Remus stand vor einem großen, ausgebreiteten Pergament.
"Was ist das?", fragte ich ihn, als ich neben ihm stand.
"Du erinnerst dich noch an das, was ich von meiner Schulzeit erzählt habe, oder?"
Ich nickte.
"Das ist die Karte des Rumtreibers. Harry Potter hat sie gestern Abend fast an Snape verloren, der sie aber mir weitergegeben hat."
Fasziniert starrte ich auf die sich bewegenden Fußspuren. In einem der Jungenschlafsäle im Gryffindorturm entdeckte ich einen Namen, der dort nicht hingehörte."Peter Pettigrew. Sollte er nicht tot sein? Ein Finger von ihm übrig?", fragte ich und sah Remus an.
"Genau deswegen wollte ich so spät noch mit dir reden. Peter Pettigrew würde nicht auf dieser Karte zu sehen sein, wäre er tot", antwortete er in einem Ton, der eine leichte Aggression in sich trug.
"Dieser Feigling lebt seit ganzen zwölf Jahren wohl in seiner Animagusgestalt. Er ist eine lächerliche kleine Ratte. Passt zu ihm. Ein Mitläufer war er. Feige", Remus ballte seine Hände zu Fäusten.
"Bitte beruhige dich", sanft griff ich nach seinem Arm, welcher sich nur schwer entspannte.
"Sirius muss wirklich unschuldig sein. Zwölf Jahre ohne Grund in Askaban gesessen... ich muss ihn finden!"
"Remus, du kannst doch jetzt nicht einfach losgehen und ihn suchen. Das Ministerium wird irgendwann noch denken, du willst ihm helfen. Und ich möchte unter gar keinen Umständen, dass du nach Askaban gebracht wirst!", verzweifelt versuchte ich ihn umzustimmen. Er sah mich an. Die Hände noch immer zu Fäusten geformt. Tränen bildeten sich in seinen Augen. Ich nahm ihn in den Arm."James... tot. Sirius aus Askaban geflohen und nun gesuchter Schwerverbrecher... Peter ein totgeglaubter, feiger Verräter... Remus, das ist alles unfassbar schrecklich, aber ich bin mir sicher, dass Wut und Hass nicht helfen werden..."
Hastig fügte ich hinzu: "Sirius wird sich sicherlich auch rächen wollen... Bestimmt werden wir ihn irgendwann auf der Karte entdecken."
"Du hast Recht...", schluchzte Lupin und löste sich von mir. Mir fielen erst jetzt die frischen Wunden an seinem Hals auf. Besorgt sah ich ihn an.
Lächelnd scherzte er: "Sich Sorgen zu machen ist meine Aufgabe."
Er ging unruhig auf und ab, starrte auf die Karte, als erwartete er jeden Moment Sirius' Namen auf dem Pergament.Irgendwann sah er wieder zu mir auf und wir entschieden uns, wieder ins Schloss zu gehen. Ich überlegte, ob ich ihm von diesen merkwürdigen Schmerzen erzählen sollte. Auf halbem Wege tat ich es.
"Hört sich beinahe nach einer abgeschwächten Verwandlung an, aber du sagtest, nichts wäre verändert gewesen?"
Ich nickte. Remus machte ein nachdenkliches Gesicht und bot mir an, morgen früh mit mir in den Krankenflügel zu Madam Pomfrey zu gehen. Er war der Meinung, sie solle sich vergewissern, dass alles in Ordnung mit mir ist.
Wir kamen im Schloss an. Die Gänge wie ausgestorben.
Remus bestand darauf, mich direkt vor dem Gemeinschaftsraum abzusetzen, damit ich keinen Ärger bekomme. Gerade als wir in den Kerkern ankamen, lief uns Malfoy mit Crabbe und Goyle entgegen.
"Wohin geht es denn, die Herren?", fragte Lupin gelassen.
Die drei sahen ihn mit großen Augen an, schienen mich gar nicht zu bemerken.
Malfoy stammelte irgendwas vor sich hin.
"Ihr drei. Nachsitzen. Morgen um vier. Seid pünktlich, oder ihr bekommt doch noch Hauspunkte abgezogen", Remus sah sie von oben herab streng an. Sie nickten und drehten wieder um. Dabei starrte Crabbe mich verdutzt an.Nachdem ich mich von Remus verabschiedete, natürlich nicht ohne ihn anzumeckern, weil er seinen Nachmittag morgen mit anderen verschwenden wollte, ging ich in den Gemeinschaftsraum. Malfoy saß wie ein Gebieter auf einem Sessel, Crabbe und Goyle gegenüber auf einem Sofa.
"Oho Parker, haben wir wieder einen Spaziergang durchs Mondlicht mit Lupin gemacht?", fragte Malfoy selbstsicher.
"Nein, ich habe mir bei Professor Lupin auch nachsitzen eingehandelt und er hat mich nur zurück hierhin begleitet", bei meiner Antwort legte ich besondere Betonung auf das Wort 'Professor'.
Alle drei guckten dumm. Ich streckte meine Nase hoch und ging in mein Bett.Die nächsten Tage gingen vorüber und waren nicht weiter spannend. Die erste April Woche war nun geschafft und die Prüfungen rückten immer näher.
Remus und ich sahen uns eher selten, da ich ständig in der Bücherei für die Prüfungen lernte. Heute war Samstag. Ein wunderschöner, sonniger Morgen, den ich, wie immer, in der Bücherei verbrachte. Ich las gerade etwas über unverzeihliche Flüche, als die Tür knarrend aufging. Serina kam auf mich zu.
"Malfoy erzählt in der großen Halle Gerüchte über dich und Remus...", erzählte sie völlig außer Atem.
Ungläubig starrte ich sie an.
"Wie viele haben sie gehört? Weiß Remus schon darüber Bescheid?", mein Herz raste. Vor Angst um Remus und mich und vor Wut über Malfoy.
"Ich weiß es nicht... Aber McGonagall hat ihn schon mit in ihr Büro genommen... Trotzdem solltest du mit Remus darüber reden..."
Ich stand auf und packte meine Sachen so schnell ich konnte ein. Die Gedanken in meinem Kopf wirbelten wild umher. Wie wird Remus wohl damit umgehen?
Den Weg zu seinem Büro rannte ich durch. Atemlos stand ich in der Tür.
"Wir müssen reden!", keuchte ich.
"Ich weiß", erwiderte er nur.
Bevor ich etwas sagen konnte, fing er wieder an zu reden.
"Diese Gerüchte werden sich rasend schnell ausbreiten. Keiner will, dass sein Kind von jemandem unterrichtet wird, der mit einer Schülerin rummacht", er machte eine Pause und schluckte. Seine Miene verhärtete sich, so als ob er seine Gefühle zurückhalten würde. "Amber. Wir müssen das beenden, bevor Leute denken, dass an den Gerüchten was dran ist.... wir müssen uns voneinander fernhalten."Abwesend starrte ich ihn an. Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, was gerade passierte. Etwas in mir zerbrach mit einem lauten, schmerzhaften Knacken. Leere breitete sich aus. Wortlos drehte ich mich um und rannte aus dem Raum. Die Tür fiel hinter mir zu und ich brach augenblicklich in Tränen aus. In diesem Moment dachte ich an gar nichts. Ich rannte einfach nur unter Tränen durchs Schloss. Meine Sicht war ganz verschwommen als ich aus dem großen Eichenportal trat. Die Sonne brannte auf meiner Haut. Kopflos rannte ich weiter. Irgendwie gelang ich in den verbotenen Wald, wo ich an einem Baum laut schluchzend zusammenbrach.
Mein Brustkorb fühlte sich an, als würde er gleich zerreißen. Die Tränen hatten mein ganzes Gesicht bereits durchnässt und auch der Kragen meiner Bluse war nicht mehr trocken. Es fühlte sich an, als hätte jemand den Cruciatus auf mich gelegt.
Ich wollte weg. Ich fühlte mich krank und schwach.
"Du bist so eine erbärmliche Heulsuse!", lachte eine Stimme in mir.
"Sei leise!", rief ich und wurde dabei fast von meinen Tränen erstickt. Die Stimme lachte weiter.Bitte, bitte lass mich jetzt einfach aufwachen. Es geschah nichts. All der Schmerz und die Durcheinander geworfenen Gefühle waren noch da. Das hier war kein schlechter Traum. Das war die Realität. Ein paar dumme Worte von einem dummen Drittklässler und alles in mir zerbrach.
Wieso ich? Wieso nicht irgendjemand anderes?
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"Professor?" (Remus Lupin Fanfiction)
FanfictionAmber Parker hatte ihr letztes Jahr in Hogwarts begonnen. Es kommt, wie es kommen musste: Sie verliebte sich in ihren neuen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste: Remus John Lupin. Die Rechte der Charaktere der Harry Potter Reihe liegen be...