Die Tage vergehen und mit der Zeit normalisiert sich alles immer mehr. Tagsüber arbeiten wir, beschaffen essen und Wasser, waschen unsere Klamotten, verbesser unsere Schlafplätze, machen Rundgänge und halten nach Hilfe Ausschau. Nachts schlafe ich ein paar Stunden und sitze dann entweder alleine oder mit Mats am Strand. Und nicht selten verschwinden wir zwei auch mal hinter ein paar Steinen. Doch wieso sollten wir es nicht tun? Sex ist ein menschliches Bedürfniss und wann sitzt man schon mal mit einem heißen Fußballspieler auf einer Insel fest? Dann kann man die Situation doch auch nutzen. Mats denkt ja genauso wie ich darüber, warum also nicht? Es gibt kein Rikio, dass ich schwanger werde und Nachts bemerkt das eh keiner.
Der Tag ist schon wieder weit fort geschritten und ich haue die 41. Kerbe in den Stock. Über einen Monat sind wir bereits hier. Alle haben sichtlich abgenommen, auch wegen der schweren Arbeit. Mats und Marco haben ihren Trainingsplan komplett aufgeben und auch mit dem Sport aufgehört, welchen sie zu Beginn noch durchgezogen haben. Die Idee ein Floß zu bauen wird für mich immer attraktiver, doch vermutlich würden wir nichtmal durch die Brandung kommen. Sie ist einfach zu stark. Also bleibt uns nur die Hoffnung auf ein Schiff, Flugzeug oder Helikopter. ,,Ähm Elena, hättest du vielleicht Lust mir die Haare zu schneiden? Das nervt mich voll, dass die immer ins Gesicht fallen", fragt Mats und hält mir die einzige Schere hin, welche wir in den Koffern gefunden haben. ,,Klar. Aber ich garantiere für nichts." ,,Mir doch egal. Du hast mich schon in den beschissensten Lagen gesehen und hier sind keine Kameras." Ich stelle mich also hinter Mats und kämme ihm die dunklen, nassen Haare durch. Dann scheide ich Stück für Stück seine Locken ab. An den Seiten etwas mehr als in der Mitte. ,,Gar nicht mal so schlecht", sage ich zu mir selbst und gebe ihm den kleinen Handspiegel, ebenfalls aus einem Koffer. Ich frage mich wieso Leute immer so eine unnötige Scheiße mitschleppen. Aber mir solls egal sein. ,,Wow. Ich glaube ich stelle dich als meine persönliche Friseurin an." ,,Das macht dann 1000 Euro." ,,Was? So viel Geld habe ich nicht?", ruft er entsetzt. ,,Tja, dann musst du wohl Schulden machen." ,,Nein. Bitte!", schreit er theatralisch und lässt sich in den Sand fallen. Grinsend hocke ich mich neben ihn. ,,Nun, vielleicht kannst du das auch anders abarbeiten", sage ich leise, damit uns niemand hört. ,,Ich soll deine männliche Nutte spielen?" ,,So war es eigentlich nicht gemeint, aber wenn du willst darfst du es so bezeichnen." Lachend rubbelt er mir über die Haare. ,,Du kriegst das Geld Zuhause. Meintewegen kannst du auch noch ne Null dranhängen." ,,Jetzt gib mal nicht mit deiner Kohle an klar? Das ist Marcos Part." ,,Sorry hatte ich vergessen. Wo steckt der Idiot eigentlich schon wieder?" ,,Mit Daria ,Wasserholen' ", antworte ich und setze Anführungszeichen in die Luft. ,,Verstehe", nickt er, steht auf und klopft sich den Sand aus seinen Sachen. ,,Machen wir Essen? Ich hab einen Mordshunger." ,,Bin dabei", antworte ich und stehe ebenfalls auf.
,,Hat jemand irgendwas interessantes entdeckt?", fragt Mats in die Runde, während er den Fisch in Stücke schneidet. Alle schütteln den Kopf und bedienen sich. Seit Tagen ist nichts mehr passiert. Wir leben nur noch vor uns hin. Und je länger wir hier sind, desto schlimmer wird es. Diese Ungewissheit was kommt, ob wir hier jemals wegkommen begleitet uns jeden Tag. Und sie frisst sich in jeden einzelnen von uns rein, was niemand leugnen kann. Uns allen macht die Situation zu schaffen. Alle nehmen ab, jeder hat dunkle Augenringe bekommen, meine Haare sind längst nicht mehr so glänzend und weich, wie sie mal waren und setzen schon Spliss an. Wir haben alle keine Kraft mehr, sind ausgelaugt und halten uns nur noch gegenseitig am Leben. Und das, obwohl wir erst anderthalb Monater hier sind. Wie soll es dann erst werden, wenn wir noch länger aufeinander hocken. Fast täglich streite ich mich mit Rita, Vanessa oder Daria. Doch wie soll die Stimmung besser werden? Das ist einfach unmöglich.
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Solitary
FanfictionEigentlich wollte Elena nur ihren Vater in Amerika besuchen. Doch auf Grund eines schweren Unwetters und technischen Problemen stürzt das Flugzeug ab. Sie schafft es in eine Rettungsinsel und strandet mit fünf anderen fremden Personen auf einer eins...