Tag 12 - Jemand, der mir sehr wehgetan hat

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Hallo Uffi,

Ich habe überlegt, welchen Brief ich dir widme. Und jetzt ist es dieser geworden. Weil es mir immer noch verdammt wehtut, wenn ich daran denke.

Die verspätete Entschuldigung kann niemals wettmachen, was du mir angetan hast. Wenn ich von dir gehört hätte, das es dir rausgerutscht ist, okay, wär trotzdem scheiße gewesen, aber ich hätte mich auf alles vorbereiten können. Ich hätte mir 'nen dummen Spruch als Konter ausdenken können. Ich hätte dich nicht ganz so hassen müssen. Ich hätte gewusst, von wem es kam.

Tja, aber der Konjunktiv ist schön und gut, aber eben nur die Möglichkeitsform. Und diese Möglichkeit hattest du ja nicht genutzt.

Es hilft mir auch nicht zu wissen, dass es dir rausgerutscht ist, als du betrunken warst. Das zeigt mir eher, dass ich dir nichts mehr erzählen sollte. Und, wie du jetzt bestimmt schon bemerkt hast, ich erzähle dir nichts mehr. Ich erzähle eigentlich niemandem mehr etwas, weil ich durch dich erfahren habe, dass auch beste Freunde nicht immer das volle Vertrauen verdient haben. So sehr ich mich bemühe, ich kann nicht mehr so vertrauen wie zuvor. Dem einzigen, dem ich vertraue, ist meinem Inder. Aber der kann auch nicht irgendwelchen Menschen, die ich kenne und die mich nicht leiden können, meine kleinen, schmutzigen Geheimnisse erzählen. Ich danke dir dafür. Immerhin ist meine Freundschaft zu ihm besser und viel enger geworden. Die Freundschaft zu dir ist dafür fast komplett gestorben. Ich möchte nicht immer Angst haben, dass irgendetwas, das ich dir erzähle, sofort wieder in die ganze Welt posaunt werden. Und die Angst habe ich, ich kann sie auch nicht einfach ablegen, wie du es wahrscheinlich gern hättest.

Du bist nicht mehr meine beste Freundin. Du hast dich zu sehr zum Negativen verändert. Du kannst manchmal so sein wie früher. Doch wenn du dir dann 'ne Zigarette ansteckst, bemerke ich, dass du nicht mehr die bist, mit der ich damals beim Theofest in den Brennnesseln pinkeln war.

Du hast mein Leben verändert. Hast mir Selbstbewusstsein gegeben, mir so vieles gezeigt, das für einen Teenager überlebensnotwenig war. Und dann hast du mein Vertrauen missbraucht und mich wieder verändert. Zu jemanden, der keinem mehr so richtig vertrauen kann. Vielleicht kriege ich das ja eines Tages wieder in Griff. Aber das wird ein bisschen dauern.

Tja, bis irgendwann mal. Marike

30 Briefe an 30 Tagen .. und FortsetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt