Kapitel 13

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Die Tage vergehen, ohne das etwas spannendes passiert. Auf Mats, nennen wir es mal betteln, bin ich wieder zurück zum Lager gekommen. Gut ist die Stimmung jetzt nicht, ich ignoriere die drei Frauen und sie ignorieren mich. Marco und Daria verschwinden immer öfter zu zweit irgendwo, aber mich soll es nicht stören. Mein Verhältnis zu Marco ist wieder normal, man merkt gar nicht, dass wir kurz was am laufen hatten. Sonst passiert kaum etwas. Jeden Tag versuchen wir so gut es geht zu überleben. Mittlerweile hat es sich so eingegliedert, dass Mats und ich unter freien Himmel schlafen, Rita und Vanessa im Shelter, Marco in der Rettungsinsel, oder das, was noch davon übrig ist, und Daria wechselt immer mal zwischen Shelter und Rettungsinsel.

Mit Kraft haue ich das Messer in das Holz. Die dritte Woche ist nun vorbei. Drei Wochen ohne ein Schiff, Flugzeug oder andere Sachen, die auf eine Rettung hinweisen könnten. ,,Hälst du Ausschau?" ,,Wonach? Wenn was kommt, dann hören wir es eher. Zumindest wenn es etwas ist, dass fliegt." Mats nimmt meinen Stock und sieht sich die Kerben an. ,,Drei Wochen schon. Ich werd verrückt." ,,Vielleicht ist ja auf dem Festland eine Zombieapokalypse ausgebrochen und wir sind hier in Sicherheit und können unser Leben genießen." ,,Du hast eindeutig zu viele Filme gesehen. Denkst du, die Suche wurde eingestellt?" ,,Unmöglich. Mein Vater arbeitet bei der NASA. Er verdient genug Geld, um zur Not eine private Firma anzuheuern. Vorallem nach meinem Anruf wird er nicht aufhören, ehe nicht mindestens unsere Leichen gefunden werden." ,,Du denkst immer noch, dass wir sterben?" ,,Das Essen wird nicht ewig reichen. Selbst wenn wir fischen, sechs Leute zu ernähren ist nicht ohne. Und wir haben jetzt schon alle total abgenommen." ,,Da hast du Recht." Mats nimmt einen Stein und flischt ihn über das ruhige Meer. ,,Dann will ich aber lieber anders sterben. Verhungern ist schrecklich." ,,Was ist dir denn am liebsten? Ertrinken? Hängen? Das Gift von Tieren? Jede Art zu sterben ist grausam." ,,Es sei denn du jagst mir das Messer durch den Hals." ,,Du wärst der Letzte den ich umbringen würde. Du glaubst doch nicht im Ernst ich bleibe hier alleine mit den Weibern." Lachend sieht Mats auf das Meer. ,,Stimmt. Dann muss ich wohl aufpassen, dass ich nicht draufgehe." ,,So ein Mist aber auch. Nicht mal sterben darf man", gebe ich ironisch von mir. ,,Schrecklich", nickt Mats. ,,Ey ihr Labertaschen, da hinten kommen üble Wolken. Wir sollten uns auf den Sturm vorbereiten", ruft Marco uns zu. Mats und ich drehen uns um und erblicken eine dunkle Wolkenwand. ,,Ich hasse die Karibik", murmel ich genervt und stehe auf.

Es ist kalt und feucht in der Höhle, doch draußen wütet immer noch der Sturm. Es ist dunkel, als wäre es mitten in der Nacht, obwohl gerade mal früher Nachmittag ist. ,,Mir ist langweilig", murrt Daria. ,,Wir können ja was spielen", schlägt ihre Schwester vor. ,,Und was? Verstecken oder was?", fragt Marco genervt. ,,War ja nur ne Idee", zickt sie zurück. ,,Das ist besser als Kino", flüstert Mats mir zu und bringt mich zum lachen. ,,Was gibt's da zu kichern, Blondie?", faucht Vanessa jetzt. ,,Ist nur lustig wie du dich aufregst", antworte ich schulterzuckend. ,,Hör auf sie zu provozieren", mischt Rita sich jetzt ein. ,,Hä? Sie hat doch angefangen", gebe ich kopfschüttelnd zurück. Ich höre wie Mats sich neben mir ein Lachen verkneifen muss. ,,Jetzt beruhigen sich alle bitte mal wieder. Mit Stress kommen wir hier absolut nicht weiter", wird Marco endlich vernünftig. ,,Aber...", fängt Vanessa an, wird jedoch von Mats unterbrochen. ,,Kein aber. Ich hab kein Bock mehr auf eure Zickerreien, klar? Entweder ihr reißt euch endlich mal zusammen oder..." Er überlegt. ,,Oder was?", frage ich grinsend nach. ,,Mir fällt nichts ein. Aber das ist egal. Ihr reißt euch jetzt mal am Riemen, klar?", spricht Mats das Machtwort. Die zwei Schwestern nicken und ziehen sich mürrisch in den hinteren Teil der Höhle zurück. ,,Und du könntest auch mal etwas netter sein", mahnt er mich zurecht. ,,Du weißt, dass ich da nicht der Typ für bin. Aber dir zu liebe versuch ich es mal." ,,Das ist nett, vielen Dank", antwortet Mats genauso ironisch wie ich eben geredet habe und lehnt sich an die kalte Wand. ,,Irgendwann bringen die drei mich noch zum ausrasten." ,,Und dich zum ausrasten zu bringen ist wirklich schwer." Er nickt. ,,Das schaffen wahrlich nicht viele. Als Person mit öffentlichem Leben ist man so einiges gewöhnt und muss mit vielem klar kommen." ,,Wie ist das eigentlich so berühmt zu sein?" ,,Naja, ich hab es mir ja ausgesucht. Es bringt schon viele Vorteile, ein reichliches Einkommen, man lernt viele Leute kennen, darf Luxus genießen. Natürlich muss ich dafür auch fitbleiben und meinen Job so gut wie möglich machen. Aber es ist schön, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Wer will das nicht? Dafür hat alles natürlich auch eine schlechte Seite. Gerüchte, wenn du den Verein wechselst hassen dich die Fans meistens und solche Sachen halt. Aber dieses Gefühl wenn ich im Stadion einlaufe, dass ist alles so ein tolles Gefühl, dass ich die anderen Sachen gut ertragen kann." ,,Das hört sich echt cool an." Er nickt. ,,Aber genug von mir. Ich weiß kaum was über dich." ,,Naja, ich schwimme für mein Leben gern. Nach meinem Abi wollte ich erstmal was Zeit in Amerika verbringen und dann war mein Plan Sportwissenschaften zu studieren. Aber ob das noch was wird, weiß ich nicht. Unter Freunden kann ich echt gestört sein, vorallem mit Louis, meinem besten Freund. Einmal in der Woche singe ich im Chor und ja, das wars eigentlich schon." ,,Du singst?" ,,Ja. Schon seit ich vier bin. Ich wohne in nem Dorf und da gibt es für jedes Alter einen Chor." ,,Cool. Kannst du mal was vorsingen?" ,,Vergiss es. Ich singe im Chor, dass heißt nicht, dass ich singen kann. Und ohne Musik schon gar nicht." ,,Ach was. Natürlich kannst du singen." ,,Chor ist was anderes als Solo. Aber das versteht niemand, der keine Ahnung von Musik hat." ,,Danke." ,,Immer wieder gerne." ,,Habt ihr auch Auftritte?" ,,Ja wir singen manchmal bei Kinstausstellungen, aber eher bei besonderen Gottesdiensten bei uns im Dorf, also Konfirmationen, Taufen oder halt Events. Manchmal organisieren wir auch selber Konzerte." ,,Dann machen wir einen Deal. Du kommst einmal mit ins Stadion und ich komme einmal zu einem Auftritt von dir." ,,Bei dem Deal springt nichts für mich raus." ,,Natürlich. Du siehst das schönste Stadion der Welt." ,,Aber ich verstehe nichts von Fußball. Warscheinlich würde ich die falsche Mannschaft anfeuern, so wie ich mich kenne." ,,Wir sind die Gelben. Das kann man sich gut merken." ,,Mal sehen. Vielleicht will ich ja gar nicht, dass du zu einem Auftritt kommst." ,,Du bist gemein. Wo wohnst du eigentlich überhaupt?" ,,In der Nähe von Wickede." ,,Das ist gar nicht mal soweit von mir. Zufälle gibt's", lacht er. ,,Krass", grinse ich und schließe dann meine Augen. Ich vermisse mein Bett. Auch wenn Mats Schulter ein angenehmer Kissenersatz ist.

SolitaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt