So weiß wie Schnee?

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Piper rannte. Sie stolperte über Wurzeln, knallte fast gegen Bäume und schürfte sich die Knie auf, wenn sie stürzte. Äste peitschten ihr ins Gesicht und zerkratzten ihre Wangen. Ihr Kleid hatte sie zerrissen, um besser laufen zu können. Sie wusste nicht, wohin sie lief. Sie wusste nur, dass sie auf keinen Fall zurück wollte. Zurück zu ihrer Halbschwester Drew, der ach-so-tollen Königin. Seit dem rätselhaften Verschwinden ihrer Mutter war sie an der Macht und im Endeffekt wäre Piper das egal gewesen. Doch Drew hatte irgendeinen komischen magischen Spiegel, den sie befragt hatte, wer die Schönste im ganzen Land war. Nach Pipers Meinung war das Ansichtssache. Aber sie hatte ja keiner gefragt, nur diesen Spiegel. Und der hatte Piper für die Schönste befunden. Und damit hatte es angefangen. In ihrem ganzen Leben hatte sie Drew noch nie so wütend erlebt. Und Drew wurde oft wütend. Sehr oft. Diesmal hatte sie allerdings beschlossen, dem Ganzen ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Sie hatte einen ihrer Jäger mit Piper in den Wald geschickt, um sie zu töten. Damit man nicht ihr die Schuld anhängte, vermutlich. Und dann sollte er Drew Pipers Herz bringen, als Beweis für ihren Tod. Ziemlich radikal für Pipers Geschmack, aber der war ja wieder nicht gefragt. Vermutlich hatte Drew wieder den Spiegel zu Rate gezogen. Aber scheinbar hatte Drew ihr Hirn auch schon von dem Jäger rausschneiden lassen, jedenfalls hatte sie wohl vergessen, dass Piper - genau wie sie, nebenbei gesagt - Charmesprech beherrschte. Das war irgendeine seltene Prinzessinengabe, die in der Familie lag. Jedenfalls war es kein Kunsstück gewesen, den Jäger zu überreden statt ihrem ein Wildschweinherz zu nehmen und dann schnell wegzurennen. Und jetzt rannte sie noch immer. Mittlerweile bemerkte sie, dass das Gelände steiniger wurde. Scheinbar hatte sie die Berge erreicht. Super. Sie wurde langsamer und stütze sich immer wieder keuchend an Bäumen ab. Wohin sollte sie nun? Sie könnte natürlich abdrehen und weiter in den Wald hineinlaufen. Andererseits lief sie dann Gefahr, dass einer von Drews Gefolgsleuten, die sie sicher schon verfolgten, sie einholte und im schlimmsten Fall doch noch umbrachte. Also weiter in die Berge. Zwar wusste sie nicht, wie sie dort in ihrem dünnen Kleid und ohne jeglichen Proviant überleben sollte, aber vielleicht hatte sie ja Glück und traf dort jemanden, der ihr helfen könnte.

Nach einer guten Stunde erreichte sie eine Berghütte. In der Hoffnung, dort Zuflucht zu finden, ging sie darauf zu und wollte gerade anklopfen, als ein Junge vorbeiging. Er hatte strubbelige blonde Haare und war mit einem schweren Goldklumpen beladen. "Beachte mich gar nicht! Bin schon wieder weg!", reif er und verschwand auch schon im Wald.
Kopfschüttelnd klopfte Piper an die Tür der Hütte. Als niemand öffnete, drückte sie ganz aus Versehen die Türschnalle hinunter. Und tatsächlich, es war offen. Piper betrat die Hütte. "Hallo?"
Niemand antwortete. Sie sah sich um. In der Mitte des Raumes stand ein langer Holztisch und an einer Wand mehrere Betten. Eins, zwei, drei, vier, ... sieben Betten. Der Tisch war gedeckt. An jedem Platz stand ein Glas mit rätselhafter blauer Flüssigkeit und ein Teller mit gelblicher Pampe. Pipers Magen knurrte. Auch wenn das Essen nicht sehr einladend aussah, wer wusste schon, wann sie das nächste Mal etwas bekommen würde? Sie aß von jedem Teller, einen Bissen und trank aus jedem Glas einen Schluck, damit es nicht so auffiel, bevor sie beschloss, dass es so ungenießbar war, dass sie es lieber bleiben ließ. Sie wollte schon wieder gehen, als ihr Blick sehnsüchtig auf die Betten fiel. Die weichen Daumen stimmten sie furchtbar müde. Immerhin war sie ewig lang durch den Wald gelaufen. Die Besitzer würden es einer hübschen Prinzessin doch sicher nicht übel nehmen, dass sie hier schlief. Und außerdem beherrschte sie im Notfall auch noch Charmesprech. Sie legte sich in das erste Bett. Die Matraze war steinhart. Stöhnend rappelte sie sich wieder auf und probierte das zweite aus. Viel zu weich. Das nächste stank nach Ziege, beim übernächsten gab es keine Decke und so weiter. Endlich kam sie beim letzten an. Es war perfekt. Erleichtert kuschelte sie sich in die Decke und schlief ein.

Na, schon geht es los. Ich werde mir noch einen Update-Tag aussuchen, vermutlich Mittwoch, aber die nächsten paar Mal kommen wahrscheinlich noch unregelmäßig, weil ich nächste Woche dann auf Schikurs bin. Also bis zum nächsten Mal,
Eure
Luna_Levesque

Helden des MärchenwaldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt