Kapitel 15

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Es sind nun weitere zwei Wochen vergangen, nachdem ich aufgewacht war. Mir ging es immernoch nicht sehr gut, allerdings war ich nun aus dem Krankenflügel entlassen. Über mein Gesicht zog sich jetzt wie bei Remus eine Narbe. Auch an meinem Rücken gab es noch Spuren von diesem Unfall.
Remus wich mir außerhalb der Unterrichtszeiten kaum von der Seite, hatte Serina aufgetragen mich an Vollmond von ihm fernzuhalten und auf mich aufzupassen.
Er hatte unheimliche Angst, dass mir wieder etwas passiert.

Es war spät abends. Ich rollte mich unruhig in meinem Bett hin und her. Morgen war wieder Vollmond und Serina sollte mich sicherheitshalber einen Tag davor und einen Tag danach bei sich behalten. Ich versuchte die Augen zu schließen.
Gelbe, leuchtende Augen. Ein Schrei. Blut. Schmerz.
Das Gefühl einen endlos langen Tunnel hinunter zu fallen. Ein dumpfer Aufprall. Stille. Dunkelheit. Unklare Stimmen.
"Amber!"
Ich schreckte hoch. Klatschnass geschwitzt und zitternd.
"Amber, was ist passiert?", fragte mich Serina hektisch.
"Albtraum. Von... von dem Unfall", antwortete ich knapp.
Meine Schwester nahm mich in den Arm. Ich versuchte tief durchzuatmen.
Nach einigen Minuten ließ sie mich los und ich sank wieder in mein Kopfkissen. Meine Augen fielen sofort zu.

Eine große, bedrohliche Gestalt. Eine zierliche daneben, neben dieser eine sehr kleine. Alle schüttelten den Kopf.
"Versagt."
"Durchgefallen."
"Troll."
Ich sah mich in der Mitte von ihnen. Knieend auf einem Haufen Papier. Auf diesen tummelten sich die Buchstaben "M", "S" und "T". Lachende Leute. Leute, welche immer wieder "Versager!" oder auch "Bergtroll!" riefen.
"Der Klugscheißer hat wohl doch nichts drauf!"
Silhouetten, welche sich den Bauch vor Lachen halten mussten.

Ich schlug erneut die Augen auf. Wieder nur ein Traum. Noch waren die Prüfungen nicht geschrieben worden, dachte ich mir. Noch genug Zeit, den verpassten Stoff nachzuholen. Ich drehte mich abermals in meinem Bett um. Es musste nun bestimmt schon drei Uhr morgens sein. Schlafen wollte ich nicht mehr, nicht bei dem Mist, den sich mein Kopf ausdachte. Leise seufzend stand ich auf und tapste in den Gemeinschaftsraum. Es war komplett still. Im Kamin glühte das Holz noch leicht orange.
"Incendio!", hauchte ich mit dem Zauberstab zum Kamin gerichtet und das Feuer brannte hell auf.
Nun konnte ich die tickende Uhr an der Wand erkennen. 2:48 Uhr.
Der Sessel, auf welchen ich mich setzte, knarrte leicht, als mein Gewicht auf ihm lastete.

Geistesabwesend starrte ich auf meinen Zauberstab. Mir wurde irgendwie ziemlich kalt und ich kauerte mich auf dem Sessel zusammen.
"Expecto Patronum...", flüsterte ich.
Aus der Spitze des Stabes schossen bläulich-weiße Fäden. Ich wartete darauf, dass sie sich wieder zu dem grazilen Wolf zusammensetzten. Doch sie taten es nicht.
Erneut sagte ich den Spruch, dachte dabei an all die glücklichen Erlebnisse, die ich zusammen mit Remus hatte.
Wieder nur feine Fäden.
"Wieso...?" Eine Träne kullerte meine Wange hinab. Ich schaffte es nicht, einen Patronus zustande zu bringen.
Ich überlegte kurz. Dann stand ich auf und schlich mich aus dem Gemeinschaftsraum.
"Lumos!" Schnell huschte ich um die Ecken des Kerkers, zur Treppe nach oben.
Tapsende Schritte. Hastig murmelte ich: "Nox!"
Ein Schnurren hinter der nächsten Ecke. Mrs Norris, die Katze vom Hausmeister Filch. Ich presste mich an die Wand und gab keinen Ton von mir. Sie lief weiter und ich setzte meinen Weg beinahe lautlos fort. Nun stand ich vor meinem Ziel.
"Alohomora!" Das Schloss knackte und die Tür sprang einen Spalt auf, durch welchen ich ins Zimmer glitt.

"Lumos!"
Jetzt starrte ich genau in das helle Licht eines anderen Zauberstabes.
"Was zur Hölle machst du hier? Es ist kurz nach drei... Du solltest im Bett sein!", predigte Remus mir, nachdem er mir fast den Stab ins Auge gestochen hatte.
"Es... es tut mir leid, nur... I-ich musste zu dir", meinte ich und schaute beschämt auf den Boden.
Remus sah mich an, und er hatte wieder diesen Welpenblick im Gesicht.
"Was ist passiert, Kleines?", fragte er liebevoll und nahm mich in den Arm.
Ich schüttete ihm mein Herz aus, erzählte von den Albträumen. 
"Und...", ich hielt inne und sprach den Patronus Zauber.
Es kamen wieder nur Fünkchen aus meinem Stab.
"Und... das ist passiert...", schluchzte ich und legte meinen Kopf auf seine Schulter.
Er strich mir sanft durch die Haare.

"Nach einem traumatischen Erlebnis ist das total normal, Amber", versuchte er mich zu trösten.
"Gib dir ein wenig Zeit. Du wirst wieder einen gestaltlichen Patronus wirken können", meinte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
"Jetzt musst du aber wieder ins Bett.. morgen ist Unterricht."
Ich schüttelte wild den Kopf. Auf gar keinen Fall wollte ich jetzt wieder in meinen Schlafsaal.
"Okay. Du hast gewonnen, du darfst hier bleiben...", sagte Remus grinsend und schob mich in Richtung des Bettes.
Sanft drückte er mich hinein und stützte sich über mir ab. Wir sahen uns tief in die Augen und küssten uns innig, bis Remus sich irgendwann neben mich legte. Ich kuschelte mich an seine Brust und schloss die Augen, während er einen seiner Arme um mich legte.

Nach einigen Minuten fiel der Schlaf über mich. Dicht an Remus gekuschelt hatte ich auch keine Albträume mehr und konnte beruhigt schlafen. Ich wachte auf, als Remus früh morgens versuchte, aufzustehen. Gähnend streckte ich mich und sah ihn an, während er auf der Bettkante hockte. Seine Haare waren zerzaust und er hatte dunkle Ringe unter seinen Augen. Die Narben kamen mir wieder auffälliger vor. Er lächelte mich an, lehnte sich zu mir und küsste mich auf die Stirn.
Auch ich entschied mich, aufzustehen und wollte schnell zum Schlafsaal laufen, um meine Schulsachen zu holen. Remus hielt mich nicht auf, vermutlich bekam er mein Verschwinden kaum mit, da er dort unter der Dusche stand.

Ich bog gerade um die Ecke auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum, als ich Malfoy und seinen Schoßhunden Crabbe und Goyle in die Arme lief.
"Oh Parker? Was laufen wir denn so früh im Pyjama durch die Kerker?", lachte Malfoy höhnisch.
"Ich schlafwandle", gab ich knapp und schnippisch von mir zurück und rempelte Goyle im Vorbeigehen an.
"Was soll das denn?", bellte eben dieser mich an.
"Lass mich in Ruhe, Fußhupe", murmelte ich und ging weiter.

Die drei Drittklässler pöbelten noch ein bisschen hinterher, als ich in den Gemeinschaftsraum schlüpfte. Das Frühstück hörte bald auf und ich musste mich extrem beeilen, um nicht zu spät zum Unterricht zu kommen.
Zaubertränke bei Snape und ich musste eine Menge Stoff für meine UTZ-Prüfungen nachholen.
Als ich fertig war, war ich wirklich knapp dran und sprintete zum Raum, wo der Unterricht stattfand. Ich kam zeitgleich mit Snape in den Raum und setzte mich schnaufend neben Leyla Stone, eine Ravenclaw Schülerin meines Jahrgangs, mit der ich nun zusammenarbeiten sollte.
Sie lächelte mich an und begrüßte mich kurz, was ich knapp erwiderte.

Der Professor nannte eine Seite im Buch, welche wir aufschlagen sollten und den beschriebenen Trank brauen sollten.

Trank der Lebenden Toten

Affodillwurzel
Wermut
Schlafbohnensaft
Baldrianwurzel

"Prüfungsrelevant", zischte Snape, als er an mir vorbeiging. Ich zerdrückte in diesem Moment die Schlafbohnen und gab ihren Saft in den Kessel.
"Professor? Was ist eigentlich alles prüfungsrelevant? Muss ich viele Dinge nachholen?", fragte ich Snape in einer zuckersüßen Tonlage.
Er knallte ein Pergament aus seinem Umhang vor mich.
"Entnehmen Sie alle Informationen von diesem Papier. Sie dürfen es behalten."
"Danke, Professor...", meinte ich leicht verwundert über das unnötig laute Knallen.
Das ganze Pergament war beschrieben. Es waren gefühlt tausende Dinge wichtig.

Nach der Zaubertrankstunde qualmte mir der Kopf. Ich wusste nicht, wie ich das alles jemals nachholen sollte.
Verzweifelt lief ich hoch zum Zauberkunst Raum und traf Serina auf halber Strecke.
"Wo warst du in der Nacht?", flüsterte sie mir zu.
"Remus", gab ich noch leiser zurück.
"Er hat dich nicht weggeschickt?"
"Können wir vielleicht nicht auf dem Flur darüber reden?", fragte ich, als wir uns durch eine Horde Erstklässler schlugen.
Sie nickte und sah mich an, als wollte sie sagen, wir reden beim Mittag darüber. Dann betraten wir das Klassenzimmer.

"Professor?" (Remus Lupin Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt