Kapitel 7

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Am nächsten Tag konnte ich dem Unterricht nur schwer folgen, ständig musste ich an gestern Abend und an Lupin denken. Eigentlich sollte ich aber aufpassen, da dieses Jahr meine Abschlussarbeiten anstanden.
Ich beschloss, den Stoff einfach nach den Unterrichtszeiten in der Bibliothek zu wiederholen, ohne nervige Mitschüler oder Lehrer, die mich ablenken konnten. Gesagt, getan: Nach dem Unterricht lief ich hoch, um meine Nase in die Bücher zu stecken. Ich wollte mein Jahr mit den best möglichen Noten abschließen, sonst könnte ich meinen Traum, Lehrer zu sein, vergessen. Ich vergaß sogar meine Verabredung mit Remus.

Nachdem ich wirklich Stunden in der Bücherei verbrachte und die Dämmerung langsam anbrach, wollte ich noch einmal heraus gehen und die frische Luft genießen. Als ich ein Stück auf dem Schulgelände herum gelaufen war, wurde es auf einmal viel kälter. Ein Wetterumschwung konnte es unmöglich sein, so unmenschlich kalt wurde es nicht von einer Sekunde auf die andere.
Unruhig sah ich mich um, bis ich vor mir eine große, schwarze Gestalt sah. Ihr Körper bestand scheinbar nur aus mitgenommenen Stofffetzen, das Gesicht aus einer Mischung von Kapuze und kaputtem Kartoffelsack verdeckt. Ohne Zweifel ging von diesem Ding diese plötzliche Kälte aus. Es starrte mich einfach an, und während es dies tat, fühlte ich mich, als würden die letzten, kleinen glücklichen Erinnerungen und Gedanken aus mir herausgezogen werden. Meine Sicht verschwamm immer mehr und ich wurde immer wackeliger auf den Beinen. Dann spürte ich mich auf den Boden fallen, vernahm einen Schatten, der sich über mich beugte.
Plötzlich schrie eine vertraute Stimme:"Expecto Patronum!" und der Schatten wurde von einem gleißenden Licht vertrieben.
An das, was danach passierte, erinnerte ich mich nicht mehr.

Als ich meine Augen aufschlug, erblickte ich zuerst die helle Decke des Krankenflügels. Offensichtlich lag ich in einem der Betten dort, auf dem Nachttisch standen eine Packung 'Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung', ein paar Schokofrösche und einige Schokoriegel. Wie lange lag ich schon hier? Wer hatte mich angegriffen?
Mir schwirrten so viele Fragen durch den Kopf. In genau diesem Moment wuselte Madam Pomfrey an meinem Bett entlang.
"Oh Miss Parker! Sie sind wach", stellte sie lächelnd fest und beeilte sich, ein belegtes Brötchen für mich zu holen.
"Danke, Madam Pomfrey", sagte ich und fügte danach hinzu, " Wie lange liege ich schon hier?"
"Professor Lupin hat Sie gestern am späten Abend hier hingebracht."
"Professor Lupin..? Was ist eigentlich mit mir passiert?", fragte ich verwundert.
"Der Professor meinte, Sie wären von einem Dementor angegriffen worden. Schreckliche Biester. Die Schokolade ist übrigens von Lupin. Die Bohnen hat Ihre Schwester heute morgen vorbei gebracht", antwortete die Schulheilerin freundlich.

Eigentlich hatte ich noch mehr Fragen, aber diese würde mir Remus wohl besser beantworten können, also bedankte ich mich erneut bei Madam Pomfrey und fragte, wann ich denn gehen dürfe.
"Wenn es Ihnen wirklich gut geht, kann ich Sie gegen Mittag entlassen", meinte sie und lief zurück in ihr Büro.
Ich sah durch ein Fenster auf den Schulhof. Dort standen schon ziemlich viele Schüler, unter anderem eine große Gruppe von Drittklässlern, die sich offenbar auf den Weg nach Hogsmeade machen wollten. Es war also Samstag.

Seufzend nahm ich mir einen Schokofrosch und öffnete die Packung. Der Frosch versuchte wegzuhüpfen, landete aber geradewegs in meiner Hand und wurde auch sofort gegessen. Dann sah ich mir die Sammelkarte an. Es war die des Koboldmörders Yardley Platt.
So saß ich den gesamten Vormittag da, sah immer wieder aus dem Fenster und aß einige meiner Süßigkeiten. Nur Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung rührte ich nicht an. Ich wusste genau, dass Serina sie mit mir zusammen essen wollte.
Irgendwann war es endlich Mittag geworden und Madam Pomfrey ließ mich gehen. Nachdem ich meine restlichen Süßigkeiten im Schlafsaal abgeladen hatte, machte ich mich auf den Weg zum Mittagessen. In der großen Halle saßen nur die Erst- und Zweitklässler und wenige Schüler der anderen Jahrgänge, die entweder im Schloss bleiben mussten oder schlicht und einfach nicht nach Hogsmeade wollten. Am Slytherin Tisch saß, zu meiner Verwunderung, auch meine Schwester.
"Hey Serina!", begrüßte ich sie und nahm sie von hinten in den Arm.
"Amber! Ich hab mir voll Sorgen um dich gemacht!", rief sie, drehte sich im Sitzen in meinen Armen um und legte ihre ebenfalls um mich.
Danach setzte ich mich neben sie und wir aßen etwas. Währenddessen erzählte ich ihr, was ich über den Vorfall wusste, denn sie war ziemlich ahnungslos. Außerdem sagte ich, dass ich gleich noch Remus fragen würde, wie er mich gefunden hat und wieso der Dementor mich angegriffen hatte.
Sie sah ziemlich besorgt aus, hielt es aber für eine gute Idee, Lupin zu fragen.

Wenig später war ich unterwegs zu Lupins Büro. Auf dem Weg dorthin lief ich ihm schon in die Arme.
"Amber! Dir geht es hoffentlich gut oder?", rief er mir fröhlich zu, als er mich sah. Ich ging näher zu ihm und sagte ziemlich leise:"Remus, können wir bitte in dein Büro gehen? Ich würde mich gerne mit dir unterhalten, und... das nicht so gern auf dem Flur."
Fragend sah er mich an, wandte sich aber direkt Richtung Büro. Als wir in dem kleinen Raum standen, fragte ich sofort, woher er wusste, wo ich bin.
"Du bist nach dem Unterricht nicht zu mir gekommen, obwohl wir das gestern Abend abgemacht haben. Ich war ziemlich besorgt, habe aber eine Zeit lang gewartet, so lange bis es dunkel war. Dann hielt ich es nicht mehr aus und ich habe nach dir gesucht. Nachdem ich in der großen Halle geschaut habe, bin ich raus gegangen und dann sah ich dich da auf dem Boden liegen, den Dementoren über dich gebeugt... Ich bin gerade rechtzeitig gekommen, wenige Augenblicke später und du würdest hier nicht mehr stehen", nach dem letzten Satz senkte er traurig den Kopf und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
"Wieso hat dieser Dementor mich angegriffen?", fragte ich leicht verzweifelt.
"Ich weiß es nicht, Amber. Manchmal brauchen sie keinen Grund, um jemanden anzugreifen. Als ich Dumbledore von dem Vorfall erzählt habe, war er ziemlich wütend auf die Dementoren und das Ministerium. So wütend wird er sonst nie."

Nach einer kurzen Stille fragte ich Lupin, ob er mir den Zauber beibringen könnte, den er gegen den Dementoren eingesetzt hatte.
"Oh Amber.. der Patronus-Zauber ist extrem schwierig, aber ich denke, das könnte klappen", meinte er lächelnd und erklärte mir sofort, was ich tun müsste und wir fingen mit dem Üben an.  Dann stellte er sich hinter mich, nahm meine Hand, in der mein Zauberstab war und flüsterte mir ins Ohr:"Du musst dich jetzt auf eine sehr glückliche Erinnerung konzentrieren. Versuch' sie ganz klar vor Augen zu haben. Du darfst sie nicht verlieren, während du den Zauber wirkst. Wenn du denkst, du hast sie Stark genug in Gedanken, dann sag die Formel."

In meinem Kopf hatte ich ein ganz klares Bild. Mein bisher glücklichster Moment, der Moment, wo er mich auf die Stirn küsste.
Entschlossen rief ich:"Expecto Patronum!"
Ein bläuliches Licht erfüllte den Raum. Aus der Spitze meines Zauberstabes kam ein heller Faden.
"Sehr gut, Amber. Mit ein bisschen Übung bringst du bald einen richtigen, gestaltlichen Patronus zustande.", grinste Remus mich an.
Wir setzten uns und redeten wieder eine Weile miteinander, und Lupin hielt dabei die ganze Zeit meine Hand fest. Für Morgen hatten wir einen gemeinsamen Besuch in Hogsmeade geplant, er wollte mich unbedingt auf ein Butterbier einladen.

"Professor?" (Remus Lupin Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt