Kapitel 22

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Mein Glück sollte nicht lange währen. Zwanzig Minuten nachdem ich mich an einem Tisch am Fenster setzte, traf ein ganzes Rudel Schüler ein. Nicht aber welche aus meiner Stufe, sondern Drittklässler. Grob geschätzt alle Drittklässler, die Hogwarts so zu bieten hatte.
Die drei jungen Gryffindors, Potter, Granger und Weasley, setzten sich zu mir an den Tisch, nachdem sie mein okay bekommen hatten. Sie waren das kleinste Übel und garantiert besser als Malfoy und seine Gang, die drei Meter weiter eine Hufflepuff aus deren Jahrgang ärgerten.
Hermine Granger drehte sich zu Potter.
"Harry tu doch was! Draco nervt schon wieder Hannah Abott..."
"Mine, mach es selber, Malfoy hat gehörigen Respekt vor dir, seit du ihm mitten ins Gesicht geschlagen hast", erwiderte der Junge mit der Blitznarbe.
Ronald Weasley konnte sein Kichern nicht zurückhalten und wurde rot vom Mangel an Sauerstoff.

Zugegebenermaßen fand ich die Vorstellung von Granger, die Malfoy eine aufs Maul gibt, ebenfalls ziemlich amüsant und lachte leise in mein Buch. Die drei schauten mich verwirrt an.
"Granger, ich muss sagen, dass ich richtig stolz auf dich bin. Du hast genau das getan, was schon längst überfällig war", sprach ich leise zu ihr und grinste.
"Dankeschön!", das Mädchen mit den buschigen Haaren lächelte wie ein Honigkuchenpferd. Potter und Weasley wirkten immernoch verwirrt, so als ob sie nicht fassen könnten, dass eine Slytherin genauso schlecht von Malfoy denkt, wie sie.

Ich widmete mich wieder meinem Buch. Anscheinend hatte Malfoy von dem Hufflepuff Mädchen abgelassen, denn die drei Personen neben mir, rührten sich nicht.
Es wurde ziemlich schnell Abend, ich
packte mein Buch ein und ging hinunter in die große Halle zum Essen. Serina saß bereits an unserem Stammplatz als ich zu ihr stieß. Dann tat ich mir eine Portion von einem Reisgericht mit verschiedenem Gemüse auf und begann zu essen.
"Willst du nicht langsam auch mal lernen?", fragte ich meine Schwester als ich etwa mit der Hälfte meines Essens fertig war.
"Mach ich gleich... du kennst mich doch", antwortete sie mit einem Augenzwinkern.
"Machst du heute noch was mit Remus?", fügte sie leise hinzu und beugte sich ein Stück zu mir, damit niemand es hörte.
Fragend sah ich zum Lehrertisch und traf sofort seine vertrauten, grünen Augen.
"Denke eher nicht. Aber morgen nach der Prüfung bestimmt..", verträumt sah ich ihm noch einen Moment in die Augen, bevor ich mich wieder meinem Teller zuwandte und diesen auf aß.

Der große Tag der ersten Abschlussprüfung war angebrochen. Alle Schüler von Hogwarts wirkten nervös, die Siebtklässler besonders. Auch mir ging es nicht sonderlich gut, trotz meiner Vorbereitung hatte ich das Gefühl, ich würde versagen. Wir saßen am Frühstückstisch, als Remus hereinkam, um auch zu essen. Er ging an uns vorbei und wünschte uns Glück. Wobei er mich mit einem vielsagenden Lächeln ansah, was bedeutete, dass ich kein Glück bräuchte, sondern alles mit purem Können und Wissen bestehen würde.

Nach dem Frühstück wurden alle heraus geschickt. Die unteren Stufen wurden in anderen Räumen untergebracht, während wir nach kurzem Warten wieder in die große Halle durften. Snape und McGonagall wiesen uns unsere Tische zu und ließen uns die Aufgabenblätter zufliegen. Wir hatten vier Stunden Zeit, um alle Fragen zu beantworten, dann hätten wir eine Stunde Pause, bevor wir zum dreißig minütigen Praxisteil übergehen würden.
Ich schnappte mir meine Feder und erledigte die Aufgabenstellungen nacheinander, ohne große Mühen.

Dreieinhalb Stunden später rauchte mir der Kopf, aber ich war fertig mit allem. Snape wehte herüber, sammelte die Zettel ein und überreichte sie Professor McGonagall. Nun musste ich mich eine halbe Stunde lang still beschäftigen.
Vorsichtig blickte ich nach links zu Serina, welche ungefähr zwei Meter neben mir saß. Sie musste nur noch drei Fragen beantworten, wirkte aber so, als ob sie festhing.

Jetzt war endlich die Praxis dran, die ich tatsächlich besser meisterte, als gedacht. Abgesehen von einem Fehler. Am Nachmittag war der erste Prüfungstag vorbei, zum Glück. Zielstrebig lief ich zu Remus' Büro und klopfte an.
"Herein?", hörte ich seine gedämpfte Stimme durch die Tür und öffnete sie.
Remus strahlte, als er in mein Gesicht sah, ich schloss die Tür hinter mir und lief auf ihn zu. Wir umarmten uns zur Begrüßung und er gab mir einen sanften Kuss auf den Kopf.
Dann erkundigte er sich, wie meine erste Prüfung gelaufen sei. Ich erzählte ihm alles im Detail. Seine Miene wurde zufrieden und es sah aus, als sei er sogar stolz auf mich.

Lächelnd erhob Remus seinen Zauberstab  und augenblicklich flogen zwei Gläser und eine Flasche Feuerwhisky auf uns zu. Wir setzten uns auf sein Sofa und die Flasche füllte von allein beide Gläser, die danach in unsere Hände flogen. "Auf weitere erfolgreiche Prüfungen", wir stießen an und nahmen gleichzeitig einen Schluck. Das Getränk brannte in meiner Kehle, als es diese hinunter floss.
Ein paar Stunden später hatten wir beinahe die ganze Flasche geleert.
Ich weiß nicht mehr, was danach passierte, anscheinend sind wir beide wohl irgendwann auf seinem Sofa eingeschlafen, Arm in Arm.

Die aufgehende Sonne kitzelte an meiner Nase. Ich schreckte beinahe auf, aus Angst meine nächste Prüfung verschlafen zu haben. Die Uhr an der Wand verriet mir, dass es erst 6:30 Uhr war. Mein Kopf brummte und benommen sah ich mich weiter um. Remus lag noch immer auf dem Sofa, nur in Unterwäsche. Seine restliche Kleidung lag auf dem Boden, nicht weit entfernt. Offensichtlich lagen auch meine Klamotten dort. Vorsichtig stand ich auf und wollte mich anziehen.
Ich war gerade dabei, mein Oberteil anzuziehen, als Remus hörbar gähnte und sich streckte.
"Guten Morgen, meine Kleine", verschlafen sah er mich an und doch hatte er ein Grinsen im Gesicht, welches ich absolut nicht einordnen konnte.

Wenige Augenblicke später waren wir beide fertig angezogen und verließen den Raum mit ein wenig Abstand, um zur großen Halle zu gehen. Mein Kopf fühlte sich an, als würde er platzen. Ich sollte die Finger vom Alkohol lassen, anscheinend war ich nicht trinkfest.
"Wo warst du schon wieder?", fragte Serina empört, nachdem ich mich wie immer neben sie setzte. Noch bevor ich eine Antwort geben konnte, starrte sie entsetzt auf meinen Hals, regte sich einige Sekunden nicht und kam dann ganz nah an mich heran.
"Das solltest du verstecken, Amber.. Der ist ziemlich heftig", ein kleines Kichern konnte sie sich nicht verkneifen. Verständnislos sah ich sie an.
"Du hast einen echt bösen Knutschfleck...", flüsterte sie und kam noch näher.

Panisch verdeckte ich die Stelle, die sie anstarrte, mit meinen Haaren und verschwand auf das nächst Beste Mädchenklo, um mich im Spiegel zu sehen. Auf meiner rechten Halsseite thronte ein gigantischer, rot-violetter Fleck. Ich holte meinen Zauberstab hervor, zum Glück kannte ich einen Zauber, der so etwas für mehrere Stunden verschwinden lässt.
Zufrieden betrachtete ich mein Werk. Nur noch ein feiner, roter Schleier war an dieser Stelle zu sehen.

Später am Tag absolvierte ich meine nächste Prüfung in Kräuterkunde.
In den nächsten Tagen folgten die restlichen. In dieser Zeit sah ich Remus beinahe gar nicht, ich war zu sehr mit lernen beschäftigt. Wenn wir uns mal privat sahen, war das nur recht kurz.
Der Fleck an meinem Hals war nun so gut wie abgeheilt, passend zum Ende meiner Prüfungen.

"Professor?" (Remus Lupin Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt