Star Trek TOS Sequenzen 1-29

Sequenz 27

Kirk stand eine Weile vor seinem scheinbar versteinerten Wissenschaftsoffizier und wartete. Der Vulkanier schien sich von der Außenwelt abgeschottet zu haben und fixierte nach wie vor einen Punkt an der Wand hinter Kirk. Kirk sah kurz in die Richtung und dann wieder zu dem Vulkanier. Keine Regung. Warum stand er so steif da?

„Rühren, Mr. Spock. Sie sind nicht im Dienst."

Kirk stellte sich demonstrativ in die Blickrichtung und endlich bewegten sich die dunklen Augen und sahen ihn an. Er vermochte den Ausdruck nicht zu deuten und noch weniger was dahinter vor sich ging.

„Und ich dachte schon, Sie wären zur Salzsäule erstarrt ... was war das eben, Mr. Spock?"

„Sir?"

„Ich vermute, Sie wissen genau was ich meine." Kirk hatte heute keinen Bedarf mehr auf Wortspielereien. „Also?"

Spock blinzelte kurz und wurde noch steifer, falls das überhaupt möglich war. „Mr. Mitchell hat mir mitgeteilt, dass mein Dienst morgen mit der Alpha Schicht auf der Brücke beginnt."

„Sonst nichts?" Kirk sah ihn misstrauisch an. Der Vulkanier verzog noch immer keine Miene. „Also gut, dann halt anders. Mr. Spock? Ich hätte gern den genauen Wortlaut."

„Sir?"

Kirk begann ärgerlich zu werden. Etwas war dort eben erneut vorgefallen und Spock schwieg wie ein Grab und stellte sich bei jeder Frage naiver, als er tatsächlich war.

„Haben Sie ein Problem mit Ihren Ohren, Mr. Spock?"

Damit hatte er den Vulkanier scheinbar aus der Reserve gelockt. Eine Augenbraue verschwand unter dem Pony und Spock sah ihn mit einem typisch vulkanischen beleidigten Gesichtsausdruck an. Arrogant und unnahbar. „Ich habe kein Problem mit meinen Ohren, Sir. Im Gegenteil, sie funktionieren ausgezeichnet."

„Na also." Kirk verschränkte lächelnd die Arme vor der Brust und hielt dem Blick des Vulkaniers stand. Dann würde er das Spiel halt auf seine Art spielen. „Sie haben also jedes Wort verstanden, was Ihnen Mr. Mitchell gesagt hat?"

„Selbstverständlich Sir." Spock nahm wieder Haltung an und fixierte einen imaginären Punkt über Kirks linker Schulter. Das Gesicht wieder die ausdruckslose Maske.

„Fein ... , dann werden Sie jetzt den genauen Wortlaut wiederholen, es sei denn Ihr Gedächtnis hat sie verlassen." Kirks Stimme ließ keinen Zweifel zu, dass das ein direkter Befehl war.

„Mein Gedächtnis funktioniert ebenfalls ausgezeichnet." Spock wusste in diesem Moment, dass ihn der Mensch klassisch ausmanövriert hatte. Mit einer simplen unorthodoxen Taktik. Wie beim vorletzten Schachspiel. Nun stand der Captain mit verschränkten Armen vor ihm und hatte beide Augenbrauen auffordernd angehoben und wartete.

Spock unterdrückte ein frustriertes Seufzen und adressierte die Luft über Kirks Schulter, als er den Wortlaut automatisch wiederholte. Er ließ die Bedeutung der Worte an sich abprallen um seine mentalen Schilde nicht über Gebühr zu belasten. „Der Commander sagte, wortwörtlich: ' Morgen früh sind sie auf der Brücke zur Alphaschicht. Ich werde die Dienstpläne entsprechend ändern. Es wird Zeit das wir ihre hübschen Ohren auch einmal tagsüber zu sehen bekommen.'"

Kirk starrte ihn mit großen Augen an, abrupt drehte er sich um und fuhr mit der Hand durch die noch nassen Haare. Spock rührte sich nicht und schirmte sich instinktiv gegen den Ärger und die Wut ab, die der Mensch schlagartig ausstrahlte. Piper hatte ähnliche Emotionen gesendet. Was hatte er gemacht um diese Emotionen erneut in einem Menschen hervorzurufen?

„Es tut mir leid, Mr. Spock ...", krächzte Kirk, räusperte sich und schüttelte den Kopf. „Ich ...entschuldigen Sie. Ich dachte nicht ... ich habe bereits mit ihm geredet und ... "

Er drehte sich herum und merkte jetzt erst, das der Vulkanier noch immer kerzengerade mitten im Raum stand. „ ... bitte .... Sie sind nicht im Dienst .... setzen Sie sich erst einmal."

Der Mensch benötigte offensichtlich Privatsphäre. Er war verstört und Spock gestand sich ein, dass auch er selber in diesen wenigen Minuten mehr neue Eindrücke archiviert hatte, als er ohne Meditation analysieren und ordnen konnte und wollte. Spock holte zweimal tief Luft, dann sah er zu Kirk.

„Sir. Ich schlage vor, wir verschieben das geplante Schachspiel auf einen anderen Abend. Offensichtlich ist der Zeitpunkt nicht günstig und ..."

„Nein!", rief Kirk rasch und zu laut, ahnte dass der Vulkanier flüchten würde.

Er baute sich wieder vor dem Vulkanier auf und sah ihm direkt in die Augen.

„Nein Spock", wiederholte er leiser. „Bleiben Sie, bitte."

Spock überlegte für den Bruchteil einer Sekunde, ob dieses eine typische Form der Menschen war jemanden zu adressieren, indem sie sich direkt in den privaten Bereich vor einen stellten. Ganz klar trat der Mensch in seinen persönlichen Bereich und er konnte die von ihm ausgehenden Emotionen umso deutlicher und stärker spüren. Captain Pike war ihm nie so nahe gekommen und selbst der Arzt und Mitarbeiter seines Stabes nur, wenn es die Umstände zwingend verlangten.

In dieser Nähe konnte er jede der chaotischen Emotionen Kirks ungewollt wahrnehmen. Instinktiv trat Spock einen Schritt zurück und dankte erneut seinem Erbe für die Abschirmungen seines Geistes, die ihn rechtzeitig davor bewahrten die Sendungen des Menschen ihm gegenüber allzu deutlich zu empfangen.

Sein Gesicht musste ihn jedoch mehr betrogen haben als er es gemerkt hatte, denn Kirk sah ihn erschrocken an als er zurückwich. „Was ist?"

Besorgnis. Verwirrung. Weitere für Spock fremde Gefühle. Ganz klar standen sie im Raum und sickerten dumpf durch seine lückenhaften Schilde. Das war nicht akzeptabel. Spock schluckte nervös und wünschte sich in diesem Moment an einem anderen Ort zu sein. Warum war dieser Mensch in der Lage seine Disziplinen so spielend leicht zu umgehen?

„Mr. Spock?"

„Sir ...." War das seine Stimme? Spock sah beschämt zu Boden und schluckte erneut einen unangenehmen Widerstand in seiner Kehle fort. Nachwirkungen der Verkühlung oder etwas anderes? Würde das zum Dauerzustand werden mit diesem neuen Captain? Nicht akzeptabel.

Er sah wieder hoch und direkt in die Augen Kirks. Der Mensch wirkte verstört und besorgt. War er der Grund? „Ich entschuldige mich für mein unangemessenes Verhalten, Sir. Es wird nicht noch einmal ...."

Innerhalb von Sekunden kippte die Gemütslage des Menschen und Kirks Augen wurden erneut wütend. Besorgnis und Verwirrung wichen Ärger und Aggressivität.

„Nein, verdammt noch mal. Hören Sie auf. Gary hat Sie beleidigt und Sie entschuldigen sich. Es reicht mir jetzt endgültig. Ich habe mit ihm geredet und ich werde es wieder und wieder tun. Aber hören Sie auf sich für etwas zu entschuldigen was ... was ..., nicht Sie haben etwas verursacht ... Verdammt ..."

Spock zuckte erneut instinktiv zurück bei dem unerwarteten Wutausbruch und kämpfte mit seinen Schilden und mentalen Disziplinen. Sie waren nutzlos. Der Ärger des Menschen schnitt wie ein warmes Messer durch Butter in seine noch eben geordneten Gedanken und schufen Chaos.

„Sir, bitte ..."

„Jim, ich heiße Jim ....", unterbrach Kirk frustriert. „Auch das habe ich Ihnen in den letzten Wochen schon so oft gesagt. Warum nehmen Sie es nicht an? Warum weisen Sie jede Hand zurück, die ich Ihnen reiche?"

Spock löste den Blickkontakt und sah irritiert auf seine Stiefelspitzen. Er wusste plötzlich nicht mehr was er denken sollte. Sein Geist war wie ein weißes Blatt Papier. Die von dem Menschen ausgehenden Sendungen an Aggression und Wut überstiegen seine Abwehrmechanismen und radierten jeglichen rationalen Gedanken aus.