12. Halluzination

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Kol

An einem Ort wie diesen, würde man wohl an erster Stelle daran vergehen, vor Langeweile zu sterben. Die wahre Folter war es wirklich einfach nur überhaupt nichts zu tun zu haben, nur herumzusitzen, abzuwarten und zu hoffen, dass irgendwer mal da sein würde, dass irgendwas interessanteres geschah, doch leider kam ich verflucht selten aus dieser Zelle heraus und Cassy war nicht annähernd so oft hier, wie ich es gern hätte. Es würde mich eigentlich gar nicht wundern, wenn jeder Einzelne hier drinnen nur deswegen verrückt geworden ist, weil er eben eingesperrt wurde. Wie sollte man auch eine bessere Person werden, wenn man verrückt wird? Es war absurd, doch dieser Hexenzirkel schien von wenig eine Ahnung zu haben, dachten sie müssten die Welt retten, doch selbst waren sie kein Stück besser, als der Rest hier drinnen. Ich wusste nicht so recht, ob sie die Vergangenheit dieses Hauses kannten oder nicht, ob sie einfach so taten, als wäre hier drinnen nie etwas geschehen, als wäre dieses Haus nicht Schauplatz eines Massakers gewesen, als wären hier drinnen mehr Leute gestorben, als je geholfen werden konnte, oder ob wirklich einfach nur ahnungslose Idioten allesamt waren, doch in Black Rose hatte man vor einer sehr langen Zeit sicher nicht nur versucht anderen zu 'helfen'.

Frustriert legte ich mich auf mein Bett, starrte die modrige Zimmerdecke über mir einfach nur an und wartete darauf, dass sich etwas tun würde. Heute wäre die Sonnenwende, das Fest lief gerade eben schon dort draußen auf dem Friedhof und zu diesem Anlass würden die Banne in diesem Haus verfliegen und ich würde ein für allemal von hier weg kommen, würde fliehen, meine Rache planen und nur wiederkommen, um jeden hier drinnen zu töten, abgesehen von Cassy. Keine Ahnung, was dieses Mädchen mit mir angestellt hatte, doch ich würde ihr kein Haar krümmen können, auch wenn sie die Tochter der Leiter war. Sie war jedoch nicht einmal mehr wirklich eine Hexe, keine Bedrohung und außerdem hatte sie diesen Ort hier erträglicher für mich gestaltet, war netter zu mir gewesen, als ich es eigentlich verdient hätte und sie war eben nicht wirklich ein Teil dieser Gemeinde. Sie wurde wie eine Ausgestoßene behandelt und es war ein verlockender Gedanke sie eher für mich zu gewinnen, als sie zu töten, sie dazu zu bringen, sich mit mir gegen ihren Zirkel zu stellen, doch ich verwarf diesen Gedanken wieder, schließlich wäre sie zu loyal diesen Leuten gegenüber. Sie war zu nett, zu gut und es war eine Schwachstelle, dennoch glaubte ich daran, dass sie stärker sein könnte, als sie es überhaupt ahnte. Ihre Kraft war ja nicht einfach fort, sie war lediglich von ihr selbst unterdrückt worden und würde sie erst einmal nach Jahren des zwanghaften Unterdrücken diese herauslassen, sie wäre stark, da war ich mir sicher, sie stammte von mächtigen Hexen ab, sie könnte Großes bewirken und ich könnte ihr vieles beibringen. Vergnügt lächelte ich von diesen kleinen Gedanken, schüttelte den Kopf leicht, schließlich ging es gerade um Wichtigeres, als der kleinen Hexe, ich müsste ja erst einmal von hier weg. Deswegen stand ich wieder auf, lief zu dem winzigen, vergitterten Fenster und sah in der Ferne die Lichter des Festes, hörte die Musik, das Gelächter von dort und wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit wäre, bis es so weit wäre, bis ich gehen könnte. Wäre ich erst einmal frei, dann würden diese Hexen alles noch bereuen, dann würde ihnen die fröhliche Stimmung noch vergehen, dann würde ich sie schreien und flehen lassen, würde dieses Haus ein für allemal niederreißen lassen und mit ihren Vorfahren zusammen vergraben. Ich lächelte erheitert von diesem Gedanken, als ich da die Veränderung spürte. Ich merkte richtig, wie ich meine Kraft zurück bekam, wie ich anfing vor Energie nur so zu trotzten, wie ich mich nicht mehr ganz so ausgezehrt und erschöpft fühlte, wie alle die letzten Wochen schon hier drinnen, ich kam mir mächtig vor, stark, gefährlich.

„Das wird ein Spaß", murmelte ich leise, streckte mich ausgiebig, ehe ich mit Leichtigkeit die Türe aufschlug und gleich darauf auch schon die Nächste, auf den verlassenen Gang trat und lächelnd mich auf den Weg zum Treppenhaus machte, weg von hier wollte und das am besten ohne Hindernisse, als ich da einen Schrei hörte. Es war ein Schrei, der einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte, der mich zum stocken brachte, denn mit Entsetzen realisierte ich, dass ich den Ursprung des Schreies kannte.

Kol Mikaelson| Black Rose ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt