Kapitel 5

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Gestern Abend war ich auch erst weit nach dem Abendessen wieder im Kerker angekommen. Bloß hatte mich diesmal niemand erwischt. Heute morgen weckte mich meine Schwester in aller frühe.
"Amber! Du musst mir alles erzählen, was gestern zwischen dir und Lupin war!", rief sie, nachdem sie mich einigermaßen wach bekommen hatte.
Gähnend streckte ich mich und begann zu erzählen. Kurz bevor ich an der Stelle war, wo mir klar wurde, dass ich in ihn verliebt war, machte ich eine Pause. Als ich es ihr dann gesagt hatte, sah sie mich ungläubig an.
"Aber...", ich atmete tief durch,"wir müssen uns jetzt fertig machen für den Unterricht. In den ersten Stunden haben wir Zauberkunst."
Serina wackelte mit den Augenbrauen:"Danach haben wir zwei Stunden Verwandlungen und dann haben wir bei deinem Auserwählten Unterricht." Bei dem vorletzten Wort wurde ich rot wie eine Tomate, stand wortlos auf und machte mich, wie jeden Morgen, fertig.

Nach dem Frühstück gingen Serina und ich zusammen zum Zauberkunstunterricht bei Professor Flitwick.
Wie immer war er bei seinem Unterricht freundlich und der Stoff fiel mir sehr leicht. Anders war das bei Verwandlungen. Das Fach wurde von Professor Mcgonagall unterrichtet, der Hauslehrerin Gryffindors. Sie war bei der Sache das kleinere Problem. Verwandlungen an sich lag mir einfach nicht, ein kleiner Fehler schlich sich bei den Aufgaben immer ein. Vor ein paar Jahren sollten wir eine Ratte in einen Bierkrug verwandeln, mein Bierkrug hatte einen Henkel, der aus dem Rattenschwanz bestand.
Nachdem ich auch diesen Unterricht hinter mich gebracht hatte, gingen meine Schwester und ich zum nächsten Klassenzimmer. Auf dem Weg dorthin wurde mir wieder flau im Magen. Ein wenig hasste ich mich bereits für meine neuen Gefühle. Serina warf mir einen viel sagenden Blick zu, während wir eintraten. Wir waren beinahe die letzten, die diesem Raum betraten, nur unser Lehrer kam noch nach uns. Mit einem freundlichen 'Guten Morgen' begrüßte er die Klasse. Er erzählte ein wenig über einen stärkeren Schutzzauber, den er uns in den nächsten Stunden beibringen wollte.  Davon bekam ich allerdings wenig mit, ich starrte die ganze Stunde verträumt irgendwo hin. Erst, als Lupin direkt vor meiner Nase stand und mich ansprach, wurde ich wieder wach.
"Miss Parker, haben Sie bereits einen Partner für diese Übung?"
Hilfesuchend sah ich zu Serina, die sich mit einem anderen Slytherin Mädchen zusammen getan hatte.
"Nein, habe ich nicht..", antwortete ich verlegen und sah zu Boden.
"Nun, da wir eine ungerade Schüleranzahl haben, müssen Sie wohl mit mir diesen Zauber üben. Haben Sie wenigstens die Formel mitbekommen?", in seiner Stimme lag eine gewisse Strenge. Beschämt schüttelte ich meinen Kopf und wurde augenblicklich rot.
"Okay gut. Die Formel für diesen Spruch lautet: 'Protego horribilis', alles klar?", seufzte Lupin.
Ich hob meinen Zauberstab und nickte.
"Gut. Ich werde nun einen kleinen Entwaffnungszauber auf Sie richten.  'Protego horribilis' schützt Sie vor Schwarz-magischen Angriffen, aber ich kann schlecht einen Fluch auf meine Schüler werfen. Bereit?", in seinem Gesicht wurde wieder ein Lächeln deutlich.
"Bereit."
"Expelliarmus!", rief er.
"Protego horribilis!", erwiderte ich sofort und der Zauber prallte an einem magischen Zelt ab.
"Sehr schön, Miss Parker", lobte er mich und beendete kurz danach die Stunde. Nach seinem Lob war ich unfassbar aus dem Konzept gebracht. Mein Kopf machte das alles schlimmer, als es ist.
Als meine Schwester in der Tür stand, sagte Professor Lupin an mich gerichtet:"Miss Parker, ich würde gerne noch mit Ihnen reden. Sie haben doch keinen Unterricht mehr?"
Ich blickte zur Tür, die gerade ins Schloss fiel. " Nein, ich habe keinen Unterricht mehr", meinte ich verwundert. Was er wohl wieder von mir wollte? Er kam ziemlich nah an mich heran und jetzt wurde mir bewusst, dass er tatsächlich einen ganzen Kopf größer war als ich. Seine Narben kamen mir nun noch tiefer vor, als die Tage vorher. Mit seinen Augen sah er mich eindringlich an, und ich wusste, dass ich auf die kommende Frage mit der Wahrheit antworten sollte.
"Amber, was ist heute mit dir los? Mir ist aufgefallen, dass du heute nicht bei dir warst."
"P-professor... Ich... naja..", ich machte eine Pause und fasste mir verlegen mit der Hand an den Hinterkopf, " Ich weiß es auch nicht."
Lüge. Und ich war schlecht im Lügen. Eine gefühlte Ewigkeit starrte er durch mich hindurch. Hoffend stand ich da, versuchte ihn nicht anzusehen. Ich spürte das Blut in mein Gesicht schießen, als Lupin seine Hand auf meine Schulter legte.
Er kam mit dem Gesicht ziemlich nah an mich heran, flüsterte mir ins Ohr, wobei ich seinen Atem genau spüren konnte. "Ich weiß genau, dass es einen Grund gibt. Und ich weiß auch genau, dass du diesen Grund kennst."

In Gedanken gab ich ein schnippisches ' Was wissen Sie schon über mich?' zurück. Nach Außen bekam ich jedoch kein Wort hervor.
War er ein Legilimentor? Oder war ich einfach wirklich so unfassbar schlecht im Lügen, dass es jeder sofort rausfand?
"Professor, ich weiß es wirklich nicht", sagte ich und versuchte dem Satz einen gewissen Druck zu verleihen. Vergeblich. Es klang wohl eher wie eine Frage, sehr unsicher und eine Oktave zu hoch, um glaubwürdig zu wirken.
Lupin begann einfach zu lächeln.
Sein Lächeln verwirrte mich, noch verwirrender war jedoch, wie er halb um mich herum ging, sodass er hinter mir stand. Er nahm meine Hände in seine eigenen. Mein Herz setzte aus.
Dieser Moment sollte nie enden. Das war das erste Mal, dass mir eine Person so nahe war. Sonst war ich immer sehr zurückgezogen und auch jetzt wollte ich, obwohl es mir gefiel, eigentlich im Erdboden versinken. Es war falsch, fühlte sich aber so richtig an, wie nichts anderes.
Irgendwann legte Professor Lupin seinen Kopf auf meine Schulter, sein Atem traf regelmäßig und angenehm warm auf meinen Hals.
"Amber, weißt Du, ich hätte dir die Zusatzstunden niemals angeboten, wenn ich-", er wurde von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. Sofort wandte er sich von mir ab.
"Es ist besser wenn du jetzt gehst", meinte er und die Tür ging auf. Ich packte meine Tasche und verließ den Raum. Ich hörte nur noch die kühle Stimme von Snape: "Hier, dein Trank, Remus."
Kurz darauf vernahm ich leiser die warme Stimme von Lupin: "Vielen Dank, Severus."
Dann folgten mir Schritte, die offensichtlich meinem Hauslehrer gehörten.
Ich hasste mich. Dafür, dass ich das zugelassen habe. Dafür, dass ich die ganze Zeit darüber nachdenken musste, wie der Satz wohl enden sollte. Als ich um eine Ecke gebogen war und die Schritte Snapes entfernt in einem anderen Korridor hallten, ließ ich mich an einer Wand sinken.
"Verdammt!", rief ich und Tränen rannten meine Wangen herab.
"Amber, man, weinen bringt auch nichts!", schluchzte ich zu mir selbst.
Ich war schon wieder unfassbar verwirrt, emotional verwirrt. Ich war in meinen Lehrer verliebt, er kam mir auch näher, als ein Lehrer normalerweise einem Schüler kommen würde, und ich wusste überhaupt nicht, wie mir geschah. Aus dem Konzept konnte man mich offensichtlich leicht bringen.

Nach einigen Minuten stand ich seufzend auf und ging zu den Schlafsälen. Ganz alleine. Niemand war in den Fluren von Hogwarts. Auch der Gemeinschaftsraum war ziemlich leer. Hier und da saß mal ein anderer Slytherin auf einem Sessel, aber viel los war nicht.
Erschöpft fiel ich ins Bett. Mein Blick starr nach oben, irgendwann hörte ich nur noch meine Schwester ins Zimmer schleichen. Dann schlief ich ein.

"Professor?" (Remus Lupin Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt