SIX

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Hailey

»Ich wollte schon immer Literatur studieren.«

Mit diesem Satz begann ich meine erste Vorlesung, an der Columbia University of New York. Es wurde ruhig, jeder nahm Platz und holte seine Sachen raus.

Ich atmete tief ein und strich meine Kleidung glatt, ehe ich meine komplette Aufmerksamkeit wieder an die Klasse richtete. Ich hatte panische Angst, dass man mir anmerken würde, dass sich unter den vielen Schichten meiner Kleider, dickes wulstiges Narbengewebe befand, doch ich atmete meine Panik weg, wie ich es gelernt hatte und konzentrierte mich auf mein Ziel.

»In meinem letzten Jahr, an der Highschool, wurde mir klar, dass ich Lehrerin werden wollte. Aus dieser Idee entstand dann mein Traum Dozentin zu werden und niemals hätte ich gedacht, dass ich einmal hier in New Yorks bester Universität stehen würde. Als Dozentin lehrt man nicht nur, man lernt auch«, fuhr ich meinen Vortrag fort.

»Ihr seid nicht länger auf der Highschool, an welcher eine sehr distanzierte Beziehung zwischen Lehrern und Schülern herrscht. Ich bin eure Dozentin und damit stehe ich gesetzlich über euch, doch wie euch wahrscheinlich aufgefallen ist, bin ich nur ein paar Jahr älter als die meisten von euch. Vor ein paar Jahren war ich in eurer Situation, weshalb ich versuche so viel Verständnis wie möglich zu zeigen, doch dies klappt nur, wenn ihr auch mir Respekt, Anstand und Verständnis entgegenbringt.«

Ich ließ meinen Blick durch den Saal schweifen. Circa einhundert wissbegierige Augenpaare sahen mich an.

Genau das war es was mir an diesem Job so sehr gefiel. Man konnte über das reden was man am meisten liebt und dieses Wissen weitergeben.

Mit verschwitzten Fingern beendete ich meine erste Vorlesung, als Dozentin, mit einem Zitat von Henry David Zhoreau (1817- 1862) »Bücher müssen mit ebenso viel Überlegung und Zurückhaltung gelesen werden, wie sie geschrieben wurden.«

Glücklich packte ich meine Sachen, welche auf dem Pult verstreut waren, ein. Als ich aufblickte, sah ich wie die Studenten und Studentinnen aufstanden und sich auf den Weg zu ihrer nächsten Vorlesung machten.

Der Saal war nun menschenleer, abgesehen von mir natürlich und ich schnappte mir meine Tasche vom Pult.

Ich drehte mich um und sah Cassian wenige Meter vor mir stehen.

Entsetzt sah ich ihn an. »Was wollte er hier?«, fragte ich mich.

Er lief weiter auf mich zu und bleib stehen. »Hey meine Schöne, kann ich dich kurz sprechen«, er sah mich anzüglich an und mein Mund klappte erschrocken auf. Das hatte er jetzt nicht wirklich gesagt. Ich funkelte ihn wütend an.

Er stand nun direkt vor ihr.

»Was soll das? Ich kenne dich nicht einmal richtig«, zischte ich ihm leise zu, doch er wendete sich an die Studenten, die dieses Schauspiel begeistert mitverfolgten.

»Und wessen Schuld ist das?«, fragte er rau und strich mit seinen Lippen sanft über meinen Hals und ich keuchte erschrocken auf. Er war mir nun so nah, dass ich seinen Geruch nach Espenlaub und Sandelholz einsog, wie eine abhängige ihre Drogen.

»Was sollte das denn?«, meine Stimme zitterte vor Wut.

»Ich weiß, dass du mich willst«, flüsterte er und das durchdringende Blau seiner Augen bohrte sich in meine.

»Und was macht dich da so sicher?«, fragte ich abschätzig, während ich meine Tasche schulterte.

Er strich mit seinem Daumen über meine Unterlippe und mein Atem ging schneller. »Deshalb«, er grinste mich verschmitzt an.

Love again (alte Version!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt