Ein schöner Ort zum Sterben

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Kenneth

Ich berichtete in allen Einzelheiten von der Begegnung mit Kyle. Helen rieb sich anfangs noch demonstrativ die Handgelenke, aber als ich zu der Stelle kam, an der Kyle wieder anfing, von dieser ominösen 'Sie' zu reden, riss sie die Augen auf und sah mich gebannt an.

"Er ist verwirrt, Helen. Er hat sich immer wieder in Widersprüche verstrickt. Warum zum Beispiel meint er, seine Eltern rächen zu müssen, die ihn nicht geliebt haben? Oder warum weiß er nichts mehr von seinen Kräften? Er hätte mich gar nicht töten können, aber das wusste er nicht. Er wusste nicht, dass er selbst auch besonders... unmöglich war. Wie kommt es, dass jemand einen so wichtigen Umstand seines Lebens vergisst?"

Helen biss sich auf die Lippe. "Mir fällt da nur eins ein: Gehirnwäsche. Oder es ist tatsächlich, wie er behauptet und seine... Freundin hat ihm diese ganzen Flausen in den Kopf gesetzt."

Ich nickte zustimmend. "Eins ist klar: Sie ist diejenige, die uns töten will. Nicht er. Er ist nur ihr Werkzeug."

"Fragt sich, wer sie ist", sagte Helen zurecht und blickte den Boden ihres Zimmers an. Darin standen wir nämlich. Vor dem Fenster ging die Sonne unter und ich hasste mich immer noch für das, was ich in den letzten Stunden getan hatte.

"Ich schätze, wir sind an dem Punkt angekommen, an dem wir nicht weiter wissen, hm?", sagte ich humorlos und lachte ebenso unnötig auf.

"Kenneth, wir wissen schon die ganze Zeit nicht weiter. Was sollen wir denn gegen diese... Amnesie von Kyle unternehmen? Wir können ihn nicht untersuchen, weil er die ganze Zeit versucht, uns zu killen, wir wissen nicht, was es verursacht hat, damit wir ihn mit dem Gegenteil kurieren können, oder wie immer man das macht. Wir können nur vor ihm weglaufen", sagte sie frustriert und vergrub den Kopf in den Händen. "Und das müssen wir auch schleunigst tun, weil er jetzt weiß, wo wir sind und nicht besonders lange brauchen wird, uns wieder umbringen zu wollen."

"Ich weiß", antwortete ich und sah sie an. Ich wagte es nicht, sie zu berühren. Sie sah so fertig aus und ich wäre gern für sie da gewesen, aber ich trug mit daran Schuld, dass sie so aussah, also wäre es jetzt wohl das Falscheste, das ich tun konnte. Deshalb entfernte ich mich von ihr, lehnte mich an die Kommode am anderen Ende des Zimmers und sprach weiter. "Wir sollten das Auto holen. Und ein paar Klamotten."

"Was ist, wenn Kyle dort wartet?", fragte sie und die echte Angst in ihrer Stimme machte nicht nur sie traurig. Sie musste Angst vor ihrem eigenen Bruder haben. Was war das nur für eine gottverdammte Welt.

"Ich glaube nicht, dass er kommt. Er sucht uns, ja. Aber nicht dort, wir waren schon da. Den Fehler macht er nicht, weil er denkt, wir machen ihn nicht. Und wir haben einen entscheidenden Vorteil:", sagte ich halb grinsend. "Wir können springen, wohin immer wir wollen."

Helen hob den Kopf und sah meinen Pullover an. Sie vermied es, direkt in meine Augen zu sehen, und ich konnte es verstehen. Ich schätzte, ich hatte das verdient.

"Trotzdem sollten wir uns beeilen", sagte sie und kniff dann die Lippen zusammen.

Helen

Kenneth zu vertrauen stand nicht mehr infrage. Das ging einfach nicht. Doch wie sehr er sich auch bemühte, wieder einen halbwegs normalen Grad unserer Freundschaft zu bewerkstelligen, es war zwecklos. Wie früher würde es nie sein. Und die Sache mit Kyle war nicht der einzige Grund.

Aber die Sache mit Kyle war der Grund, weshalb sich meine Angst in dem Moment gesteigert hatte, in dem sich das kalte Metall von Kenneths Handschellen um meine Handgelenke schloss.

Nachdem wir uns mit einer hoffentlich ausreichenden Entschuldigung bei Mrs. Stevensson abgemeldet hatten, legte Kenneth eine Hand auf meine Schulter. Irgendwie war es albern, aber ich wollte ihn wirklich nicht mehr berühren als es notwendig war und er schien das zu verstehen. Ich hatte Angst davor, ihn wieder aus Versehen zu küssen.

The Impossible Ones - Vergiss mich nicht [NICHT AKTUELLE VERSION)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt