Kapitel 21

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Kate erzählte mir, was ich alles verpasst hatte, seit ich in der Mensa ohnmächtig geworden war. Das würde interessant werden, wenn ich wieder in die Schule kam, dachte ich nachdem sie am Ende ihrer Erzählung war.

Kurze Zeit danach kam Dr. Andersen zur Abendvisite. Erstaunlich war, dass ich an meinem seltsamen Gedanken erinnerte, dass er in meiner Vorstellung einen Bart hatte und sehr groß war. Noch erstaunlicher war jedoch, dass er tatsächlich so aussah. Nachdem er sich nach meinem Befinden erkundigt hatte, macht er sich zusammen mit Mrs. George daran, die Verbände an meinen Armen zu wechseln.

Zum ersten Mal sah ich, wie es unter dem sauberen Weiß aussah. An beiden Armen sah ich mehrere Nähte, Fäden hielten die zerstörte Haut zusammen. Überall waren kleine Schnitte zu sehen. Aber sie waren bereits blass und nirgends sah ich Blut, das laut Kate am Donnerstag wohl in Strömen aus mir geflossen war. Nun ja, unrecht hatte sie nicht unbedingt. Auch ich hatte in meinen letzten hellen Momenten nur rot gesehen, aber vielleicht hatte sich mein Verstand diesen Moment in einer sehr übertriebenen Version eingeprägt. Auch Dr. Andersen schien überrascht zu sein.

„Das sieht fantastisch aus", riss mich Dr. Andersen mich aus meinen Gedanken. „Sie scheinen sehr schnell zu heilen, wie es aussieht." Er begutachtete die Wunden fasziniert.

„Wenn die Heilung weiterhin so schnell voranschreitet, können sie in einem oder zwei Tagen bereits wieder nach Hause." Freudig lächelnd sah er mich an.

„Das Fieber ist auch weg", sagte Mrs. George. „Wunderbar, meine Kleine", fügte sie hinzu und auch sie schenkte mir ein Lächeln.

Alsbald waren Dr. Andersen und Mrs. George gegangen und auch Kate war wieder nach Hause gefahren. Aber sie versprach morgen Abend wieder zu kommen und auch John mitzubringen, der heute nicht kommen konnte, da er noch beim Klavierunterricht festsaß.

Als sie weg war, hob ich mein Handy vom Nachttisch in meine Hand. Wenn Kate morgen wiederkommen wollte, sollte ich Finn wohl Bescheid sagen. Die Beiden sollten hier nicht aufeinandertreffen. Oder er auf John, dann würde er nur wieder seltsame Dinge vermuten. So oder so, wenn ich es verhindern konnte, dann würde ich es tun und mir damit eine Menge Stress ersparen.

Aufgeregt fing ich an zu tippen. Doch ich wusste nicht so recht, wo ich anfangen sollte, ich wollte nichts Komisches schreiben. Hastig löschte ich die Nachricht wieder bevor ich sie abschickte und begann von Neuem. Wieder und wieder bis ich endlich zufrieden war und nicht das Gefühl hatte, ich würde mich blamieren oder bloßstellen.

Warum war das nur so schwer?, fragte ich mich. Sonst fiel mir das doch auch nicht schwer und immerhin handelte es sich nicht um eine wichtige Arbeit, sondern nur um eine SMS. Aber nicht irgendeine SMS, entgegnete der Gegenpart in meinen Gedanken. Sie musste also gut sein, oder? Irgendwie kam ich mir ziemlich lächerlich vor, konnte es trotzdem nicht sein lassen, darüber nachzudenken.

Im Chatfenster sah ich, dass Finn gerade online war und die SMS bereits gelesen hatte. Und dann fing er an, eine Antwort zu verfassen. Er tippte und tippte. Und tippte. Zumindest war es das, was mir die Anzeige verriet.

War er wohlmöglich auch aufgeregt? Ich lächelte für einen Moment über diesen Gedanken, bis mich die Realität wieder einholte. Wahrscheinlich ist die Anzeige einfach defekt oder etwas in dieser Richtung, ermahnte ich mich selbst. Vergiss es!

Schließlich schickte er die Nachricht ab und schrieb, dass er morgen Mittag mit seiner Mutter vorbeikommen würde und dass sie Essen mitbringen würden, wovon er seine Mutter nicht hatte abbringen können. Die Frau, die Finn immer als die Aqua bezeichnete und die Einzige andere ihrer Art war abgesehen von mir, war scheinbar immer noch abkömmlich, sehr zu seinem Bedauern. Er würde gerne die Sonne mal wiedersehen, scherzte er.

Oblivia - Die VergessenenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt