KAPITEL |1.

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Nein, nein, nein! Ich muss mich beeilen. Wieso kann ich nicht einfach vier Beine haben? Wieso bin ich nur so langsam? Schon vor Ewigkeiten hätte ich zu Hause sein müssen. Meine Eltern werden mir den Hals umdrehen! Ich durfte eigentlich gar nicht raus. Und dann habe ich sie doch überredet, mit dem Versprechen, pünktlich zu sein. Tja, das ist ja wohl in die Hose gegangen! Ich weiß genau, was mir blüht, wenn ich das Haus betrete. Meine Eltern werden nicht schlafen. O nein. Sie warten auf mich. Und dann kann ich mir wieder eine Standpauke anhören, die gefühlt niemals endet. So läuft das immer! Obwohl ich schon fast volljährig bin, werden sie nicht müde mir immer und immer wieder vorzuhalten, wie verantwortungslos ich bin. Mittlerweile schalte ich dabei auf Durchzug, aber dennoch werde ich nicht ohne Strafe davonkommen.

Ich hechte über einen Stock, laufe weiter und schaue dann dabei auf die Uhr. Scheiße! Gerade will ich die Hand wieder sinken lassen als es passiert. Wie eine Rakete krache ich gegen etwas - oder jemanden. Ich höre einen erschreckten Laut und dann donnern wir beide zu Boden. Der Aufprall tut saumäßig weh und ich lande direkt auf meinem Arsch.

Stöhnend sitze ich da und höre wie derjenige, den ich gerade so umgerannt habe, vor sich hin flucht. Er hat eine tiefe Stimme. Sie klingt rau und kehlig. Dann taucht jemand vor mir auf - der Kerl. Er hält mir die Hand hin.

"Entschuldige", keuche ich, ich bin schließlich gerade gerannt wie eine Irre.

Er zieht mich auf die Beine und lässt meine Hand los. Erst klopfe ich in aller Ruhe meine Kleidung ab, dann hebe ich den Kopf, um den Kerl anzusehen. Nur um sofort zu erstarren. Vor mir steht niemand anderes als Dylan McDearing, der größte Aufreißer der Bronx High.

Mein Blick wandert von seinen schwarzen Haaren zu seinen schön geschwungenen Augenbrauen. Von dort weiter über seine blauen Augen, die ich sogar im Mondlicht als unglaublich schön empfinde. Umringt sind diese mit langen, ebenfalls schwarzen Wimpern. Weiter geht es zu seiner schmalen geraden Nase. Schließlich verharrt mein Blick kurz an seinen sinnlich geformten Lippen, wandert dann aber weiter über sein Kinn, welches ausgeprägt und markant ist. Ich sehe über seinen Hals, zu den breiten Schultern, über seine Brust, worüber sich sein enges blaues Shirt spannt. Mehr abwärts zu seinen blauen Jeans mit dem Tommy-Hilfiger Gürtel und letztendlich zu seinen Nikes. Ich schaue ihn von oben bis unten an und steuere meinen Blick langsam wieder nach oben. Mir bleibt die Spucke weg. Der Kerl ist wirklich der Wahnsinn auf zwei Beinen. Leider ist er ein Arschloch.

Ich schaue in sein Gesicht und sehe auch seine Augen über meinen Körper wandern.

Er hebt die Augenbrauen, als er seine Musterung abgeschlossen hat. "Hey, ich bin Dylan."

In dem Augenblick, als ich seine Stimme höre, die mich direkt anspricht, bin ich verloren. Denn mich durchläuft ein Schauer.

"I-ich weiß, wer du bist", stottere ich und schaue ihm in die Augen.

Ein Lächeln bildet sich auf seinen schönen Lippen. Ich verstehe absolut, wieso alle Mädels ihn haben wollen und alle Kerle neidisch auf ihn sind.

"So? Und du bist ...?" Er hebt fragend die Augenbrauen.

Ich hole tief Luft. "Violetta Stone. Wir haben einige Kurse zusammen."

Er wirkt überrascht. "Und da bist du mir nicht aufgefallen?", will er wissen.

Ich schüttle den Kopf. Obwohl die Frage wohl rhetorisch gemeint war.

"Wie schade ... mhh, hast du Lust, ein bisschen mit mir spazieren zu gehen?"

Entsetzt reiße ich die Augen auf. Hat mich gerade der heißeste Kerl der High School gefragt, ob ich mit ihm spazieren gehe?

"Ich äh ...", kommt es erneut stotternd aus meinem Mund.

Dylan legt den Kopf abwartend schief.

"Okay", sage ich leise kichernd und ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus.

"Na dann!" Er deutet mit dem Kopf in eine Richtung und ich folge ihm.

Vergessen sind meine Eltern und der Anschiss, welchen ich nachher bekommen werde.

The Night we metWo Geschichten leben. Entdecke jetzt