FOUR

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Hailey

Auch heute rannte ich wieder wie eine Verrückte zum Briefkasten. Naja rennen war vielleicht ein wenig übertreiben, aber so schnell wie es mein Rücken eben zuließ hinkte ich zu den stählernen Kästen. Ich steckte den Schlüssel mit zitternden Fingern in das Schloss, und öffnete den Briefkasten.

Ein weißer dicker Brief fiel mir entgegen und ich schnappte ihn mir mit den restlichen Werbekatalogen. Ich drehte ihn um und ließ einen erstickten Freudenschrei aus, als ich das Logo der Columbia University darauf erblicken konnte. Eilig lief ich zum Aufzug und drückte nervös auf den Knopf, bis die Türen des Fahrstuhls aufglitten. Mit zitternden Fingern öffnete ich den dicken Umschlag noch bevor ich in unsere Wohnung zurückkehrte. Ich zog einen aneinander getackerten Stapel Blätter. Ich überflog die erste Seite um herauszufinden, ob es sich wirklich um eine Zusage und den dazugehörigen Vertrag handelte, doch bevor ich die nächste Seite umschlagen konnte, flatterten die Werbekataloge zu Boden. »Mist«, fluchte ich und bückte mich umständlich um die Blätter auszuheben. »Autsch«, mein Rücken schmerzte als ich mich wiederaufrichtete und blickte ich direkt in Allys rehbraune Augen. »Woah«, ich taumelte einen Schritt zurück, bis ich mich an der Wand abstützte und mein Gleichgewicht wiederfand. »Erschreck mich doch nicht so«, meckerte ich und versuchte mich vorbei an ihr in unsere Wohnung zu drängen, doch sie ließ mich nicht vorbei. »Was sehe ich denn da?«, flötete sie und riss mir den Umschlag aus den Händen. »Die Columbia hat dir geschrieben?« Ich nickte und nahm ihn wieder an mich. Endlich ließ sie mich vorbei und ich legte die Briefe und Prospekte auf den kleinen Tisch direkt im Eingangsgereich. Langsam zog ich meine Jacke aus und hängte sie an die Garderobe, während Allison aufgeregt um mich herumtanzte. Ich ließ mich auf das Sofa fallen und nahm den Stapel Blätter aus dem Umschlag. Columbia University prangte auf der ersten Seite und mit klopfendem Herzen schlug ich die Seite um.

Vielen Dank für Ihre Bewerbung und Ihr Interesse an der Stelle englische Literatur an der Columbia University.

Wir würden Sie gerne zu einem Vorstellungsgespräch einladen, bringen Sie dafür einfach diesen Vertrag unterschrieben mit.

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Ms. Anne Conner

»Woooooho«, siegessicher stieß ich meine Faust in die Luft. Allison umarmte mich überschwänglich und ich klammerte mich an den Stapel Blätter, als würde es um mein Leben gehen. »Ich freue mich so für dich, du bekommst den Job ganz sicher«, rief sie und sprang auf. Wenige Minuten später kam sie mit zwei Tassen Tee zurück und reiche mir eine davon. Ich nahm das dampfende Getränk dankbar entgegen und stellte die Tasse auf dem Wohnzimmertisch ab.

»Das ist doch der perfekte Anlass um endlich mal shoppen zu gehen«, rief Ally begeistert und ich sah sie augenverdrehend an. »Aber nur ein oder zwei Läden verstanden?«, fragte ich sie und Ally nickte grinsend, doch ich wusste, dass sie sich nicht daranhalten würde.

Allison und ich trugen die neuen Sachen in die Wohnung. Damit sie nicht alles alleine tragen musste nahm ich die Kissen in die Hand. Die neu gekauften Sachen verteilten wir auf dem Boden und sortierten sie nach den verschiedenen Räumen. Ich trug meine neuen Kissen, die kuschlige weiße Decke und den grauen Plüschteppich in mein Zimmer. Ally kam mit der Dekokiste hinterher und wir verteilten, kleine Pflänzchen auf der Fensterbank ein paar leere goldene Bilderrahmen auf dem Schreibtisch und einen großen Spiegel hängten wir an der freien Wand neben meinem Kleiderschrank auf.

Wir hatten neue hübsche Gardinen gekauft, die meinem Geschmack entsprachen und ein paar neue Tassen, da ich meine alten ja weggegeben hatte.

Als wir endlich fertig waren dämmerte es draußen schon und ich schaute auf meine Uhr. Es war kurz vor acht und ich spürte schon wie die Müdigkeit sich in meinem Körper breitmachte. Ich war es aus der Klinik gewohnt, aktiv zu sein und meinen Körper jeden Tag aufs Neue herauszufordern, trotzdem war ich am Ende vom Tag mehr als geschafft.

Ich putze mir noch schnell meine Zähne und fiel tot Müde in mein neues Bett. Bevor ich das Licht ausmachte schaute ich mich noch einmal in meinem neuen Zimmer um. Dies war nun mein zu Hause und mit Allys Hilfe, hatte ich es geschafft mein Zimmer so zu gestalten, dass ich mich jetzt schon Pudelwohl fühlte.

»Hallo mein Name ist Hailey Anderson«, sagte ich und lächelte mich im Spiegel an. Seit einer Woche übte ich schon für mein Vorstellungsgespräch. Eigentlich war ich gut vorbereitet, doch heute war es endlich soweit und ich spürte wie sich die Aufregung in meinem Körper breitmachte, als ich den letzten Knopf meiner Bluse schloss und die Tür hinter mir zu zog. Allison wartete schon in ihrem Auto auf mich und hupte als ich aus der Tür trat. »Beeil dich, sonst kommen wir noch zu spät«, rief sie mir durch das geöffnete Fenster zu und ich ließ mich auf den Beifahrersitz fallen.

»Denk daran, du kannst alle schaffen«, rief mir Ally zu, bevor sie in einem Gang verschwand und sich auf den Weg zu ihrer Vorlesung machte, während ich nach dem Richtigen Raum suchte. Mein Herz pochte laut in meiner Brust und ich spielte nervös an meinem Schlüsselanhänger herum.

Raum 105 stand dick und fett auf dem Schild über der Tür, trotzdem zögerte ich noch einen Moment, bevor ich an die Tür klopfte. Keine Sekunde später, ertönte ein gedämpftes »herein« und ich öffnete mit zitternden Händen die Tür.

Eine blonde hochgewachsene Frau, saß hinter einem großen Eichenholzschreibtisch und lächelte mich freundlich an. »Sie müssen Ms. Anderson sein«, sie klappte ihren Laptop zu und zeigte auf den Stuhl ihr gegenüber. Ich durchquerte den Raum und setzte mich so gut es ging auf den mit Samt bezogenen Stuhl. »Ich hoffe Sie haben den Vertrag dabei«, sagte sie und ich holte ihn aus meiner Tasche. »Ja habe ich«, sagte ich. »Da sie einen so tollen Werdegang haben, haben wir uns für Sie entschiede.«

»Wie bitte?«, fragte ich verwirrt und mein Herz pochte laut in meiner Brust. »Sie haben die Stelle«, sie strahlte mich an und stempelte den Vertrag setzte eine Unterschrift darunter und gab ihn mir zurück. »Wow, danke«, stotterte ich und nahm den Vertrag an, den sie mir wieder zurückgab. »Das war's jetzt schon?«, fragte ich mich und blieb sicherheitshalber noch sitzen. »Sie bekommen eine Mail von uns mit ihrem Stundenplan und wenn Sie keine weiteren Fragen haben sehe ich Sie an ihrem ersten Tag wieder«, sie lächelte mich an und klappte ihren Laptop wieder auf.

»Ok, Dankeschön Ms. Conner«, ich stand auf und atmete tief ein und aus als ich die Tür hinter mir schloss. Verwirrt blieb ich noch eine Weile vor dem Zimmer stehen um zu verarbeiten, was gerade passiert war. Ich hatte gar kein richtiges Vorstellungsgespräch gehabt, sie hatten mich einfach so genommen. »War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?«, fragte ich mich stirnrunzelnd, als ich mich wieder auf den Weg Richtung Ausgang gemacht hatte.

Das musste ja heißen, dass sie schon seit längerem nach jemandem für diese Stelle gesucht hatten. War die richtige Person noch nicht dabei gewesen, oder war die Stelle einfach unbeliebt?

Ich verdrängte die negativen Gedanken und stieß eine Siegesfaust in die Luft, als ich ins Freie trat. Ich hatte wirklich einen Job. »Yass«, flüsterte ich und musste grinsen. Ein Blick auf meine Uhr, zeigt mir, dass Allison noch mehrere Stunden Vorlesungen vor sich hatte und ich alleine nach Hause kommen musste.

Ich entschied mich für ein Taxi und eine halbe Stunde später kam ich endlich zu Hause an.

Love again (alte Version!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt