Kapitel 22

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102 Tage. Kaum zu glauben, dass ich bereits so lange hier bin ohne die Nerven oder den Verstand verloren zu haben, bei der Gesellschaft. Klar, Mats und Marco sind echt gute und lustige Kumpels und mit Daria komme ich mittlerweile auch etwas besser klar, aber naja ein Traum ist das wirklich nicht. In Mats Armen liege ich abseits im Sand und kraule seinen Kopf, da er das über alles liebt. Leise schnurrt er wie eine Katze auf und zieht mich mehr zu sich. ,,Du bist keine Katze", lache ich Mats aus, als er erneut schnurrt. ,,Stimmt. Ich bin eine gefährliche Raubkatze", gibt er überzeugt von sich und öffnet ein Auge um mich anzusehen. ,,Wers glaubt", murmel ich. Als ich aufeinmal ein Geräusch höre, höre ich abrupt auf und richte mich auf. ,,Weitermachen", knurrt Mats beleidigt." ,,Halt mal die Klappe." ,,Also bitte. Was ist dein..." ,,Ich meins ernst. Hörst du das?" Schweigend lauschen wir und das Geräusch wird immer lauter. ,,Ist das etwa...?", fragt Mats verblüfft und sieht sich am Himmel um. ,,Los wir brauchen die Leuchtrakten", rufe ich und springe auf. In einem Affentempo rasen wir beide zum Lager. Schnell durchwühlen wir alles. ,,Was ist los?", fragt Marco und auch die anderen Drei schauen uns neugierig zu. ,,Da kommt Rettung", brüllt Mats aufgeregt und jetzt scheinen auch die anderen das Geräusch wahrzunehmen. ,,Hier", rufe ich und halte die kleine Pistole hoch. Wir rennen wieder raus auf den Strand. Mit zitternden Händen schieße ich die erste Kugel ab. Mit einem lauten Zischen steigt sie nach oben und erstrahlt in einem hellen Orange. Kaum ist sie verglüht taucht der Helikopter über den Bäumen auf. Schnell schieße ich die zweite Kugel ab. ,,Sie haben uns gesehen", rufe ich glücklich, als der Helikopter beginnt über unseren Köpfen zu kreisen. Schließlich sinkt er immer mehr ab und kommt auf dem Strand zum landen. Es dauert nicht lange bis ein Mann herausspringt und zu uns kommt. Der Heli und alles ist unerträglich laut und doch bin ich so glücklich wie schon lange nicht mehr. ,,Seid ihr hier getrandet?", fragt der Mann auf wackeligem Englisch. ,,Ja, wir sind Überlebende vom Flugzeugabsturz vor drei Monaten", rufe ich ihm zu. Er nickt und sagt etwas in sein Funkgerät. ,,Wir haben Platz für vier Personen", meint der Mann schließlich. Schnell übersetze ich es für alle. ,,Ich finde Daria sollte auf jeden Fall mit, damit ihr Fuß versorgt werden kann", wirft Mats ein. ,,Ich kann warten", sage ich. ,,Ich auch", meint Mats. Alle nicken einverstanden. Also gehen Daria, Vanessa, Rita und Marco zum Helikopter, welcher immer noch läuft und ordentlich Krach und Wind macht. ,,Ein zweiter Helikopter ist bereits auf den Weg hierher. Er braucht ca. eine Stunde", ruft der Mann uns noch zu. Wir nicken und bringen etwas Abstand zwischen uns und den Helikopter, damit dieser starten kann. Schließlich hebt er ab und das Geräusch wird immer leiser, bis das Fluggerät schließlich verschwindet. Und dann wird es wieder still. Viel zu still. Stumm gehen Mats und ich zurück zum Lager. Ich beginne damit ein paar Sachen einzupacken. ,,Du packst?", fragt Mats und setzt sich in den Sand. ,,Ja. Meine Messer und mein Handy wollte ich eigentlich behalten." ,,Stimmt. Deins ist ja noch benutzbar", murmelt er. Nachdem ich das Nötigste gepackt habe gehe ich mit Mats ein Stück den Strand runter und wir setzen uns ans Meer. ,,Dann wars das wohl", murmelt er. ,,Ich hab mir das irgendwie immer anders vorgestellt gerettet zu werden." ,,Wie meinst du das? Freust du dich nicht?" ,,Natürlich freue ich mich. Ich vermisse meine Familie unfassbar. Aber ich habe Angst, Mats. Angst davor wie es jetzt wohl sein wird. Unser Leben wird nie wieder wie früher sein", sage ich leise und spüre wie die erste Träne über meine Wange läuft. ,,Ich habe auch Angst", gibt Mats zu. ,,Am liebsten würde ich hier bleiben. Mit dir. Alleine und für immer. Ich will nicht in der Presse sein, ich will nicht, dass mich alle bemitleiden." ,,Elena, das wird schon. Möchtest du wirklich für den Rest deines Lebens auf ein Bett verzichten? Auf eine warme Dusche und leckeres Essen?" Mats lächelt mir aufmunternd zu. ,,Bitte versprich mir, dass wir weiterhin Kontakt halten." ,,Natürlich. Schließlich musst du noch das schönste Stadion der Welt besichtigen", grinst Mats und wischt mir die Tränen weg. ,,Und jetzt hör auf zu weinen. Freu dich, dass du bald wieder bei deiner Familie bist." Mit diesen Worten küsst er mich sanft. Dann bleiben wir den Rest der Zeit nebeneinander sitzen, bis das erneute Geräusch eines Helikopter erklingt.

SolitaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt