Flammen

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Ein Flüstern ließ mich erwachen und sofort erstarrte ich. Ich lag vor einem eingerollten schwarzen Werwolf, welcher am ganzen Leib zitterte. „Nein! Bitte nicht!“, hauchte er, anscheinend schlief er. Ich betrachtete ihn eine Weile, dann wanderte mein Blick zu seinen geschlossenen Lidern, unter welchen die Augäpfel wild hin und her sprangen. Hat er etwa einen Albtraum?, fragte ich mich. Und genau da riss der Werwolf seine Augen auf. Sie waren zuerst blutrot, verwandelten sich dann in gold und schließlich in haselnussbraun. „Geht es dir gut?“, wollte ich wissen, doch Tobias antwortete nicht. Er lag noch immer zitternd neben mir - seine Augen zuckten. Gruselig… Ich versuchte aufzustehen, aber meine Beine trugen mich nicht. Also ließ ich mich wieder langsam auf den Boden sinken und versuchte stattdessen davon zu robben. Es gelang mir unter großer Anstrengung bis ich ein Stechen in der Seite fühlte. „Nicht so eilig, Katze!“, ertönte eine Stimme hinter mir und ließ mich zusammenzucken. „Wo wollen wir denn hin?“   „Ich wollte mich vielleicht von dir entfernen?! Deine komischen Zuckungen und Gespräche gehen mir nämlich mächtig auf den Geist!“, sagte ich schnippisch. Der Schmerz bohrte sich tiefer in mein Fleisch und ließ mich aufstöhnen. „Was sagst du da?!“, fragte Tobias böse. Ich konnte mich nicht mehr bewegen - der Schmerz in meiner Seite saß zu tief. Und reden war ebenfalls nicht möglich, weil ich die Schmerzensschreie zu unterdrücken versuchte. „Ich habe dich etwas gefragt! Antworte mir gefälligst!“, grollte Tobias. Doch ich konnte nicht. Der Schmerz zog sich immer weiter durch mein Fleisch. Ich biss die Zähne fest zusammen und hielt den Atem an. „Es hat keinen Sinn! Du brauchst gar nicht so zu tun als ob du stark wärst!“, sagte meine innere Stimme. Doch ich hielt den Schmerzen stand, bis eine meiner Rippen knackte und brach. Ich keuchte und winselte. Es tat so weh! „Was tust du da?!“, wollte Tobias wissen, doch ich konnte nicht antworten. Der Schmerz bohrte sich weiter durch mein Fleisch und verschlimmerte die Schmerzen. Plötzlich bekam ich keine Luft mehr. Ich röchelte vor mich hin und wand mich auf dem Boden, während Tobias regungslos neben mir stand und sich wahrscheinlich schadenfroh darüber amüsierte, wie ich vor seinen Augen starb. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen und wurden immer mehr, bis schließlich alles schwarz wurde.

 „Lena? Bitte, wach auf, sagte eine, mir bekannte Stimme. Doch sie klang besorgt. Warum machte er sich um mich Sorgen? Er will doch, dass ich sterbe. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, aber es gelang mir nicht. Der Schmerz war noch immer da und loderte wie eine Flamme in mir. Mir war heiß, aber ich konnte mich weder bewegen, noch sprechen. Der Schmerz durchfraß meine Adern und Nerven, füllte sich in meinem ganzen Körper aus. „Lena?!“ Tobias Stimme klang weinerlich. Weinte er etwa wegen mir?, fragte ich mich im Stillen, während ich versuchte den Schmerz in meinem Körper zu bekämpfen. „Sei nicht so bescheuert! Der heult nicht wegen dir! Du hast doch ’n Schaden!“, keifte mich meine inner Stimme an. Wie ich sie doch hasste. Die brennenden Flammen in meinen Körper hatten alles unterhalb des Halses gelähmt und nun krabbelte er langsam in meinen Kopf. Ich wollte schreien, mich unter dem Schmerz winden, aber mein Körper lag regungslos auf etwas hartem. „Sie wird nicht aufwachen, ehe das Gift ihren Körper vollständig durchzogen hat und sie dann noch lebt“, erklärte eine männliche Stimme. Wer war das?! Ich kannte sie nicht, aber irgendwie kam sie mir vertraut vor. Der Schmerz fraß sich immer weiter voran, stellte meinen Körper in Flammen. „Ich wollte das nicht, Sebastian. Wirklich!“, gab Tobias von sich. „Das sagst du jetzt schon zum tausendsten Mal. Und ich sage dir jetzt ebenfalls zum tausendsten Mal: Dann hättest du deine Giftverschmierten Krallen nicht in ihr Fleisch stecken sollen! Wie kann man bloß so blöd sein?! Du tust deiner Freundin weh und… zwei Ta-…“ Ich hörte die unbekannte Stimme nicht mehr, da mir das Blut in den Ohren rauschte. Mein Körper kämpfte gegen die Schmerzen, die das Gift wahrscheinlich verursacht hatte, an und alles pulsierte in meinem Körper. Als es zu meinen Augen wanderte, wollte ich schreien. Der Schmerz war unerträglich - es war, als ob er mir die Augen verbrennen wollte. „Kannst du denn nichts dagegen tun? Sie leidet.“   „Nein. Das geht nicht. Man könnte den Schmerz nur etwas herauszögern“, antwortete der Fremde Mann. „Das würde sie aber nie wollen. Sie ist ein starkes Mädchen. Sie wird es schaffen“, ermutigte Tobias mehr sich selber. Was war mit ihm los? Vorher hatte er noch gesagt er wollte mich töten und nun saß er hier und redete sich ein, dass ich gegen das Gift ankommen könnte, um weiter zu leben. Vielleicht liebt er mich ja noch, dachte ich, obwohl ich wusste, dass es nicht so war. Komischerweise sagte meine innere Stimme aber nichts dazu. Vielleicht hatte da Gift sie getötet. Wäre nicht schlecht, sagte ich in Gedanken, doch dann fing mein Kopf an zu pochen und schmerzen und es fühlte sich so an, als würde er explodieren. Dann war alles still und meine Schmerzen verebbten.

Für immer verfolgt | Abgeschlossen ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt