Tag 8 - bester Internetfreund

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Hey darling,

Ich wollte dir erst auf Englisch schreiben, aber das war mir dann doch zu anstrengend.

Erinnerst du dich noch an das erste Mal, das wir schrieben? Auf Omegle oder wie diese tolle Seite hieß. Ich suchte jemanden, mit dem ich auf Englisch schreiben kann, weil meine Noten in Englisch nicht besonders gut waren. Und dann war ich auf dieser Seite und traf nur Perverse. Alle wollten irgendwelche Rollenspiele oder sowas. Und dann kamst du. Du hast normal mit mir geschrieben, ohne perverse Andeutungen und den ganzen anderen Quatsch. Ich ließ dich nicht gehen. Als ich offline musste, ich glaube nach 3 oder 4 Stunden, haben wir uns auf Facebook gesucht. Und seitdem sind wir viel zu gut befreundet. Ich meine für diese Distanz. Und jetzt schreiben wir eigentlich nur noch über WhatsApp.

Meine Freunde halten mich für verrückt, dass wir immer noch schreiben. Und auch, dass wir so viel schreiben und so gut befreundet sind. Meistens bist du der erste, dem ich schreibe, wenn irgendetwas ist. Du hast dich mit mir so unglaublich gefreut, dass ich zu diesem Test für die Uni in Berlin eingeladen wurde.  Wir haben uns zwar noch nie gesehen, aber du verstehst mich. Du hilfst mir so gut du kannst und gibst mit mehr Selbstvertrauen, als ich es für möglich halte. 

Immer wieder fragst du mich, warum wir weniger schreiben, und ob mir das überhaupt auffällt. Ich war beim Antworten darauf nie so ganz ehrlich. Ja, natürlich fällt mir auf, dass wir weniger schreiben. Und es liegt an mir. Ich will nicht noch mehr mit dir schreiben. Aber nicht weil ich dich nicht mag. Nein, ganz im Gegenteil: Sondern weil ich Angst habe, dass wir uns zu sehr mögen. Schon jetzt habe ich manchmal das Gefühl, dass es kein Spaß mehr ist, wenn wir sagen, dass wir beide Single sein müssen, wenn wir uns sehen. Ich habe einfach Angst davor, dass sich einer von uns in den anderen verliebt, ohne dass wir uns jemals gegenüberstanden. Das würde doch nie funktionieren. Du wohnst in Indien. Naja, okay, ab nächstem Monat in Kanada, aber das ist ja wohl nicht unbedingt um die Ecke. Wir sprechen ja nicht mal die gleiche Sprache. Unter diesen Voraussetzungen würde eine Beziehung doch niemals funktionieren. Und Gefühle würden unsere Freundschaft nur zerstören. Wir können gerne über ´ne Beziehung nachdenken, wenn du hier bist. Und das willst du ja. Du studierst in Kanada, um dann später in Deutschland arbeiten zu können. Nur um mir nahe zu sein. Und dann ziehen wir ja in ´ne WG. Ich trau mich gar nicht, daran zu denken.

Ich habe Angst, dass, wenn wir uns treffen, wir uns nicht verstehen, dass wir vollkommen andere Menschen sind, als wir es uns vom anderen erhofft hatten. Ich hoffe so sehr, dass wir uns dann auch so gut verstehen, wie wir es jetzt tun.

Ein letztes noch: Ich glaube dir nicht, dass es nur mit deiner Freundin kaputt ging, weil ihr so weit auseinander wohnt. Ich glaube, auch ich war vielleicht ein Grund dafür. Vielleicht nur einer von vielen, aber ich war bestimmt ein Grund dafür. Und, das muss ich zugeben, ich war darüber froher, als ich vorher erwartet hatte. Es war ja schon abzusehen, dass es nicht mehr lange mit euch gut geht, aber für mich kam es dann doch recht plötzlich und ich war wirklich froh darüber. Als wäre eine unsichtbare Last von mir genommen worden.

Bis hoffentlich demnächst, 

Your loving Beautiful :*

30 Briefe an 30 Tagen .. und FortsetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt