Kyle
Wow. Die alte Kiste sah aus, als hätte sie irgendjemand aus einem Grab gebuddelt. Die Ränder waren fast vermodert und die Scharniere fehlten. Ich hatte das Gefühl, dass hier ein Schlüssel zu Helens Zukunft lag.
Vorsichtig hob ich den Deckel an. Der Staub rieselte langsam zu Boden. Sollte ich sie öffnen? Immerhin gehörte es Helen. Hm.. wenn ihr Name draufstand, konnte ich es ihr ja immer noch übrig lassen. Also klappte ich die Kiste auf.
Und mir blieb die Luft weg. Es war nicht etwa eine Bombe darin oder ein hässlicher Clown so wie in der letzten Kiste. Nein. Nur ein kleiner, zusammengefalteter Zettel, auf dem vier Buchstaben standen: K - Y- L - E.
Helen
Beladen mit haufenweise Einkaufstüten, einem stinkenden Benzinkanister für den Geländewagen, Kenneths Hand auf meiner Schulter und ein eiskaltes Steak im Rücken sprang ich am nächsten Tag wieder in unseren Garten. Während Kyle weiter auf dem Dachboden kramte (wozu ich mittlerweile keine Geduld mehr hatte), hatten Kenneth und ich die Gelegenheit genutzt und waren zum nächstbesten Supermarkt gelaufen. Gut, zum Bahnhof waren wir gesprungen.
Die Stadt war ziemlich schön und irgendwie altmodisch. Sie gefiel mir sofort. Ein Riesensupermarkt, mehrere Boutiquen und Bäcker und einen schönen alten Brunnen in der Mitte des Marktplatzes, auf dem wir uns ein Eis und eine Pause gegönnt hatten.
Ferner gab es diverse Handwerksmeistereien und eine Universität neben dem Krankenhaus. Wer dort studierte, wollte überwiegend Arzt werden. Kenneth lehnte meinen Vorschlag ab, sich dort zu bewerben, obwohl er murmelnd zugab, dass es 'irgendwie schon in seinem Sinne war', bevor er begann, sich an seiner Waffel zu verschlucken.
"Autsch", meinte Kenneth und hielt sich den Magen. "Mann, ich hätte die Scones vorhin nicht essen sollen."
"Und ich dachte 'du kannst noch'", zitierte ich ihn lachend und raffte die Tüten zusammen. Ich hätte seinem Vorschlag doch folgen und den Einkaufswagen klauen sollen. Nachweisen hätte man es uns sowieso nicht können und jetzt erschwerten fünf sperrige Tüten den Weg in die Küche. Nachdem ich fast über eine gestolpert wäre, griff Kenneth danach. Er hängte sie sich noch zu seinen eigenen vier Tüten und dem Benzinkanister auf den Arm und balancierte das Ganze dann erstaunlich elegant ins Haus.
"Du kannst doch nicht..."
Kenneth stellte den Kanister an der Hauswand ab, grinste und verschwand in der Terassentür. Er hatte mir noch eine einzige (Die mit dem tiefgefrorenen Fleisch) übrig gelassen, die ich selbst tragen durfte. Wow, wie viel.
Auf dem Weg in den Flur begegnete ich Kyle, der gerade aus der Küche trat. Strahlend lief ich ihm entgegen, bis ich merkte, dass seine Miene unterhalb der Tieffriergrenze war. Als ich ihn zur Begrüßung küssen wollte, drehte er kaum merklich den Kopf zur Seite, was mich innehalten ließ. Sein eiskalter Blick verwirrte mich und bestätigte nur die Ahnung, dass es etwas mit mir zu tun hatte.
"Was ist denn mit dem los?", fragte ich und hievte die letzte Einkaufstüte auf die Bank. Das war ein Vorrat für zwei Monate, mindestens.
"Keine... Ahnung", murmelte Kenneth abwesend, während er mir dabei half, die Einkäufe in den Schränken zu verstauen. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er log.
"Kenneth!", meinte ich mahnend. Mein bester Freund sah mich an. In seinem Blick war ein Problem zu lesen, das mir jetzt schon nicht gefiel.
Er seufzte. "Geh hin. Er braucht dich."
Diese merkwürdige Aussage machte mir noch mehr Angst. Doch ich folgte ihr. Ich fand Kyle an der Rückwand des Hauses lehnend, wie er den grauen Himmel anstarrte. Leise setzte ich mich neben ihn.
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The Impossible Ones - Vergiss mich nicht [NICHT AKTUELLE VERSION)
Paranormal"Wenn du jemanden verlierst, bei dem du nicht weißt, wie du ihn lieben sollst, weißt du nicht, ob es schlimmer ist, ihn nicht so zu kennen, wie du es glaubst. Aber eins steht fest, allein bist du nie. Denn es gibt immer den Einen, der dich trägt." ...