#17 Miserabel

378 27 1
                                        

In den folgenden Monaten verstand ich, was genau Tenten mit der Ruhe vor dem Sturm meinte. Es ging keineswegs um mich, es ging um Naruto.

Am Tag nach der Beerdigung kam ich von der Arbeit zurück und was mich im Wohnzimmer erwartete ließ mich kurz zurückschrecken.

Naruto auf der Couch mit dicken, fetten Augenringen und im weißen Hemd. Er saß vor dem Fernseher und neben ihm lauter Instant Ramen. Es war so verdammt klischeehaft, doch ich sagte nichts zu ihm. Er brauchte Zeit zum Trauern und wenn er sie so ausdrückte, käme ich damit klar. Kein Problem.

Dieses Bild wiederholte sich immer wieder. Täglich hatte ich es vor Augen, doch ich versuchte mir keine Sorgen zu machen. Es würde doch alles bald wieder seinen Alltag haben, oder?

Nach einem kurzen Arbeitstag kam ich, stattdessen ich nach Hause ging und Naruto in seinem mittlerweile gelblichen Hemd betrachtete, zu Tenten ins Café.

So gleich umgab mich diese Aura, die einen den Alltag kurz vergessen ließ. Ich spürte automatisch, wie sich die Anspannung aus meinen Schultern löste und sie hinunter fielen.

Entspannter als vorher nahm ich auf meinem Stammplatz Platz und wartete, bis Tenten Zeit für mich hatte.

Nach wenigen Minuten wurde mir eine dampfender, schwarzer Kaffee vor der Nase gestellt und ich schaute in ein Gesicht, welches mir den Tag versüßte.

„Guten Tag, Herr Hyuga.", begrüßte mich Tenten scherzhaft und setzte sich mir gegenüber hin.
Sie überschlug ihre Beine und schaute mich erwartungsvoll an.
„Wie geht es Naruto?", fragte sie darauf und lehnte sich vor.
Sie stützte sich mit ihrem Ellbogen auf dem Tisch ab und hatte weiterhin diesen Blick in ihren Augen.

Ich seufzte.
„Miserabel.", antwortete ich und nahm meinen Kaffee in die Hand.
Leicht schmunzelnd atmete Tenten aus.
„Das totale Klischee oder nur depressiv?"
„Ersteres."
„Oh, Gott."
„Jap. Man kennt es also?"
„Na ja ...", fing Tenten zögernd an, „Ich ... Momojii hat mal einen guten Kumpel verloren und da ging es ihm auch so beschissen."
„Du musste dich nicht so zurückhalten, wenn es um ihn geht. Er war ein wichtiger Teil deines Lebens.", seufzte ich und trank einen Schluck von meinem Kaffee.
„Echt jetzt?", fragte sie ungläubig und unsicher.
„Ja. Aber geh mir damit nicht so auf den Sack. Ich hab zwar kein Problem damit, aber wir waren nie beste Freunde."
Tenten kicherte und nickte.

„Jedenfalls versteh ich, was du siehst. Das ist kein schöner Anblick."
„Was kann man dagegen tun?"
„Momojii hat irgendwann angefangen, die Zeit zu vermissen, in der er arbeiten gegangen war. Vielleicht rüttelt ihn das wach."
„Ha ha, sehr lustig. Schon vergessen, dass Naruto nicht mal ein beendetes Studium hat?", erwiderte ich darauf.
„Ach, stimmt ja.", seufzte sie und überlegte nochmal von neu.
„Vielleicht geht er ja reisen nochmal."
„Mit Hinata im Schlepptau? Wo sie jetzt gerade in der Promo-Phase steckt für ihr Buch? Nie im Leben."
„Ja, Hinata müsste mit, stimmt schon ... Moment! Hinata!"
Als hätte sie einen Geistesblitz, schlug sie mit einem Mal auf die Tischplatte.
„Was denn?"
„Hinata! Sie ist der Schlüssel!"
„Was? Wieso?", fragte ich verdattert.
„Na ja, wenn wir uns damals unter Freundinnen gestritten haben und es Hinata zu viel wurde, da wurde ... Ich sage nur gruselig. Absolut gruselig."
„Bitte was?"
„Ja, es ist so! Vielleicht hält sie das auch nicht mehr aus nach einer Weile und reißt das Maul auf! Warte doch ab!"
„Ich halte das zwar für äußerst unrealistisch, aber okay. Ich warte noch vier Wochen und wenn Hinata bis dahin nichts sagt, was die Situation ändern könnte, dann kümmer ich mich drum."
„Und wenn sie was sagt?"
„Was?"
„Na ja, ich hätte dir ja theoretisch verholfen dazu. Ich muss doch auch irgendwas kriegen.", sagte Tenten schulterzuckend und lehnte sich zurück, während sie mich süffisant ansah.
Ich schüttelte nur mit meinem Kopf und hob meinen Finger in die Luft.
„Einen Wunsch, den erfülle ich dir, okay?"
„Abgemacht!", grinste sie und stemmte sich plötzlich auf.
„Ich hab dann noch Kundschaft. Und da gerade Sommer ist, brauchst du mich nicht nach Hause fahren. Ich hab Schluss, wenn die Sonne noch oben ist."
„Sicher?"
„Ja, geh nur."
„Okay. Du weißt, ruf an, wenn was ist."
„Das Gleiche gilt für dich."

Und so verschwand sie wieder hinter die Theke und ich trank noch entspannt meinen Kaffee aus, bevor ich mich in mein Auto schwang und nach Hause fuhr.

Wie ich sagte, schaute ich mir das einige Wochen noch an. Als ich eines Morgens am Essenstisch saß und Hinata gerade von einer Nachtschicht nach Hause kam (durch die Promo für ihr Buch hatte sie weniger Zeit für die Arbeit im Büro und deswegen erledigte sie an manchen Tagen den Arbeitsstapel in der Nacht), passierte es.

Ich sah auf, als ich hörte, wie Hinatas Tasche auf den Boden fiel.
„Ich ... Ich kann das nicht mehr.", sagte sie.
Naruto schaute nicht auf.
„Naruto!", erhob sie ihre Stimme und der Blonde schreckte zurück. Nun sah er verschreckt auf und die Gesichtszüge von ihm entglitten komplett.
„Das kann verdammt nochmal nicht so weitergehen! Tag für Tag liegst du auf der verdammten Couch und bewegst dich keinen Zentimeter! Das kann ich nicht mehr mitansehen! Das warst du doch nie. So verbittert und erbärmlich. Es tut weh dich so zu sehen. Ich hasse es mittlerweile so sehr nach Hause zu kommen und dich so vorzufinden.", sie atmete ein und aus, "Morgen wirst du dich für Kurse an einer Uni einschreiben. Und dann wirst du arbeiten. Als Lehrer. Wie du es immer wolltest."

Naruto nickte gehorsam.

"Dann geh duschen und such nach Angeboten. Ich gehe schlafen. Gute Nacht."

Hinata machte auf dem Absatz kehrt und ich starrte immer noch ganz perplex auf die Stelle, auf der sie gestanden hatte.
Naruto stand auf und verließ das Wohnzimmer. Darauf holte ich mein Handy hervor und tippte seufzend an Tenten die frohe Botschaft in mein Handy.

"Lass dich überraschen. Nimm dein Auto mit und Proviant. Morgen um 12:00 Uhr bei mir!"

Verwirrt schaute ich auf den Bildschirm.
Ich musste doch arbeiten. Und sie bestimmt auch. Wir konnten doch nicht einfach mitten am Tag abhauen.

Aber höchstwahrscheinlich würde dieses Argument Tenten nicht überzeugen. Generell würde sie jetzt nichts mehr überzeugen, dachte ich.

Also war meine Antwort klar.

„Okay. 12:00 Uhr bei dir.“

Yoooo back am stizzle. Sagt das überhaupt noch einer? Ach, kein Plan.

harmony tea - naruto.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt