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Nach einer Weile kommt Andreas wieder ins Zimmer. „Na, alle Klarheiten beseitigt bei Michel?" – „Ich hoffe es. Das hat ihn richtig geschockt, das hätte ich nie gedacht", sagt Andreas nachdenklich. „Hast du ihn gefragt wegen dem Keller?" – „Wie, Keller?" – „Andreas, er will schon lange in den Keller. Und Leon und Moritz würden auch gern nach unten ziehen" – „Und warum sagt mir das keiner?" – „Hallooo? Michel liegt dir damit schon länger in den Ohren. Registrierst du überhaupt, was deine Kinder von dir wollen? Das kann doch jetzt nicht dein Ernst sein!". Überrascht sieht er sie an. „Nein, davon wusste ich nichts" – „Das hat er aber gesagt, da saß ich daneben. Sag mal ...! Schwangerschaftsdemenz ist doch jetzt eher mein Gebiet, meinst du nicht?" – „Schwangerschafts-WAS?". Jule lacht. „Egal. Aber Michel hat das echt schon oft zu dir gesagt, Andreas" – „ Und jetzt wollen die drei Jungs nach unten?" – „Mhmmm" – „Das muss ich mir noch überlegen. Was hältst du davon?" – „Ich glaube, das könnte gut klappen. Wollen wir essen?" – „Liebend gern, ich bin am verhungern. Ich sag's den Kindern".

Als sie am Abend noch im Wohnzimmer sitzen, kommt Lotta zu ihnen. „Jule?" – „Hmmm?" – „Liest du uns trotzdem was vor, auch wenn das Baby da ist?" – „Ja, klar, Lotta. Bis dahin kannst aber du auch mir schon mal was vorlesen" – „Echt?". Lotta macht große Augen. „Dann kannst du unserer Zaubermaus auch mal eine Geschichte vorlesen", meint Andreas. Lotta schaut ihn finster an. „Ich bin dein Mäuschen", murrt sie und geht beleidigt auf ihr Zimmer. „O-ooh, das musst du jetzt aber schnell klären, Andreas", sagt Jule zu Andreas, der sie verdutzt ansieht. „Naja, sie hat ja recht, sie war jetzt sieben Jahre lang dein Mäuschen. Du musst dir für den Zwerg was anderes überlegen, Schatz". Andreas nickt und geht Lotta nach.

Als er wieder nach unten kommt, hat Jule die Beine hochgelegt und die Augen geschlossen. Er beobachtet sie ein Weilchen. „Jule, geht's dir gut?" – „Mhmmm" – „Du siehst fertig aus, wenn ich das so sagen darf". Jule lächelt. „Ja, bin ich auch. Mein Körper bremst mich gerade total aus. Diese Müdigkeit ist echt ekelhaft" – „Dein Körper macht das, was du brauchst. Wahrscheinlich wärst du anders nicht zu bremsen, Liebes" – „Ja, kann sein. Aber irgendwann ist es vorbei, und dann geht's wieder rund" – „Nee, oder?". Sie öffnet die Augen und sieht ihn an. „Warum nicht?" – „Weil ich gern hätte, dass du dich etwas zurücknimmst" – „Warum? Ich bin schwanger, nicht krank, Andreas. Was meinst du, wie das hier laufen soll die nächsten Monate?" – „Ich bin auch noch da" – „Ach ja? Andreas, sei bitte realistisch. Auch wenn ihr nicht auf Tour seid, ihr habt trotzdem zu tun. Und wenn du eine andere Arbeit hättest, wärst du auch tagsüber nicht da. Was meinst du, wie andere Frauen das schaffen?". Nachdenklich sieht Andreas Jule an. „Du willst das unbedingt allein durchziehen?" – „Sag mal spinnst du? Wann hätte ich das den gesagt? Du kannst mir unter die Arme greifen, wann immer du willst, aber ich werde mich nicht darauf verlassen, einfach weil ich weiß, dass das nicht immer geht!".

Jule steht auf. „Ich muss hier raus, ich geh noch eine Runde mit Buster" – „Warte, ich komme mit" – „Nein, ich gehe allein!". Sie nimmt die Leine und den Haustürschlüssel, während Buster schon vor der Haustüre sitzt und wartet. Andreas sieht ihr verdattert hinterher.  Als sie nach einer guten halben Stunde wieder heimkommt, lässt sie sich ein Bad ein. Während das Wasser einläuft, geht sie noch eine Runde und sagt allen Kindern Gute Nacht. Im Bad wartet Andreas auf sie. Prüfend sieht er sie an. „Du hast geweint, Liebes" – „Egal. Lässt du mich bitte allein?" – „Warum ist das egal? MIR ist es nicht egal, und schon gar nicht wenn es wegen mir war, Jule". Er will sie in den Arm nehmen, aber Jule dreht sich weg. „Mach das bitte nicht, Jule. Rede mit mir, schrei mich an, aber stoß mich nicht weg" – „Dann lass mich einfach in Ruhe" – „Wie soll ich wissen, was falsch war, wenn du es nicht sagst?". Jule dreht den Wasserhahn zu und setzt sich auf den Wannenrand. „Kann ich jetzt allein und in Ruhe mein Bad nehmen – bitte?!" – „Liebes, was ist passiert in der letzten Stunde? Ich versteh dich nicht", sagt Andreas leise, dann geht er aus dem Raum und schließt die Tür hinter sich.


Er geht's ins Schlafzimmer, legt sich ins Bett und starrt grübelnd an die Zimmerdecke. Er kann sich überhaupt nicht vorstellen, was schief gelaufen ist. Er denkt nach, was er gesagt hat. Oder sind es doch die Hormone bei Jule? Irgendwann legt sich Jule neben ihn. Er dreht sich zu ihr und sieht sie an. Auch jetzt schwimmen wieder Tränen in ihren Augen. „Liebes, was ist los?" – „Ich weiß nicht, ob es richtig war" – „Ob was richtig war?" – „Sich für das Baby zu entscheiden". Lange schaut er sie an. „Warum zweifelst du?", fragt er dann. Jule zuckt die Schultern und schüttelt den Kopf. „Darf ich dich in den Arm nehmen?". Jule schließt die Augen und nickt. „Komm her, Liebes". Er zieht sie zu sich und hält sie fest, während Jule von einem Weinkrampf geschüttelt wird. Irgendwann wird sie ruhiger, aber Andreas schießen tausend Gedanken durch den Kopf. „Schatz, ..." – „Schhhh, ist gut, Jule" – „Nein, ist es nicht. Ich fühl mich beschissen" – „Warum denn?" – „Keine Ahnung, mein Kopf fährt Karussell, ich hab Angst vor dem, was auf uns zukommt und dass ich das nicht schaffe" – „Jule, ich glaube, das ist ganz normal, eben weil du schon weißt, was ein Kind bedeutet – Arbeit, durchwachte Nächte, Sorgen, Ängste – aber auch ganz viel Liebe und Zuneigung" – „Aber bei den Großen war das nicht so" – „Jede Schwangerschaft ist anders, genau wie jedes Kind anders ist, Liebes. Ich glaube, wenn die Müdigkeit mal weg ist und du unser Baby spürst, wirst auch du dich voll und ganz darauf einlassen können" – „Und wenn ich das nicht schaffe?" – „Du wirst es schaffen, und wenn es mal nicht mehr geht, bin ich da und die ganze große Reinelt-Familie, du bist nie allein, das verspreche ich dir, Liebes". Andreas gibt ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. „Und jetzt denk nicht soviel nach, sondern freu dich auf unser Zwerglein" – „Bleibt ihm das jetzt?" – „Zwerglein? Du sagst doch immer Bauchzwerg" – „Stimmt, mei Zwergal" – „Muss ich jetzt bairisch lernen?". Jule beginnt zu lachen. „Nein, aber ich darf es doch so nennen, oder?" – „Wieso eigentlich ‚ihm'?" – „Hä?" – „Du hast gesagt ‚bleibt ihm das jetzt'" – „Andreas – das Kind – dem Kind – ihm" – „Achso, ja klar". Liebevoll sieht er sie an. „Geht's dir wieder besser?" – „Ja. Aber mich ärgert dieses Auf und Ab total, ich erkenne mich oft selber nicht mehr" – „Jetzt steiger dich da nicht wieder rein, Liebes" - „Du hast ja recht, ist aber trotzdem bescheuert!"

Magic Love - EB FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt