Sequenz 28

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Kirk schäumte vor Wut. Warum war er schon wieder ärgerlich? Der Tag hatte gut begonnen und auch das Gespräch mit Gary war eigentlich gut gelaufen. Er hatte sich körperlich betätigt und war dadurch ausgeglichen gewesen.

Warum war er nun wieder so wütend? Garys Bemerkung machte ihn wütend. Spocks defensive und steife Haltung machte ihn wütend. Es machte ihn wütend, dass er nicht zwischen diese beiden Männer kam. Dass er nicht hinter die Mauern kam, die diesen Vulkanier umgaben.

Sein vulkanischer Wissenschaftsoffizier stand nun stocksteif mitten in seiner Kabine, die Hände auf dem Rücken, den Kopf gesenkt und wirkte wie jemand der an einen anderen Ort sein wollte. Und das würde er auch bald sein, wenn Kirk nichts unternahm. Die schmalen Schultern bewegten sich leicht. Zitterte er etwa? Fror er?

Er ist kein Mensch, rief sich Kirk ins Bewusstsein. Er ist ein Vulkanier. Er denkt anders und menschliche Gefühle sind ihm fremd. Und er ist Telepath. Kirk wusste nicht, wie viel dieser Mann mit seinen Fähigkeiten von seiner Umgebung aufschnappte. Er wusste fast gar nichts über Vulkanier und noch weniger über diesen einen. Doch er wusste mit Sicherheit, dass für ein Wesen, dem Gefühle fremd waren, sein Ärger und seine Wut absolut unverständlich sein mussten.

Kirk trat näher und die Neugierde besiegte schließlich seinen Ärger. Er mochte diesen Mann, auf eine Art und Weise, die er selber noch nicht verstand. Er mochte ihn einfach. Kirk konzentrierte sich auf dieses eine Gefühl und erinnerte sich an die kurze Berührung in der Krankenstation. Der Vulkanier war zusammengezuckt, als hätte er ihn gestochen. Berührungstelepathen. Natürlich. Vulkanier waren Berührungstelepathen.

„Spock?" Bevor er es sich anders überlegen konnte, griff er beherzt an einen der schmalen Oberarme, fast im gleichen Augenblick überrascht wie hart die Muskeln unter dem weichen Stoff waren.

Spock holte zischend zwischen den Zähnen Luft und riss den Kopf hoch, die Augen im gleichen Moment warnend auf Kirk fixiert. Kirk ließ dieses Mal nicht los, wie in der Krankenstation und versuchte seine Nervosität zu unterdrücken und die positiven Gefühle zu stärken. Er mochte diesen Mann und er würde ihn kennen lernen. Spock starrte ihn unverwandt an, doch zog seinen Arm nicht weg.

„Ich tue Ihnen nichts", sagte Kirk leise und lächelte in die wachsamen dunklen Augen hinter denen ein unsichtbarer Tumult stattzufinden schien. Warum hatte er plötzlich das Gefühl als wolle er eine wilde Katze zähmen? Der Vulkanier sah ihn noch immer wachsam an und Kirk konnte fast sehen wie er sich langsam wieder sammelte. Das war ein erster Schritt, hoffte er. Er war nicht fortgelaufen und er hatte nicht seinen Arm weggezogen. Hatte er ... Vertrauen?

„Fangen wir noch einmal von vorne an?"

Spock schluckte und neigte leicht den Kopf. Zuneigung und Neugier kroch durch seine Schilde, die nun in höchstem Alarmzustand waren. Zuneigung? Zu ihm? Verwirrt sah er auf die Hand an seinem Oberarm und wieder in die Augen dieses außergewöhnlichen Menschen.

„Ich weiß, dass Sie nicht gerne berührt werden. Ich weiß jetzt auch, dass Sie es nicht mögen, wenn man in ihren privaten Bereich tritt. Ich übertrete gerade beide dieser Grenzen und ich entschuldige mich dafür und werde meine Hand gleich wieder entfernen. Aber ich möchte sichergehen, dass Sie mich ... mit ... allen Ihren Sinnen verstehen, Mr. Spock. Ich tue Ihnen nichts. Ich vertraue Ihnen, ich schätze Sie, Ihre Arbeit und ich mag Sie. Ich bin Ihr Captain, nicht Ihr Richter. Ich würde gern auch Ihr Freund sein oder es irgendwann werden. Also ... fangen wir noch einmal von vorn an und bitte .... nennen Sie mich Jim?"

Spock wagte nicht den Blickkontakt zu lösen. Ein Stimmungswechsel würde sich sofort in den Augen zeigen und er wäre zumindest vorbereitet. Was hatte der Mensch eben gesagt? Vertrauen? Er vertraute ihm und schätzte ihn? Er mochte ihn? Vertrauen und Achtung bedeutete Menschen viel. Und nicht nur Menschen, gestand sich Spock ein. Auch ihm selbst. Freundschaft?

Dieser Mann hatte die Erste Direktive missachtet um ihn von dem Planeten zurückzuholen. Spock vertraute ihm ebenfalls. Irritierend wie es war nach diesen wenigen Wochen, empfand er bereits eine tief verankerte Loyalität zu seinem neuen Captain. Zu diesem eigenwilligen und besonderen Menschen. Er würde ihn nicht enttäuschen und wenn er so unbedingt wollte, dass er ihn privat mit seinem Vornamen und nicht mit seinem Rang adressierte, so würde er es tun. Es war eine Art menschliches Ritual, doch durchaus logisch auf einem Schiff mit Menschen.

„Jim", antwortete er leise. Probte das Wort auf der Zunge.

Der Mensch hatte ihn bis eben stumm gemustert und hob plötzlich den Kopf, als Spock leise seinen Vornamen nannte. Kirk sah sich prüfend in der Kabine um, zur Decke und an die Wände und dann wieder zu Spock, dessen eigensinnige Augenbraue sich für ihn mittlerweile als ein Ärgernis erwies und unzweifelhaft sein Erstaunen über diese eigenartige Reaktion verriet.

Noch immer war die Hand an seinem Arm. Die Gefühle die Spock von dem noch bestehenden Kontakt empfing wechselten erneut und wurden fröhlich. Fröhlich? Plötzlich flüsterte Kirk verschwörerisch als er die fragend angehobene Augenbraue sah.

„Schauen Sie."

Kirk rollte seine Augen zur Decke und zu den Wänden und wieder zu Spock. „Sie haben mich 'Jim' genannt und was ist passiert? Das Universum ist noch da, die Enterprise ist noch da. Die Decke ist noch da. Die Wände stehen noch und auch wir leben noch. Es war nicht schlimm. Nichts ist passiert."

Diese mehr als nur eigenartige Reaktion und die mitgelieferten ungenauen Angaben forderten augenblicklich Spocks Intellekt heraus. Humor, lieferte sein wieder erwachender Verstand die Erklärung. Es wäre sicher angebracht angemessen zu antworten, doch die physikalischen Fakten mussten zunächst richtig gestellt werden. Der Mensch hatte sicher einen Grund, seine Stimme zu senken. Ein weiteres irritierendes Ritual? Spock flüsterte ebenfalls.

„Das ist nicht ganz korrekt. Ihr Blutdruck ist um 0.2 Punkte gestiegen und Ihre Atmung hat sich um Faktor eins Komma zwei erhöht. Ebenso ist der Druck Ihrer Hand an meinem Oberarm geringfügig angestiegen. Es sind außerdem drei Sekunden Zeit verstrichen. Das kann man schwerlich als 'Nichts' bezeichnen ... Jim."

Zufrieden mit seiner Antwort und seiner neu gewonnenen Flexibilität diesen faszinierenden Mann beim Vornamen zu nennen, hob Spock abwartend beide Augenbrauen.

Er würde ihm jedoch keinesfalls sagen, welche Veränderungen er selbst in seinem eigenen Körper spürte. Einen Moment schien tatsächlich nichts zu passieren. Kirk starrte ihn nur erstaunt an, doch dann verzerrten sich die Gesichtszüge des Captains und er begann laut zu lachen.

Erfolg, meldete Spocks Verstand sofort und die ersten Wellen Kirks mentalen Lachens fluteten in Spocks Verstand, bevor Kirk ihn losließ um sich die Hände auf den Bauch zu pressen, während er lachte.

Freude? Spock folgte fasziniert dem Weg dieser noch immer fremden Emotion durch die Fasern seines Geistes, während seine Augen den Captain verfolgten, der nun scheinbar durch die Zuckungen des Zwerchfells in Atemnot geriet. Ein wirklich außergewöhnlicher Mensch.

„Sir?" Spock gestattete sich sein eigenes Vergnügen in den Augen zu zeigen. Er hatte Vertrauen es in diesem Moment tun zu können. Kirk hustete und gestikulierte fahrig mit einer Hand in der Luft. Als Spock gerade abwog ob er Dr. Piper verständigen sollte kam der Mensch wieder zu Atem.

„Bitte, .... setzen Sie sich, Mr. Spock." Kirk fuchtelte mit einer Hand in Richtung des Stuhls und versuchte seine außer Kontrolle geratene Atmung wieder zu beruhigen. „Meine Güte, Pike hatte Recht. Für Ihre Zunge brauchen Sie einen Waffenschein."

Spock setzte sich und begann seine konfusen Gedanken zu sortieren. Captain Pike? Was war das Problem mit seiner Zunge? Das ergab keinen Sinn.

„Einen Waffenschein?", fragte er schließlich laut.

Kirk schüttelte den Kopf. „Allerdings ... und auch für Ihre Augenbrauen. Nur eine Metapher Spock ... Meine Güte ... ich brauche etwas zu trinken. Möchten Sie auch etwas?"

„Nein Sir."

„Jim ..." Kirk warf ihm einen kurzen bedeutungsvollen Blick zu und machte sich an seinem Schrank zu schaffen.

Spock legte den Kopf schräg und schien einen Moment nachzudenken. „Ja ... Jim."

Wieder lachte der Mensch, diesmal leiser und kontrollierter. Spock war erneut fasziniert und begann die verschiedenen Qualitäten von 'Lachen' für eine spätere Analyse zu archivieren.

„Heißt das, Sie möchten doch etwas?"

„Nein, danke, ... Jim."

Star Trek TOS Sequenzen 1-29Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt