Hat dein Hund ein Feuerzeug?

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Hylla sah sich um. Oder besser gesagt, sie blinzelte in die Dunkelheit und versuchte die schemenhaften Schatten zu identifizieren. Wo war sie hier? Es war kalt und feucht und der Boden fühlte sich nach Stein an. Also vermutlich ein Kerker. Na super. "Reyna?"
Keine Antwort. "REYNA?!"
Ein Grummeln ertönte aus einer Ecke. Hoffnungsvoll wandte sich Hylla dorthin, doch alles was sie sah war ein monströser Schatten. Definitiv nicht Reyna. Und monströs war auch nicht untertrieben. Als sie sich dem Schatten näherte öffneten sich zwei riesige Augen und sahen sie an. Riesige rote Augen. Hylla keuchte auf. Panisch griff sie nach ihrem Schwert. Kein Schwert. Sie war unbewaffnet. Verdammt, verdammt, verdammt. Der Schatten richtete sich auf und sie konnte nun erkennen, dass es sich um einen riesigen, schwarzen Vierbeiner handelte ein Bär? Mit Bären hatte sie immerhin Erfahrung. Doch dann bellte das Tier laut und... begann mit dem Schwanz zu wedeln? Es war also ein Hund. Ein freundlicher Hund, jedenfalls begann er jetzt, Hylla mit seiner riesigen, rosa Zunge abzuschlecken. Hylla stieß ihn von sich. "Iiih! Na, geduscht bin ich jetzt, danke auch. Es gibt hier nicht zufällig Licht?"
Der Hund legte den Kopf schief und sah sie scheinbar fragend an. "Licht", wiederholte sie.
Er sprang auf und begann geschäftig mit der Nase in einer Ecke des Kerkers zu wühlen. Dann kam er zurück, mit einer vor Hundespeichel triefenden Fackel im Maul. Hylla nahm sie vorsichtig entgegen. "Genial! Hast du auch Streichhölzer?"
Der Hund spuckte ein Feuerzeug hin. Hylla hob es auf und betrachtete es neugierig. Es war ein schönes, silbernes Feueurzeug. Woher hatte der Hund das? Sie wischte den Hundesabber von der Fackel. Dann entzündete sie sie. Endlich konnte sie etwas erkennen. Sie befand sich in einer Art Höhle, allerdings waren ringsherum nur Wände. Der Eingang war ein Loch in der Decke, doch es war Nacht, sodass kein Licht durch das Gitter drang. Dann betrachtete sie ihren Zellengenossen genauer. Tatsächlich war es ein schwarzer Hund mit roten Augen von der Größe eines übergroßen Bären. An seinem Hals hing ein abgewetztes, rotes Halsband. Vorsichtig griff Hylla danach, erwartete schon, dass der Hund sie beißen würde, doch er ließ sie gewähren. Sie betrachtete im Licht der Fackel die Marke an dem Halsband. "Mrs O'Leary", stand darauf. "Bitte zu Dädalus zurückbringen."
"Dädalus...", wiederholte Hylla. "Wer ist Dädalus?"
Mrs O'Leary winselte leise. "Vermisst du ihn?"
Hylla begann, die Hündin zu kraulen. "Armes, großes Mädchen. Wer hat dich denn in einen Kerker geworfen?"
Die Hündin winselte, doch Hylla wusste die Antwort. Es waren dieselben Leute, die Reyna und sie angegriffen hatten. Sie fragte sich, was mit Reyna passiert war. Alles, woran sie sich erinnerte, war, dass sie gefesselt und mit einem Sack über dem Kopf auf eine Art Wagen geworfen worden war. Sie wusste nicht, ob mit Reyna dasselbe passiert war. Vielleicht hatten sie sie auch gleich an Ort und Stelle umgebracht. Unwillkürlich schluchzte sie auf. Nein, das durfte nicht passiert sein. Reyna musste noch am Leben sein. Und Hylla würde sie wiederfinden. Trotzdem schluchzte Hylla wieder auf und Tränen begannen über ihre Wangen zu laufen. Mit einem fragenden Winseln stupste die Hündin sie an. Hylla sah sie erstaunt an. Dann legte sie ihre Arme um das riesige Tier und weinte in ihr dichtes schwarzes Fell. Es erinnerte sie seltsam an den letzten Winter, als Reyna und sie Jason den Bären beherbergt hatten. Hylla begann, langsamer zu atmen und beruhigte sich wieder. "Eines steht fest, Mrs O'Leary."
Die Hündin sah sie beim Klang ihres Namens aufmerksam an. "Wir müssen hier raus."
Die nächsten Stunden verbrachte Hylla damit, zu versuchen, an das vergitterte Loch in der Decke zu kommen. Sie versuchte die steilen Felswände hochzuklettern. Sie versuchte ein Seil aus ihrem sowieso vollkommen zerrissenem Kleid zu knüpfen und nach dem Gotter zu werfen, doch es war nicht stark genug. Schließlich stupste Mrs O'Leary sie mit ihrer feuchten Hundenase an. Hylla verstand. Sie stellte sich auf den Rücken der Hündin, doch als sie das Gitter erreicht hatte, erkannte sie, dass es ein Schloss hatte. Natürlich. Sie wollte es schon mit einer Haarnadel knacken, als ihr Blick auf die Hündin unter ihr fiel. Sie würde sie nicht ohne Hilfe aus dem Loch bekommen. Und zurücklassen konnte sie das Tier mit den traurigen roten Augen auch nicht. Also stieg sie wieder von ihrem Rücken. Wenige Stunden später ging die Sonne auf und erfüllte den Kerker mit Licht. Die Fackel war bereits erloschen und Hylla und Mrs O'Leary waren in einer Ecke aneinandergekuschelt, friedlich schlafend. Sie hatten beide keine Ahnung, was im Wald über ihnen vor sich ging.

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