbell schaute mich nicht überzeugt an, weshalb ich seufzte. "Sam wurde . . . gefoltert und wacht nicht mehr auf", meine Stimme war ruhig und kalt, doch hatte ich das Gefühl diese Worte kamen mit Emotionen heraus, die ich nicht kannte, noch nie zuvor verspürt hatte.

Loving a Psycho || The boy who had to believeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt