Kapitel 3

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Als ich am nächsten Tag nach dem Unterricht durch die Gänge von Hogwarts lief, dachte ich viel nach. In meinem Kopf überschlugen sich die Ereignisse des letzten Tages. "Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen helfen mit Ihrer Angst umzugehen."
Und was ist, wenn ich es eigentlich doch nicht möchte? Keiner, wirklich keiner, weiß zu einhundert Prozent über meine Ängste Bescheid. Nichteinmal meine eigene Zwillingsschwester. Wie soll ich mich dann meinem neuen Lehrer anvertrauen? Ich atmete tief durch und ging weiter. Vorbei an den vielen Rüstungen, die in den Korridoren standen, vorbei an Schülern, welche sich unterhielten und lachten. Zunächst wollte ich in die Kerker, zu meinem Schlafsaal, um meine Schultasche abzulegen. Nachdem ich dies getan hatte, lief ich wieder hoch, in der Absicht mir draußen ein wenig die Beine zu vertreten.
Eine leichte Brise wehte mir um die Nase und meine Haare flogen dabei über meine Schultern nach hinten. Es war immernoch angenehm warm, aber man spürte bereits, dass der Herbst sich näherte. Einige Blätter an den Bäumen begannen schon ihre Farbe von strahlendem Grün in Rot- und Gelbtöne umzuwandeln. Auf Hagrids Feld standen viele, große Kürbisse, für Halloween in etwas mehr als einem Monat. Bald würde man den Duft von Orangen und Zimt wieder riechen können. Die Weihnachtszeit nahte immerhin mit dem beginnenden Herbst. Es war schon immer meine liebste Zeit des Jahres.
Langsam machte ich mich auf den Weg nach unten, wo Hagrids Hütte stand. Im Gegensatz zu den meisten anderen Slytherins mochte ich den Wildhüter, der nun auch Lehrer war, ziemlich gern. Leider besuchte ich ihn während der Schuljahre viel zu selten, meist war ich mit meiner Schwester unterwegs oder lernte für irgendeine Prüfung. Als ich unten vor der Tür stand, klopfte ich drei Mal fest auf das Holz. Fang, Hagrids Saurüde, bellte lautstark, wurde aber schnell von der lauten Stimme seines Herrchens unterbrochen. Der bärtige Halbriese öffnete mir die Tür und sah mich verwundert an.
"Amber? Was machst'n Du hier?"
"Ich dachte mir, ich könnte dich auch mal wieder besuchen kommen", lachte ich und wippte mit meinem Körper vor und zurück.
"Möchtest du'n Tee?", fragte mich Hagrid, während ich hinein ging, bot mir einen Stuhl an und holte, ohne eine Antwort abzuwarten, zwei Tassen und setzte das Wasser auf.
Lächelnd bejahte ich seine Frage.
Nachdem der Tee fertig war, setzte er sich gegenüber von mir und stellte direkt die nächste Frage:"Und? Wie läuft die Schule?"
Vorsichtig nippte ich an dem dampfenden Tee und antwortete:"Bis jetzt gut. Der neue Professor ist ziemlich nett.."
Bei diesem Satz horchte der große Mann auf. "Du meinst diesen Lupin? Sieht durch seine Narben ziemlich gefährlich aus, finde ich, ist aber wirklich ein ganz Netter. Habe schon 'n paar Mal mit dem gesprochen."
So saßen wir da, unterhielten uns ein paar Stunden und erst, als es dunkel wurde, machte ich mich auf den Weg zurück zum Schloss. Natürlich nicht, ohne mich vorher ausgiebig bei Fang verabschiedet zu haben.
Das Abendessen war schon vorbei, als ich durch das große Eingangsportal kam. Ich wollte gerade zum Slytherin-Gemeinschaftsraum huschen, bog um eine Ecke und krachte mit jemandem zusammen. "Autsch!", eine Jungenstimme hallte durch den Korridor. "Malfoy? Was machst du hier? Sollten nicht alle bereits in den Gemeinschaftsräumen sein?"
"Ach ja, Parker? Wieso bist du dann nicht dort? Wieso schleichst du hier durch die Gänge?", in seiner Stimme lag ein ekeliger, selbstgefälliger Unterton. "Einen Drittklässer, wie du es bist, sollte es nicht interessieren, was eine Siebtklässlerin Abends auf den Gängen macht", antwortete ich schnippisch. 
"Wen haben wir denn hier?", eine mir gut bekannte, kühle Stimme näherte sich mit lauten Schritten. "Professor Snape! Diese Siebtklässlerin schleicht hier durch die Gänge. Ich wollte zu Ihnen ins Büro, um das zu melden!", Malfoy setzte eine Unschuldsmiene auf. "Und wieso, Mister Malfoy, sind Sie dann auf dem Weg... in die andere Richtung?", Snapes Stimme schnitt wie ein Schwert durch die Luft. "I-ich Pro-professor..-", nun war er, der großartige Draco Malfoy, wohl eingeschüchtert.
"Fünfzehn Punkte Abzug für Sie, Mister Malfoy, für wissentliches Lügen. Und was Sie angeht, Miss Parker, ich erwarte Sie morgen früh in meinem Büro. Und bevor Sie etwas entgegen setzen wollen, mir ist sehr wohl bewusst, dass morgen Samstag ist." , herablassend schaute er mich an. "Natürlich Professor. Ich werde da sein", sagte ich mit erstaunlich fester Stimme und setzte mich schnell in Bewegung, um zu den Schlafsälen zu kommen. Ich hörte, wie die dunklen Schritte Snapes sich entfernten und die Malfoys in einigem Abstand hinter mir her kamen. Als ich dann endlich am Ziel war, fragte meine Schwester sofort, wo ich gewesen sei. Daraufhin erzählte ich ihr alles, beendete die Story mit:" Nun muss ich wegen diesem schleimigen Mistkerl morgen bei Snape antanzen. Nur weil er nicht leise sein konnte!" Serina sah mich bemitleidend an. Sie wusste genau so gut wie ich, dass Snape oftmals ein fieser Sadist war.
"Übrigens, der wurde beim Abendessen für dich abgegeben", meinte sie und streckte mir einen Brief entgegen.
"Von wem?", ohne mir eine Antwort zu geben, grinste sie mich blöd an.
Ich öffnete den Brief und las folgende Worte:
Miss Parker,
Ich erwarte Sie morgen Mittag im Klassenzimmer für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Ich würde gerne noch etwas wegen unseren Zusatzstunden mit Ihnen besprechen. Seien Sie pünktlich.
                                   Lupin

"Okay...", dachte ich laut und legte den Brief auf meinem Nachttisch ab.
"Er will garantiert mehr als nur etwas mit dir zu besprechen. Als er mir den Brief gab, meinte er, es soll bitte niemand erfahren. Und er hat gefragt, wo du bist. Das würde kein normaler Lehrer tun!", in Serinas Stimme konnte man eine gewisse Freude hören.
"Und was bitte sollte er wollen?", gab ich leicht genervt wieder.
"Hast du denn nicht gesehen, wie fürsorglich er nach unserer ersten Stunde war? Das wäre so spannend! Eine Lehrer-Schüler-Beziehung auf Hogwarts, und dann auch noch mit meiner Schwester!"
"Serina! Jetzt mach mal halblang! Was sollte er von mir wollen? Er ist 16 oder 17 Jahre älter als wir. Und er ist Lehrer!", rief ich empört, wobei ich mir im stillen dachte, es wäre gar nicht so schlimm. Immerhin sieht er echt nicht schlecht aus und war wirklich sehr lieb zu mir.
"Amber bitte, ich weiß, wie du ihn am ersten Abend angeschaut hast", kicherte sie.
Beleidigt drehte ich mich weg.
"Hey. So hab ich das nicht gemeint. Aber vielleicht will er ja wirklich mehr, als nur über eure Stunden zu reden...", sie konnte es einfach nicht lassen, mich anzustacheln.
Ich gab nach und zwang mich zu einem Lachen: "Vielleicht hast du ja Recht."
Mit wiedermal tausend Gedanken im Kopf zog ich mich um und bereitete mich auf eine schlaflose Nacht vor.
"Gute Nacht, Serina."
"Gute Nacht, Schwesterherz."
Dann drehte ich mich um, schon wieder tausend Dinge im Kopf und starrte aus dem kleinen Kerkerfenster. Ganz klein in der Ferne sah ich den Mond. Sichelförmig und silbern glitzernd im Dunkeln der Nacht.

"Professor?" (Remus Lupin Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt