Die nächsten Tage und Wochen vergingen wie üblich. Der Herbst war nun beinahe vorbei und gelegentlich tanzten am Abend schon die Schneeflocken über die Dächer des Schlosses.
In den zusätzlichen Stunden mit Professor Lupin vertraute ich mich ihm immer mehr an, immer erfuhr er ein Stückchen mehr von mir und er war sehr verständnisvoll.
Seinen Satz, den er sagen wollte, als Snape hereinkam, hatte er nie beendet. Wir waren uns auch nicht mehr so nahe gewesen. Ich war schon ein wenig traurig darüber, nur war es noch schlimmer, dass gelegentlich der Unterricht und die Privatstunden ausfielen. Wenn ich ihn dann am nächsten Tag wiedersah, wirkte er noch fertiger und sein Gesicht war oft von neuen Kratzern übersät.Ich traute mich nicht, näher danach zu fragen, schließlich ging sein Privatleben mich auch nichts an. Obwohl ich natürlich gerne alles über ihn wüsste, immerhin war ich ja in ihn verliebt. Meine Schwester war auch Feuer und Flamme alles über ihn zu erfahren. Sie redete schon ständig etwas von 'Schwager', 'Hochzeit' und darüber, wie unsere Kinder wohl aussehen würden. Manchmal tat sie das am Tisch, bei einer der Mahlzeiten. Jedes Mal wurde ich rot wie eine Tomate und es war mir unendlich peinlich. Eigentlich war sie die einzige, die von meiner Zuneigung zu Lupin wusste. Eigentlich. Mittlerweile wusste es bestimmt halb Slytherin.
Heute war wieder Mittwoch. Ein verregneter, stürmischer Novembertag. Ich saß am Nachmittag in der Bibliothek und las zum tausendsten Mal 'die Märchen von Beedle dem Barden'. Dieses Buch mochte ich schon seit ich ein kleines Kind war. Und heute fühlte ich mich nicht nach einem dicken Buch über Drachen oder so etwas.
Eigentlich wollte ich nur die Zeit bis zur Stunde mit Lupin totschlagen.
Nicht mehr lang. Noch etwa eine Stunde bis ich mich auf den Weg machen konnte. Eine Stunde, die tatsächlich schnell verging.Wenig später wartete ich bereits vor dem Klassenzimmer für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Wie üblich stellte ich meine Tasche auf den Boden und ließ mich daneben nieder. Meist saß ich dort ungefähr sieben Minuten, bis Lupin eintraf. Heute allerdings durfte ich ganze zwanzig Minuten dort sitzen und mir den leeren Gang anschauen, bis mein Lehrer endlich um die Ecke hastete.
"Es tut mir wirklich leid, Amber, ich musste noch etwas Wichtiges mit Professor Snape besprechen", teilte er mir im Vorbeigehen mit und schloss magisch die Tür auf. Lächelnd stand ich auf und erwiderte:"Ist schon okay, Professor." Mit ein wenig Abstand folgte ich ihm in den Raum.
Nachdem ich mich gesetzt hatte und er die heiße Schokolade geholt hatte, setzte er sich mir gegenüber auf eine der Bänke. Vorsichtig umschloss ich mit meinen Händen die dampfende Tasse. Es war normal, dass ich Tee oder einen warmen Kakao bekam, aber heute war auf der üblichen Sahnekrone ein zusätzliches Stück Schokolade, welches mich schon ein wenig verwirrte. Es hatte die Form eines Herzens. Fragend sah ich den Professor an, dieser versuchte meinem Blick mit einem milden Lächeln zu entgehen.Wir redeten eine Weile, aber mir ging dieser Satz immer noch nicht aus dem Kopf.
"Amber, weißt Du, ich hätte dir die Zusatzstunden niemals angeboten, wenn ich-"
Immer und immer wieder hörte ich ihn in Gedanken diesen Satz sagen, ich wollte das Ende unbedingt wissen.
Untypisch für mich, nahm ich meinen Mut zusammen und fragte ihn mit ungewöhnlich sicherer Stimme: "Professor, ich weiß, das passt gerade absolut nicht zum Thema, und ich weiß, dass mich das bestimmt gar nichts angeht, aber... was wollten Sie damals sagen? Da als...", verlegen machte ich eine kurze Pause, atmete tief durch und begann mit hochrotem Kopf weiter zu reden, "als-Sie-mit-ihrem-Kopf-auf-meiner-Schulter-gelehnt-haben." Zwischen den letzten elf Worten holte ich keine Luft und murmelte diese abnormal schnell vor mich hin.
Er blickte auf, legte seinen Kopf auf einer Hand ab, hielt mit der anderen einen Löffel und rührte in seinem Kakao herum. Durch seine braunen Haare sah er mich freundlich an, gab mir aber keine Antwort. Ich war mir in diesem Moment sicher, dass ein leichter rosaner Schimmer auf seinen Wangen lag.
"Professor! Ich möchte eine Antwort von Ihnen!", rief ich nach einigen Augenblicken empört, senkte, erschrocken von mir selbst, sofort den Kopf und versteckte mich hinter meinen schwarzen Haaren.Lupin tastete unbeholfen nach meiner Hand, legte seine darauf. Sein Blick brannte auf meiner Haut, mein Magen drehte sich dreimal um sich selbst. "Amber... Ich hätte dir diese Stunden niemals angeboten, wenn ich nicht gesehen hätte, was für eine talentierte und liebenswerte Hexe du bist", sagte er sanft und fügte etwas leiser hinzu, "Außerdem bist du wirklich... wirklich wunderschön."
Mein Herz machte Freudensprünge. Der Lehrer, in den ich verliebt war, hatte mich gerade hübsch genannt.
"Ich darf nicht so denken... Ich bin dein Lehrer", flüsterte Lupin eher zu sich selbst, als zu mir.
"Danke...", sagte ich extrem schüchtern und kaum hörbar.
Noch eine Stufe leiser, sodass es für Lupin fast unmöglich war, es zu hören, fügte ich hinzu: "und ich sollte für einen Lehrer nicht solche Gefühle empfinden."
Normalerweise war es nicht meine Art, so etwas herauszuplaudern, ich weiß nicht, was in diesem Moment mit mir los war. Vermutlich haben die Glücksgefühle mein Gehirn überrannt, sodass es nicht mehr vernünftig arbeiten konnte. Ich hoffte auch, er hätte diesen Satz nicht gehört. Seinem Blick nach, war dem aber nicht so. Er hatte genau verstanden, was ich gesagt hatte.
So verwirrt und gleichzeitig glücklich hatte ich noch keinen Menschen vorher gesehen. Ich wollte gerade aufstehen, meine Tasche nehmen und vor dieser überaus peinlichen Situation wegrennen, aber der Professor schnappte sich meinen Arm, als ich zum Aufstehen ansetzte.
"Amber, bitte bleib..", meinte Lupin.
"Professor...", ich kämpfte mit den Tränen, aus Angst vor dem, was nun passieren könnte.Er kam zu mir, nahm mein Kinn hoch und sah mir in die Augen.
"Amber, ich fühle genau so. Es mag vielleicht falsch sein, aber manchmal ist der falsche Weg der richtige. In jedem Fall darf niemand anderes davon erfahren. Niemand. Niemals.", in seiner Stimme lag ein gespielt mahnender Unterton.
Ich versuchte zu nicken. Er sah mich lange an, als würde er überlegen, was er tun sollte.
Mein Körper verlagerte sein Gewicht nach hinten, erneut bereit zu gehen, Lupin jedoch, hielt mich schon wieder fest. "Professor?", fragte ich vorsichtig. "Remus", meinte er lächelnd und kam mit seinem Gesicht immer näher. Seine Stirn berührte ganz sanft meine eigene, während sein Arm sich um meine Taille legte.In meinem ganzen Körper breitete sich eine angenehme Wärme aus, in meinem Kopf drehte sich mal wieder alles. Jeder Gedanke wirbelte umher, aber das interessierte mich nicht. Der Moment war zu perfekt, um auf die Dinge in meinem Kopf zu achten.
Während ich meine Augen schloss, strich Remus mir eine Strähne hinters Ohr.
"Es ist schon spät, Amber, du solltest langsam zu Bett gehen. Wir sehen uns morgen", sagte er nach einiger Zeit leise. Ich wollte nicht gehen, aber nach einem Blick aus dem Fenster wusste ich, dass es schon spät war. Das Licht im gesamten Schloss war erloschen und es lag still in einem tiefen Schlaf.
Lupin bemerkte, dass ich bleiben wollte, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und meinte, wir könnten uns ja morgen nach dem Unterricht wieder treffen. Verlegen bejahte ich dies, wich langsam aus der Umarmung zurück und ging jetzt wirklich zur Tür. Ich drehte mich noch einmal um, Remus lächelte mich an und winkte mir zum Abschied.Wieder einmal kam ich viel zu spät beim Schlafsaal an, wurde voller Freude von meiner Schwester begrüßt und musste ihr schon wieder erzählen, was passierte. Sie flippte aus, wie ein kleines Kind an Weihnachten. Dann arbeitete sie an ihren Geschichten von der Zukunft von Remus und mir. Genervt und peinlich berührt zog ich mich um.
"Du darfst niemand anderem davon erzählen, hast du verstanden? Das könnte ihn seinen Job kosten!", zischte ich Serina zu, als ich ins Bett geschlüpft war.
"Jaja, ich hab es schon verstanden. Ich behalte es für mich", antwortete sie lachend und redete so lange weiter, bis ich nicht mehr antwortete. Selbst danach quasselte sie noch mindestens zwanzig Minuten, bis sie vor Erschöpfung mitten in einem Satz einschlief. Kurz danach wanderte auch ich ins Land der Träume, aber nicht, ohne vorher noch einmal an Lupin gedacht zu haben.
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"Professor?" (Remus Lupin Fanfiction)
FanfictionAmber Parker hatte ihr letztes Jahr in Hogwarts begonnen. Es kommt, wie es kommen musste: Sie verliebte sich in ihren neuen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste: Remus John Lupin. Die Rechte der Charaktere der Harry Potter Reihe liegen be...