16. Das Angebot

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Kol

Seit dem Tag der Sonnenwende hatte sich vieles verändert, vieles, was ich anfangs nur schwer akzeptieren konnte. Cassidy an diesem Abend beinahe sterben gesehen zu haben, hatte etwas verändert. Ich hatte jeden Versuch zu entkommen aufgegeben für sie, hätte sie beinahe verloren und dann war da dieser Augenblick zwischen uns gewesen. Diese paar Sekunden, wo sie mich umarmt hatte, wo sie meine Nähe, meine Geborgenheit gesucht hatte, es hatte etwas in mir ausgelöst, was ich nicht verstand, was mich verwirrte, und was vieles eben in gewisser Weise änderte. Ich wollte nach wie vor weg von hier, das stand außer Frage, doch ich wollte sie mit mir nehmen, wollte ihr zeigen, wie unbedeutend dieser Zirkel war, dass sie niemanden dieser Leute brauchte, nur mich, dass sie nur mich brauchte um das wahre Glück des Lebens zu erleben, um Freiheit zu spüren, glücklich zu sein, wahrhaftig glücklich zu sein, denn das war sie hier nicht, ganz gewiss nicht. Frustriert raufte ich mir die Haare, unterdrückte das Bedürfnis komplett auszurasten, doch ich verzweifelte von Tag zu Tag mehr in dieser Zelle, hatte fürchterlichen Hunger durch diesesn Blutmangel, dadurch so gut wie kaum Blut zu bekommen und wenn Cassy da war, half ihre Nähe dabei nicht sehr viel. Seit ich ihr Blut gesehen hatte, es zum Teil an meiner Kleidung geklebt hatte nach diesem Abend, ich war völlig durcheinander. Wie hätte ich je ahnen können, dass dieser Abend so vieles ändern würde? In mir drinnen ein solches Chaos anrichten würde? Ich hatte keine Ahnung, was genau ich in Cassy sah, ob ich sie wirklich nur mochte wegen ihrer Kraft, ihrer Gesellschaft und dem, wozu sie mir verhelfen könnte, oder ob da mehr war, ich sie wirklich gern hatte auf eine Art und Weise, wie ich noch nie jemanden gemocht hatte, immerhin lag mir nicht viel an solchen Bindungen, doch ich war zuvor auch noch nie so sehr auf jemand anderen wie ihr angewiesen gewesen, jemand, der so lieb und unschuldig war, so hübsch und mit meiner Hilfe könnte sie so unglaublich mächtig werden, dass es sie nur noch attraktiver machte. Glücklich lächelte ich bei dem Gedanken, was die Zukunft bringen mochte, wusste, dass ich hier herauskommen würde und das mit ihr zusammen und wer wusste schon, was danach sein würde?




„Schließe deine Augen!" Zweifelnd sah Cassy mich an, während sie ausnahmsweise nicht auf dem gewohnten Stuhl vor meiner Zelle saß, sondern auf dem Boden im Schneidersitz nun hockte, immer noch gegenüber von mir, immer noch getrennt durch diese Wand aus Gitterstäben zu mir und doch hatte sich seit unserem aller ersten Treffen so einiges verändert gehabt hier. Wie hätte ich je damit rechnen können, dass wir mal bei dem Punkt ankommen würden, wo ich ihr das Nutzen von Magie beibringen müsste?

„Und was genau soll das bewirken?", fragte sie, klang weitaus unsicherer bei der Sache als gestern noch. Gestern war sie bereit gewesen ihre Kraft hervorzulocken, wollte stark sein, nicht länger schwach und hilflos, doch nun, wo ich ihr helfen wollte, schien sie von Hoffnungslosigkeit erfüllt zu sein, keinen Glauben mehr zu haben.

„Du musst in dir selbst versuchen die Mauer zu brechen, die dich daran hindert so stark zu sein und meditieren hilft. Normalerweise würde ich vielleicht ein wenig Weihrauch brennen lassen und alles, aber..."
„Ja, ich weiß, es geht nicht. Ich weiß trotzdem nicht, wie ich das durch reines meditieren schaffen soll. Ich war oft genug in meinem Leben entspannt gewesen und habe es nicht zufällig dabei geschafft meine Kraft aus der Dunkelheit zu locken."
„So entspannt wie ich dich kriege wirst du mit Sicherheit noch nie zuvor gewesen sein", neckte ich sie, sah wie sie leicht rot wurde, mich jedoch empört zugleich ansah, weswegen ich mir ein Lachen nicht verkneifen konnte. Hatte sie eine Ahnung, wie süß sie aussah mit dem Blick?

„Kol!"
„Schon verstanden", sagte ich und hob abwehrend meine Hände, bevor sie nur verschwinden würde. Es war zu niedlich wie oft sie eigentlich in meiner Gegenwart verlegen wurde und dann gleichzeitig sich darum bemühte sich stark nach außen hinzugeben, „Aber es hilft wirklich. Du musst dich entspannen, die Augen schließen und dann führe ich dich weiter."
„Es wird nicht funktionieren, das kann ich dir gleich sagen, aber wie du meinst", entgegnete sie, atmete tief ein, setzte sich aufrechter hin, drückte ihre Schultern etwas mehr nach hinten, ehe sie die Augen schloss. Ihre Atmung wurde ruhiger, ihr Gesicht wirkte entspannt und am liebsten hätte ich meine Hand ausgestreckt, hätte über ihre Wange gestrichen, doch ich hielt mich zurück.

Kol Mikaelson| Black Rose ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt