Kapitel 2 | Wochenende | Teil 1 (Deutschland)

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(Deutschland pov)

Dieses Wochenende steht uns zur freien Verfügung. Es tut gut, ganze zwei Tage für sich zu haben. Ein paar Kameraden besuchen in diesem Zeitraum Freunde, Verwandte oder gönnen sich einfach anderweitig eine erholsame Zeit. Für mich jedoch gibt es, außer meinem Leben hier, nichts wo ich hingehen könnte. Also mache ich mit dem weiter, was ich als Soldat gewohnt bin. Zwar stehe ich ein wenig später als gewohnt auf, aber 06:30 Uhr kann man nun wirklich nicht als späte Morgenstunde bezeichnen. Dennoch bin ich aufgrund des sonst so frühen Dienstbeginns bereits ausgeschlafen. Ich blicke durch mein Fenster nach draußen und stelle fest, dass es zwar bewölkt, aber trocken ist. Ich könnte die frühe Stunde nutzen um etwas Sport zu machen. Entschlossen öffne ich meinen Spind und ziehe meinen Trainingsanzug an.

Als ich aus meiner Zimmertür heraus trete, bin ich etwas enttäuscht, da ich alleine im Gang stehe. Ich habe mich so daran gewöhnt, dass Polen lächelnd vor meiner Tür steht und mich empfängt.

Seit dem Zwischenfall mit Belarus begleitet er mich stets zu den theoretischen sowie praktischen Unterrichtseinheiten. Eigentlich begleitet er mich fast überall hin. Es war mir anfangs unangenehm, weil ich mich wie ein kleines Kind gefühlt habe, welches von seinem Kindermädchen begleitet wird. Doch mittlerweile habe ich Gefallen daran gefunden. Es hat sich dadurch eine gute Freundschaft zwischen uns entwickelt und ich fühle mich nicht mehr so alleine. Er hat es sogar dadurch geschafft, dass ich mich auch mit ein paar anderen besser verstehe.

Auf dem Gang nach draußen treffe ich auf Russland. Auch er trägt seinen Trainingsanzug und hat seinen Sportrucksack geschultert. Wir nicken uns zum Gruß kurz zu und als wir an der Tür zum Außengelände angekommen sind, schlägt er den Weg zum Fitnessraum ein, wohin ich hingegen die andere Richtung, Richtung Sportplatz, nehme.

An der großen Sportbahn angekommen ziehe ich meine Schnürsenkel noch einmal stramm zurecht und suche aus meiner Jackentasche meine Kopfhörer heraus.

Beim Laufen helfen mir die alten Lieder von früher einen klaren Kopf zubekommen. Die Lieder stammen noch zu Zeiten meines Großvaters. Ich weiß nicht, ob sie hier verboten sind, also höre ich sie lieber heimlich nur für mich alleine und nie auf Lautsprecher.

Ich dehne noch kurz meine Arm- und Beinmuskulatur, dann fange ich an auf der 400 Meter Bahn meine Runden zu drehen.

Ich brauche nicht lange, bis ich mein Tempo gefunden habe. Die Musik hallt in meinen Ohren wieder und versuche mich verbissen auf das Laufen zu konzentrieren. 

Jedoch will es mir heute einfach nicht gelingen.

Ich weiß nicht warum, aber in meinen Gedanken tauchen plötzlich die Gesichter anderer Länder auf. Wie sie mich zu Antritts meines Dienstes in der Armee musterten. Wie sie hinter vorgehaltener Hand über mich tuscheln. Wie sie stumm an mir vorbei gehen, nachdem ich sie auf dem Gelände gegrüßt habe. Wie sie über mein geschwollenes Auge „Zurecht" flüstern.

Ich bleibe außer Atem stehen und stemme meine Hände in die Hüfte. Der Schweiß tropft mir vom Gesicht und ich habe Seitenstechen.

Die Runden, die ich bereits gelaufen bin habe ich nicht gezählt. Aber es muss ausreichend gewesen sein, wenn ich schon so am Schwitzen bin.

Ich beschließe es für heute sein zu lassen. Mein Geist ist ohnehin einfach zu unruhig.


Auf dem Gang zu meinem Zimmer sehe ich Polen mit einem Eimer vor meiner Zimmertür stehen. Ich lege meine Stirn in Falten. Was macht er da? Putzt er?

Polen erschreckt sich, als er mich erblickt.

„Niemcy!"ruft er und kommt mir entgegen, wobei er sich bemüht mir den Blick zu meiner Zimmertür zu versperren. Dabei habe ich schon längst erkannt, dass meine Tür mit dem Wort "Unerwünscht" und einem großen Hakenkreuz beschmiert worden war.

Countryhumans | In the army nowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt