26. "Was bedeutet das für uns?"

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Stacey brachte kein Wort heraus, noch immer hielt Timo ihr Gesicht in seinen Händen fest und sah ihr eindringlich in die Augen. Er glaubte an sie. Er wollte, dass sie kämpfte. Um ihr eigenes Leben. Timo senkte seinen Kopf und gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Er lächelte und ließ sie dann los.

Stacey blinzelte ein paar Mal, verarbeitete Timos Worte. Kämpfen. Gib nicht auf. Was möchtest du? Und dann fiel sie ihm um den Hals. Das war die stürmischste Umarmung, die Stacey seit Jahren gehabt hatte.

Timo lachte und fing sie auf. „Danke.", flüsterte Stacey.

„Immer. Du verdienst es, glücklich zu werden." Sie lösten sich voneinander und Timo zog einen kleinen Zettel hervor. „Falls du mal wieder einen Tritt in den Hintern brauchst oder einfach meine wundervolle Stimme hören willst. Mach es gut, Stacey.", sagte er und gab ihr den Zettel.

Stacey sah, dass eine Nummer daraufgeschrieben war. Sie lächelte und ließ den Zettel in ihre Tasche gleiten.

Liam beobachtete das alles missmutig aus dem Bus heraus. In seiner Brust schien ein Igel herumzulaufen, der ihn ständig ins Herz pikste. Gestern noch hatte Stacey ihm ungefähr zu verstehen gegeben, dass sie mehr von ihm wollte, und jetzt ließ sie sich von ihrem Ex so berühren. Die beiden hatten eine starke Bindung, wenn er das nach nur einem Tag schon wieder konnte, ohne dass sie ausrastete. Dagegen hatte Liam doch niemals eine Chance.

Jetzt schien der Igel mit einer Axt anzukommen, um sein Herz zersplittern zu lassen. Wieso tat es so weh? Wie konnte Stacey sich so schnell so tief in sein Herz geschlichen haben? Er wusste es nicht. Alles, was er wusste, war, dass sie dort war und es ihn schmerzte, sie so eng mit einem anderen zu sehen, der offenbar viel besser mit ihr umgehen konnte.

Timo verschwand dann wieder zur Arena und Stacey lief auf den Bus zu, ihren Kopf gesenkt. Als sie in den Bus stieg, sah sie hoch in Liams niedergeschlagene Augen. „Liam, das...", setzte sie an, aber Liam wollte es nicht hören. Wollte nicht hören, dass sie kein Interesse mehr an ihm hatte, dass sie lieber wieder zu Timo wollte, als zu lernen, seine Berührung zu ertragen.

„Ist okay, ich hab's kapiert. Gegen den stehen meine Chancen sowieso unterirdisch schlecht." Er wandte sich ab und ließ sich mit dem Rücken zu Stacey auf eine der Bänke fallen. Alle waren hier und guckten zwischen Liam und Stacey hin und her.

Stacey blinzelte zweimal, dann holte sie tief Luft und riss sich zusammen. Kämpfen. Und wie sie kämpfen würde. Entschlossen ging sie auf Liam zu, blieb neben ihm stehen, nahm sein Gesicht in ihre Hände und drehte seinen Kopf zu sich herum. „Deine Chancen stehen besser als die von jedem anderen. Und sie stünden sogar noch besser, wenn du nicht sinnlos eifersüchtig wärst."

Für eine Sekunde hielt sie den Blick fest, Liams braune Augen waren völlig erstaunt geweitet. Keiner der beiden atmete, dann ließ sie ihn los und verschwand nach hinten.

Liam klappte der Kiefer herunter, der Igel schien unter seinem Herz, das ohnehin schon ungesund schnell schlug, ein kleines Lagerfeuer zu machen. Dann kamen ihre Worte langsam in seinem Hirn an. Seine Chancen standen besser. Er war sinnlos eifersüchtig.

Louis, Harry, Niall und Zayn tauschten erstaunte Blicke aus, dann ergriff Louis als erster das Wort. „Wenn du jetzt nicht deinen Hintern zu ihr bewegst, dann versohle ich ihn dir höchstpersönlich."

Liam sprang wie von der Tarantel gestochen auf und stürmte nach hinten, hinter Stacey her. Die vier Jungs warfen sich amüsierte Blicke zu, Worte waren nicht nötig, um einander zu verstehen.

Liam sah Stacey, wie sie auf ihrem Bett saß, über ihr Notizbuch gebeugt. Sie sah nicht hoch, obwohl sie ihn bemerkt haben musste. Liam zögerte kurz, dann setzte er sich neben sie auf ihr Bett. Jetzt legte Stacey das Buch weg und sah zu ihm hoch. Keiner sagte ein Wort, sie versuchten in den Augen des anderen zu lesen, was sie tun sollten.

„Stacey...", fing Liam dann an, aber Stacey unterbrach ihn sofort. „Liam, warte. Ich..." Liam verstummte und sah sie abwartend an. Was wollte sie sagen?

„Ich bin mit Timo zusammengekommen, als ich fünfzehn war. Wir waren fast zwei Jahre zusammen. Als ich nach Frankreich gezogen bin, haben wir schnell gemerkt, dass das nicht klappt und haben uns getrennt. Wir wollten den Kontakt halten, haben es aber nicht besonders lange geschafft. Timo und ich hatten eine gute Beziehung, weswegen ich ihm vertraue. Er war mein einziger Freund, neben Jeremy. Und er hat mich nie verletzt, obwohl er genug Gelegenheit dazu gehabt hätte, denn ich war verletzlich, als meine Eltern gestorben sind. Er hat mich daran erinnert, dass nicht alle eine dunkle Seite verstecken. Manche Menschen sind einfach... gut." Der schüchterne Blick aus ihren braun-goldenen Augen brachte Liams Herz zum Schmelzen und ein Zoo erwachte in seinem Bauch.

„Wenn man mit Timo zusammen ist, darf man nicht schnell eifersüchtig werden. Er ist der geborene Charmeur. Das habe ich früh gelernt und ich habe ihn so akzeptiert, weil ich wusste, dass er ein guter Mensch ist. Er ist verlobt und will in drei Wochen heiraten und zwar die Frau, auf die er schon seit er ein kleiner Junge war, steht. Du brauchst dir keine Gedanken um ihn zu machen. Du hast keine Konkurrenz, jedenfalls nicht in meinen Augen."

Liams Augen weiteten sich. Gestand sie ihm gerade ihre Gefühle? „Stacey...", hauchte er, wusste aber auch nicht, was er sagen wollte.

Stacey lächelte und das helle Funkeln in ihren Augen ließ sein Herz flattern. „Ich denke, ich habe verstanden, was du für mich fühlst. Wenn ich falsch liege, dann sag es mir jetzt.", bat sie ihn und sofort schüttelte Liam seinen Kopf. „Du hast alles richtig verstanden. Aber... was bedeutet das für uns?", fragte er nach.

Stacey biss sich auf die Lippe und senkte ihren Kopf. „Ich... bin... bin mir nicht sicher. Kannst du... kannst du mir ein bisschen... Zeit geben? Ich muss mit meinem Kopf und mit meinem Herzen klarkommen, ich..." Stacey hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen.

„Shh, hey, ganz ruhig. Alles ist okay. Natürlich kann ich dir Zeit geben. Wir haben eine Menge Zeit. Wir haben noch Monate auf Tour vor uns. Wir kennen uns ja auch noch gar nicht so lange. Mach dir keinen Stress, ja?" Stacey nickte und kaute auf ihrer Lippe herum.

„Soll ich dich alleine lassen?", fragte Liam leise nach, Stacey zögerte, dann nickte sie leicht.

Liam lächelte und nickte ebenfalls. „Okay." Er stand von ihrem Bett auf und wandte sich zum Gehen.

„Liam, warte.", hielt Staceys Stimme ihn dann aber doch noch einmal auf. Er drehte sich zu ihr, sie stand auf und trat einen Schritt auf ihn zu. Kämpfen. Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen, beugte ihren Kopf zu ihm und legte vorsichtig ihre Lippen auf seine Wange.

„Danke.", hauchte sie, dann zog sie sich zurück, lächelte noch einmal scheu und verschwand im Bad. Liam stand dort wie festgewachsen, jede Faser seines Körpers kribbelte. Seine Hand hob sich wie von alleine und berührte die Stelle, wo eben noch ihre Lippen gelegen hatten. Der Igel rollte sein Herz durch die Gegend, es holperte in seiner Brust herum. Ein unaufhaltsames Lächeln erschien auf seinem Gesicht, er lachte leise, dann ging er langsam wieder nach vorne.

Als die Schiebetür sich öffnete, sahen die vier Jungs vorne sofort auf. Sie sahen Liam, der verträumt seine Wange berührte und vor sich hin grinste. „Amor hat wohl mit aller Kraft zugeschlagen.", bemerkte Louis.

Liam verdrehte seine Augen, sagte aber nichts und bekam auch das Grinsen nicht von seinem Gesicht. Er ließ sich auf eine Bank fallen und nahm sein Buch wieder in die Hand, das dort noch von vorher lag. Die anderen zogen ihre Augenbrauen hoch und schmunzelten einander an. Da hatte es wohl zwei so richtig getroffen.

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Ich identifiziere mich in diesem Kapitel mit Louis ;) Bei Liam und Stacey schient es ja jetzt ordentlich zu knistern... Sind sie nicht cuuteee? <3

Tourdiary [One Direction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt