Kapitel 20

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Die Kerben auf dem Stock nehmen zu und mit jeder weiteren Kerbe sinkt die Hoffnung auf Rettung. Es ist ein Wunder, dass von uns noch niemand Wahnsinnig geworden ist. Obwohl das gut zu erklären ist. Vanessa heult sich bei ihrer Mutter aus, Daria bei Marco und Mats und ich haben unseren Spaß wann immer wir Lust haben. Wieso auch nicht? Wenn man schon auf einer Insel mit einem heißen Fußballspieler ist, dann kann man das auch nutzen. Ich vermute mal, dass Daria einen gebrochen oder verstauchten Fuß hat, weswegen wir ihr eine Schiene aus Metall und Holz gebaut haben. Aber ohne ärztliche Hilfe, wird das nicht gut ausgehen. Ein paar Medikamente haben wir zwar noch, doch sollten ihre Knochen falsch zusammen wachsen wird sie für immer Probleme damit haben. Gelangweilt stapfe ich durch den Sand und kicke immer wieder ein paar Sandkörner in die Luft. Wenn man nichts zu tun hat ist es hier wirklich langweilig. Ich brauche Action. Die hatte ich in meinem alten Leben genug. Hier passiert zwar auch manchmal etwas, aber entweder es ist so eine Aktion wie mit Daria, oder alles endet im Streit. Oft wünsche ich mir nur mit Mats auf dieser Insel zu sein. Dann wäre alles halb so schlimm. Aber das Schicksal kann mich wohl nicht leiden.

,,Wo warst du?", empfängt mich Marco, welcher bereits die ersten Fische über dem Feuer brät. ,,Bisschen rumgelaufen. Ich brauche unbedingt eine Tätigkeit." ,,Was hälst du davon, wenn wir ein Haus bauen? So ein richtiges, wo alle drin Platz haben", schlägt Marco vor. ,,Von uns ist niemand Architekt. Das Haus würde immer wieder zusammen fallen. Dann sollten wir lieber ein Boot bauen, damit wir von dieser verfluchten Insel kommen." ,,Ich dachte, du magst das Meer nicht?", fragt Marco grinsend. ,,Dann bleibe ich eben mit Mats hier." ,,Das hättest du wohl gerne was? Damit ihr rund um die Uhr vögeln könnt, was?" ,,Naja du bist dann alleine mit drei Frauen. Ist auch nicht so schlecht." Er sieht zu den besagten Frauen, welche sich sonnen. ,,Ich glaube da verzichte ich tatsächlich. Oder wir lassen die hier und fahren alleine. Wenn wir gerettet wurden, kann man die ja immer noch abholen." ,,Die Idee finde ich gut. Aber vermutlich werden wir nicht mal durch die Brandung kommen." ,,Jetzt hör endlich auf immer so negativ zu denken. Ist ja furchtbar mit dir." ,,Du bist eingebildet, mit dir ist es auch nicht gerade geil." ,,Ach natürlich jetzt bin ich auch noch Schuld." ,,Natürlich", grinse ich und spieße einen Fisch auf einen Stock.

,,Es ist zum verrückt werden", murmelt Mats, während er an einem Stock schnitzt. ,,Was?", frage ich nach und schabe aus Langeweile ein Muster in meinen Fischspeer. ,,Dieses rumgesitze. Dieses ewige warten. Die Hoffnung auf Rettung, welche jeden Abend aufs neue zerstört wird. Ich frage mich wieso das Schicksal so etwas für uns bestimmt hat." ,,Ich glaube nicht an Schicksale. Also das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Wenn etwas passiert, dann passiert es eben. Wieso sollte etwas für einen vorbestimmt sein?" ,,Da hast du Recht." Grinsend beuge ich mich vor. ,,Ich hab immer Recht mein Lieber", hauche ich leise in sein Ohr und drücke ihm ein paar Küsse auf seinen Hals. Ich spüre, wie er sich anspannt und angestrengt nach Luft schnappt. ,,Du musst dich dringend rasieren", zerstöre ich grinsend den Moment und setze mich wieder richtig hin. ,,Wow, du kannst echt jeden Moment zerstören", brummt er etwas beleidigt. ,,Ich weiß." Erneut mache ich mich an die Arbeit den Speer zu verschönern. Doch kaum habe ich angefangen, spüre ich Mats Hand an meinem Innenschenkel und das verdammt weit oben. ,,Mats", murmel ich genervt und schlage seine Hand weg. ,,Ach du darfst bei mir und ich nicht bei dir, oder wie?" Fragend zieht er seine Augenbrauen hoch. ,,Nicht hier okay? Was machen wir wenn jemand kommt? Wir können uns schlecht verstecken." ,,Dann eben heute Nacht", knurrt er und lässt seine Finger über meine Wange gleiten. Ich nicke. ,,Heute Nacht", antworte ich.

,,Oh man, wieso hab ich dich nicht schon früher kennengelernt", seufzt Mats und zieht mich zu sich. Ich lege meinen Kopf auf seiner Brust ab und genieße seine sanften Berührungen. ,,Und was hätte dir das gebracht? Du weißt, dass Beziehungen nicht mein Ding sind." ,,Na und? F+ oder das was momentan zwischen uns ist reicht vollkommen. Stattdessen hab ich vier Jahre meines Lebens mit meiner Scheiß Ex verbracht." ,,Achso Sex und der Herr ist glücklich", kicher ich. ,,Was anderes kann man von dir auch nicht gerade behaupten. Aber ich finde es einfach gut so wie es ist. Lassen wir den Fakt mal raus, dass wir auf ner einsamen Insel mit vier Idioten sind." ,,Marco ist also ein Idiot?" ,,Jap. Aber ein ziemlich cooler Idiot mit dem man ne Menge Spaß haben kann. Sonst wäre er nicht mein bester Freund." Ich seufze einmal leise und betrachte die Sterne über uns. ,,Kannst du eigentlich Sternenbilder erkennen? Dein Vater ist doch Astronom oder?" ,,Ja. Wir haben sehr oft gemeinsam in den Nachthimmel geschaut und er hat mir so viele Sachen erzählt. Ich wollte immer alles wissen. Und ich kann auch Sternenbilder lesen. Aber hier kann ich kein bekanntes entdecken. Wir sind warscheinlich zu weit südlich und deswegen sehe ich die nicht." ,,Naja aber nach Deutschland kannst du ja auch nicht schauen." ,,Nein das nicht. Aber die Erde rotiert. Und somit könnten wir, wenn wir auf dem selben Breitengrad wären, irgendwann die Sternbilder, welche auch in Deutschland sind, erkennen. Aber da wir zu weit südlich sind, wird das warscheinlich nicht funktionieren." ,,Das ergibt alles voll Sinn", erwiedert Mats beeindruckt. ,,Ich weiß", murmel ich und schließe meine Augen.

SolitaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt