Der barhufige Pegasus

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Percy kickte frustriert einen Stein über den Waldweg. Wieso war er nochmal der jüngste Sohn? Nicht, dass der Tod seines Vaters schon schlimm genug war, die Bekanntmachung des Testaments hatte dem Fass den Boden ausgeschlagen. Seine Brüder erbten die Mühle und das Geld. Und was erbte er? Einen Pegasus. Ein verdammtes Pferd. Mit Flügeln zwar, aber das war immer noch ein Pferd. Nun zog er durch den Wald auf der Suche nach jemandem, der ihm Blackjack abkaufen würde. Wieso genau hatte sein Vater das Vieh eigentlich nach einem Kartenspiel benannt? „Hey!"

Eine Stimme riss Percy aus seinen Gedanken. Er sah sich um. Niemand war zu sehen, außer natürlich dem Pegasus, der hinter ihm hertrottete. „Hey, Boss!"

Blackjack zog mit den Zähnen an Percys Ärmel. „Was ist denn, du blöder Gaul? Willst du was fressen, oder was?"

„Wenn du Donuts hast, Boss..."

„Warte mal... hast du gerade gesprochen?"

„Ja, ganz eindeutig. Ich habe gesprochen. Und ich spreche noch mehr. Nämlich, dass du mich nicht an einen Metzger verscherbeln solltest, oder was auch immer du vorhast."

„Aber du bist ein Pferd!" Ungläubig starrte Percy ihn an.

„Falsch. Ich bin ein Pegasus. Und ich hab dir einen Vorschlag zu machen. Also spitz die Lauscher, Müllerssohn." Der Pegasus wackelte mit den Ohren und fuhr dann fort. „Du weißt doch noch, diese hübsche Prinzessin, die kürzlich an der Mühle vorbeigekommen ist? Annabeth? Die hat dir doch gefallen, oder?"

Percy wurde rot. „Das ist dir aufgefallen?"

„Jep. Also, ich könnte dir helfen, sie für dich zu gewinnen..."

Percy runzelte die Stirn. „Hör mal, ich weiß nicht..."

„Sehr gut." Der Pegasus stupste ihn in den Rücken. „Du wartest hier und ich erledige schnell was. Keine Sorge, du kannst mir vertrauen."

Percy schaute ungläubig dem Pegasus nach, der den Weg hinuntergaloppierte und sich in die Lüfte schwang. Konnte er tatsächlich einem sprechenden, geflügelten Pferd trauen? Was hatte Blackjack überhaupt vor? Wieso wollte er ihn mit Prinzessin Annabeth zusammenbringen? War es wirklich ratsam, einen Pegasus sein Liebesleben bestimmen zu lassen? Percy beschloss, zu warten und zu sehen, was passieren würde. Ein paar Stunden verstrichen, dann landete Blackjack wieder vor ihm.

„Sehr gut. Und jetzt zieh dich aus. Da drüben ist ein Teich und du hast dringend mal ein Bad nötig."

Percy sah an sich herunter. Ja, Blackjack hatte recht. Seufzend befreite er sich von seinen noch immer mehligen Klamotten und sprang dann in den Teich. Das Wasser war angenehm kühl und r blieb einige Sekunden unter Wasser, bevor er prustend wiederauftauchte, nur um zu sehen, dass Blackjack gerade sein Gewand im Maul hatte und damit davonging. „Hey! Was soll das? Ich brauche das noch!"

Blackjack drehte sich zu ihm und nuschelte mit Stoff im Maul: „Keine Sorge, du kannst mir vertrauen."

Dann verschwand er im Wald, nur um kurz danach ohne Percys Kleidung wiederzukommen.

„Was hast du mit meiner Kleidung gemacht, du mieser Gaul?"

Percy spritzte Wasser in Blackjacks Richtung. „Ach komm schon Boss. Hab ein bisschen Geduld."

Plötzlich war Hufgetrappel in einiger Entfernung zu hören. Blackjack ging auf dem Weg in Position, die schwarzen Flügel weit ausgebreitet. Wenig später tauchte eine prunkvolle Kutsche auf, gezogen von zwei prächtigen Schimmeln. Blackjack wieherte und die beiden blieben stehen. „Hey, runter von der Straße!", rief der Kutscher.

„Bitte, mein Herr, der Graf ist im Teich baden gegangen und ein Dieb hat seine Kleidung gestohlen! Jemand muss ihm helfen, er ist splitterfasernackt!"

Die Tür der Kutsche schwang auf und ein Mädchen mit langen blonden Haaren und tödlichem Blick stieg aus. Prinzessin Annabeth. „Warum geht es nicht weiter, Jules-Albert?"

Der Kutscher schnaubte. „Der Pegasus behauptet, irgendein Graf, dem die Kleidung gestohlen wurde, braucht Hilfe."

Annabeth hob die Augenbrauen. „Das könnte durchaus ein Problem sein. Hol irgendwas zum Anziehen aus der Kutsche, Jules-Albert. Ich sehe mir die Sache mal genauer an."

Sie stapfte an Blackjack vorbei, den sie misstrauisch musterte, bevor sie sich ans Ufer des Teiches stellte. Percy war so weit von ihr weg wie möglich, wohl darauf bedacht, dass man nur seinen Kopf sah. „Eu-eure Majestät!"

Sie musterte ihn genauso misstrauisch wie den Pegasus. „Ihr seid also ein Graf? Wie kommt Ihr zu dem Vergnügen, splitterfasernackt in einem Teich zu schwimmen?"

„Nein, Eure Majestät, ich bin kein Graf. Ich bin nur ein einfacher Müllerssohn mit nichts als einem Pferd – "

„Pegasus!"

„– Pferd, das meine Klamotten geklaut und Euch belogen hat, um – was willst du überhaupt?" Die letzten Worte galten Blackjack.

„Ich wollte dir nur helfen, die Prinzessin zu erobern!" Der Pegasus klang beleidigt. „Und vielleicht ein paar Donuts abbekommen."

Annabeth sah überrascht aus, dann lachte sie laut auf. „Ein Müllerssohn, der mich mithilfe eines geflügelten Pferdes und eines vorgetäuschten Kleiderdiebstahls gewinnen will? Ziemlich dreist!"

„Das war noch nicht mein ganzer Plan!", jammerte Blackjack.

„Was auch immer. Ich werde meinen Weg jetzt fortsetzen."

Sie machte kehrt und ging zu ihrer Kutsche zurück. Nur dass die Kutsche nicht mehr da war. „Was zum..." Sie sah zu Percy und Blackjack. „Sagt mir, dass ihr wisst wo meine Kutsche, meine Pferde und mein Kutscher sind!"

Die beiden schüttelten die Köpfe. „Das sieht nach einem Problem aus. Wie komme ich hier weg? Wo sind sie?"

„Mit Verlaub, Eure Majestät, Blackjack und ich könnten euch helfen sie zu suchen. Immerhin kann er fliegen."

„Tatsächlich? Aber zieh dir vorher etwas an. Wie heißt du überhaupt?"

„Percy. Blackjack, bitte bring mir meine Klamotten wieder. Das Abenteuer ruft."

Heute ein bisschen später, weil ich noch ein Essay schreiben musste (das eh noch nicht ganz fertig ist).
Eure
Luna_Levesque

Helden des MärchenwaldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt