Kapitel 19

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Nachdem Daria sicher oben angekommen ist wird sie direkt von Vanessa und Rita betüddelt. Mats und Marco lassen das Seil erneut runter, damit ich daran hochklettern kann. Wieder zwinge ich mich nicht an den Abgrund unter mir zu denken, doch so wirklich klappt es nicht. Fest klammer ich mich an die Lianen, das einzige, was mich vor einem Fall in die Tiefe bewart. ,,Elena, alles gut bei dir?", ruft Marco fragend runter. Tief atme ich einmal durch. ,,Alles gut", antworte ich und kletter weiter. Kaum bin ich auf der richtigen Höhe, streckt Mats mir seine Hand entgegen, welche ich dankbar ergreife und mich hochziehen lasse. Kaputt lege ich mich auf den Rücken und starre in den Himmel. Der Regen prasselt auf mich, doch das ist mir egal. Ich habe es geschafft. Ich lebe noch und habe wieder sicheren Boden unter den Füßen. ,,Hey, alles okay?", fragt Mats besorgt und hockt sich neben mich. Schwach nicke ich und schließe meine Augen. ,,Elena, danke. Wirklich. Du hast meine Dummheit ausgebügelt, ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte", sagt Marco. ,,Passt schon", antworte ich und öffne meine Augen wieder. ,,Geht ruhig schon mal und versorgt Daria. Ich komme gleich nach." ,,Ich bleibe bei dir", meint Mats, während Marco Daria hochhebt und mit ihr den Abstieg beginnt. Es dauert noch ein paar Minuten, dann verklingen die Stimmen und nur noch der Regen gibt ein prasselndes Geräusch von sich. ,,Du hast echt meinen vollsten Respekt. Ich glaube, ich hätte das nicht gemacht." Ich blicke in Mats Gesicht. ,,Du wärst auch viel zu fett. Dich hätten wir nicht wieder hochbekommen", grinse ich und wische mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht." ,,Ja da hast du vermutlich Recht", lacht er leise. Vorsichtig setze ich mich auf. ,,Irgendwie hab ich da gar nicht richtig drüber nachgedacht. Adrenalin ist manchmal gar nicht so schlecht." ,,Ja da hast du Recht. Wollen wir auch langsam mal wieder zurück?" Müde nicke ich und stemme mich an Mats wieder auf die Beine. Vorsichtig wagen wir uns an den Abstieg, doch nicht nur einmal rusche ich auf den nassen Steinen aus. Schließlich springe ich vom letzten Vorsprung und bin endlich wieder auf dem sicheren Boden.

Komplett durchgeweicht klettern Mats und ich in die Höhle. Mit letzter Kraft schlagen wir die Plane wieder vor den Eingang und setzen uns an das Feuer. Die anderen haben bereits trockene Sachen an und bereiten das Essen vor. ,,Wie geht es deinem Fuß?", frage ich Daria. ,,Geht so. Ich kann nicht auftreten", murmelt sie. ,,Zeig mal her", meine ich und wische mir die Haare aus dem Gesicht. ,,Das kann warten. Ihr zwei zieht euch erstmal was anderes an", bestimmt Marco. Also kramen Mats und ich uns Pullis und langen Hosen raus und ziehen uns nach hinten in die Höhle zurück. Alle drehen uns den Rücken zu, sodass wir uns ohne Probleme umziehen können. Da Mats und ich eh schon alles voneinander gesehen haben, ist es uns relativ egal, dass wir uns nebeneinander umziehen.

Leise Stimmen wecken mich aus meinem unbequemen Schlaf. Da ist der Sand doch angenehmer, als der harte Fels. Mats und Marco reden miteinander, doch ich kann nicht verstehen was, da die Distanz zu weit ist. ,,Ist der Sturm vorbei?", frage ich, da ich eigentlich so schnell wie möglich hier raus will. ,,Dir auch einen schönen Morgen", grinst Marco. ,,Jaja, halt den Mund. Hat der Sturm jetzt aufgehört?", frage ich ungeduldig. Mats nickt, was dazu führt, dass ich aufspringe, die Plane losmache und raus in die kühle Luft springe. Tief atme ich die frische klare Luft ein, wie sie immer nach einem Sturm ist. Kurz darauf springt Mats ebenfalls aus der Höhle. ,,Ich liebe diese Luft", seufzt er. ,,Ich glaube du verwechselst die Luft mit mir."  ,,Nicht frech werden, Elenchen." Etwas angewidert sehe ich ihn an. ,,Nenn mich nie wieder so", stelle ich klar und lasse Mats einfach stehen. Jedoch kommt er mir direkt hinterher gejoggt. ,,Ach komm. Du nennst mich auch immer Matsi." ,,Stimmt. Dann sind wir jetzt eben quitt", antworte ich und sehe mich im Lager um. Es wurde fast nichts zerstört und der Shelter steht noch einwandfrei. ,,Gehen wir schon mal neues Wasser holen?", frage ich. Darias Gejammer möchte ich mir wirklich nicht anhören müssen. ,,Ja. Ich hole schnell die Sachen", erwiedert Mats und läuft zurück zur Höhle.

,,Ähm Elena?" Ich drehe mich zu Daria, welche unsicher auf mich zu gehumpelt kommt. ,,Ja?" Außer Atem lässt sie sich neben mich fallen. ,,Ich wollte mich bei dir bedanken. Ohne dich würde ich vermutlich nicht mehr leben oder immer noch da unten hocken. Und es tut mir leid, dass ich ab und zu so biestig zu dir bin." ,,Kein Problem. Hätte ich dich sterben lassen, dann hätte ich mir von deiner Familie was anhören müssen. Und ich bin immerhin auch oft nicht so nett zu dir", grinse ich etwas verlegen. ,,Hört sich jetzt eventuell was kindisch an, aber vielleicht können wir ja sowas wie Frieden schließen. Ich glaube wir werden niemals Freunde, aber es reicht ja schon, wenn wir uns akzeptieren." ,,Das hört sich gut an. Und tut mir leid, wenn ich manchmal etwas direkt bin, aber das ist nunmal meine Art." ,,Hab ich gemerkt", lacht sie. ,,Ich geh dann mal Fische fangen. Ich glaube bei den Männern kommt da nicht so viel rum", meine ich mit einem Blick auf Mats und Marco, welche sich gegenseitig nass machen und rumblödeln. ,,Alles klar", nickt sie und ich geselle mich zu den Jungs.

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