Kyle

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Helen

"Wusstest du, dass wir einen Schuppen haben?", fragte Kyle begeistert und ohne Umschweife, als ich wieder im Haus war. Ich zog überrascht die Brauen in die Höhe.

"Echt?", entgegnete ich und sah mich unnötigerweise in der Küche danach um.

"Ja, Kenneth ist schon drin. Komm mit", Kyle nahm meine Hand und zog daran, bis ich ihm folgte. Verborgen hinter viel zu viel Gestrüpp fand sich tatsächlich der Eingang zu einem kleinen Bunker, zu dem immerhin ein Weg hinunter führte, durch den locker ein LKW passte. Auch wenn das Gebäude an sich zu niedrig dafür war.

Wir hatten ihn wahrscheinlich desshalb noch nicht gefunden, weil er abseits des Hauses lag und unter Gestrüpp und Tonnen von Gras einfach nicht zu sehen war. Doch wenn man jetzt, nach Kenneths Mähaktion zum Cottage blickte, konnte man doch deutlich eine Auffahrt erkennen. Wahnsinn, was er alles innerhalb von zwei Tagen freigelegt hatte. Ich nahm mir vor, ihm wenigstens beim Zusammenpferchen des Heus zu helfen.

Kyle öffnete mit einiger Mühe die Schuppentür, die die Größe einer Garagentür hatte. Und beim Anblick dessen, was darin stand, war das auch zwingend notwendig. Ein Auto. Ein LandRover um genau zu sein. Es war alt, keine Frage. Und daran änderte auch nicht, dass Kenneth schon am Staub herumwienerte.

"Hey! Ich muss nicht mehr mit euch springen!", freute ich mich als erstes. Kyle und Kenneth bewarfen mich mit beleidigten Blicken.

"Das ist anstrengend", fügte ich schnell hinzu. Dann nahm ich den Rover in Augenschein. Für mein Laienauge sah er noch relativ gut aus. Kaum Rost, aber ich wusste, dass das nicht viel zu bedeuten hatte. "Läuft er denn?"

"Schwer zu sagen", meinte Kenneth und kletterte hinter den Fahrersitz. Er drehte den Schlüssel im Schloss um. Fragt mich nicht, wo er den her hatte.

Der Motor zickte. Er weigerte sich, anzuspringen und Kenneth hörte nach einigen Versuchen auf. "Ich glaub, der stand einfach zu lang herum."

Kyle lehnte sich zu ihm ins Cockpit und blickte hinter das Lenkrad. "Der Tank ist auch leer. Helen, sieh mal nach, ob hier irgendwo Benzin 'rumsteht."

Sie putzten vier Stunden an dem schwarzen Schmuckstück herum. Benzin fanden wir keins. Es schien endlich etwas zu geben, bei dem sie sich wenigstens halbwegs einig waren. Jedenfalls fachsimpelten sie nach einigen Minuten eifrig und hatten meine Anwesenheit vergessen. Ich verzog mich derweil in die Küche und machte Abendessen. Als ich nach einiger Zeit wieder aus dem Fenster sah, entdeckte ich den Regen, der unablässig auf die Erde niederging. Wie das aussah, regnete es schon eine ganze Weile.

Ein großes, glänzendes, schwarzes Ungetüm schob sich aus dem Boden. Das war doch nicht ihr Ernst. Sie konnten doch kein ganzes Auto aus der Garage schieben, der Weg war viel zu steil. Ich machte mir nicht die Mühe, hinauszurennen, ich sprang einfach. Dann legte ich den Kopf schief.

Ich habe vergessen, zu erzählen, was für eine Fähigkeit Kenneth hatte. Warum er unmöglich war. Er machte auch nie einen Hehl daraus. Außer jetzt.

Kenneth war ein Schutzschild. Ich hatte es ihn nicht oft tun sehen, aber er konnte ein Kraftfeld um sich und die Dinge hinter ihm aufbauen. Kugelsicher, rauchsicher und sehr stark. Offenbar funktionierte es auch als Abstoßkraft. Denn jetzt stand er nur in der Tür und schob den Schild von sich. Da das Auto außerhalb des geschützten Radius' stand, wurde es auch weggeschoben.

Das war noch skurriler mitanzusehen als Kyles kleine Ausflüge. Denn Kenneth starrte nur das Auto an und rührte ansonsten nichts. Und das Auto rollte einfach von ihm weg. Der unsichtbare Schild schob es mühelos den Hügel hinauf. Selbst Kyle war fasziniert.

The Impossible Ones - Vergiss mich nicht [NICHT AKTUELLE VERSION)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt