1. Clive ✔

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"Smile, your enemies hate it."

Song: Fireflies ~ Owl City

 Clive. Clive Westwood.

An wen denkt man? An wen denke ich?

Einen attraktiven jungen Mann, der ein mysteriöses Lächeln auf den Lippen träg. Einen arroganten, selbstverliebten, idiotischen Jungen, der leider Gottes existiert.

Ich hasse Clive, ich kann ihn einfach nicht ausstehen, nicht mehr. Clive ist so ziemlich alles außer jemand den man mag, ich zumindest.

Aber meine Eltern sehen das natürlich ganz anders. Ihnen spielt dieser widerliche Schleimer den braven Sohn von Thomas und Eliza vor. Hach Gott, ist das ein lieber Junge. Na gut, womöglich ist mein Vater nicht ganz so geblendet von seinem Eitel Sonnenschein-Getue.

"Rosemary könntest du bitte mal nach Mimi sehen, es regnet."

In der Tat, den Regen habe ich bereits vor fünf Minuten bemerkt. Der einzige Grund, warum ich jedoch Ausdruck gewahrt habe, sitzen geblieben bin und unseren kleinen Garfield nicht hereinholen habe, ist, weil meine Mutter mir ihren verständnislosen, enttäuschten Blick zugeworfen hätte. Sie hätte darin meinen Versuch gesehen, von hier weg zu kommen, aus meiner eigenen Küche, in mein Zimmer – zu Recht, wenn ich ehrlich bin.

Nebenbei, Mimi ist unsere Katze, manchmal feinden wir uns an, aber meistens lieben wir uns. Wie jetzt.

Nur, jetzt hat Mom mir diese Option freiwillig gegeben, diese grandiose Chance weg von Clive zu kommen.

Artig nicke ich und schiebe meinen Stuhl, mit einem dezenten Lächeln, zurück.

Zusammen reißen Rosemary! Nicht vor Freude explodieren.

Meine Mom ist keine Spießerin oder dergleichen, aber sie legt Wert auf Anstand und den besitze ich Clive gegenüber herzlich wenig.

Der Ursprung des Grauens liegt vermutlich in der Jugend meines Vaters, als er sich mit Thomas Westwood angefreundet hat und letztlich auch Eliza mit meiner Mom. Wie schön wäre es dann in der gleichen Stadt, der gleichen Straße zu wohnen und immer wieder etwas zusammen zu unternehmen, vielleicht auch die Kinder mal mitnehmen.

Blöd nur, dass Clive und ich fast-erwachsen sind – obwohl er sich kein Stück so benimmt.

An und für sich kenne und schätze ich die Westwoods. Ich liebe Eliza, Thomas und Benji.

Nur Clive ist ein Störfaktor.

Ich könnte ausflippen, wie provokant er mich schon wieder süffisant angrinst, als hätte er den Braten unlängst gerochen, während ich mit Wäscheklammer auf der rosa Fluchtwolke schwebe.

"Ach, Rosemary?" Da ist er.

Die Stimme meines Vaters klingt mahnend und ich kann erahnen, dass er entweder mich um einen Gefallen bittet oder sagen wird, dass ich zurückkommen soll – was meinen Ausweg mit einem Wort zerstören würde. Hätte ich doch bloß nicht zurück geschielt... Wieso bin ich nicht einfach ins Wohnzimmer gerannt?

"Ja?", ziehe ich skeptisch das Wort in die Länge und linse ihn über meine Schulter an.

"Nimm Clive und Benji mit, wir müssen hier noch ein paar Dinge ohne euch besprechen."

Darf ich vorstellen, mein Vater, Max Adams. Einer der wohl klügsten Menschen der Welt und einer der mich einfach zu gut kennt. Im Gegenteil zu meiner Mutter, amüsiert sich mein Vater über meinen Hass auf Clive.

Protestierend klappt mein Mund auf, ich will mich wehren, demonstrieren, mich weigern – Benji ja, aber Clive? Um Gottes Willen, bin ich gestört, nein! Doch ein intensiver Blick meines Vaters und ich bin still und seufze geschlagen

Clive | Original | √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt