𝟏𝟎 | 𝐣𝐮𝐬𝐭𝐢𝐟𝐲

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Es waren schon ein paar Tage vergangen, nachdem Sadie und Billy das letzte Mal miteinander gesprochen hatten. Er schien wirklich wütend auf sie zu sein, zumindest schaute er sie nicht einmal mehr an, wenn sie sich im Flur entgegenkamen.

Zumindest glaubte sie das, da sie nie bemerkte wie Billy ihr immer noch eine Zeit lang hinterher sah, nach dem er an ihr vorbei ging.

Aber ihr sollte es Recht sein. Kein Billy, hieß auch keine Probleme. Mehr oder weniger.

Müde saß sie auf dem Boden von Lindseys Zimmer, während sie gerade zusammen für die nächste Matheklausur lernten, die schon morgen war.

Durch den ganzen Stress hatte sie das einfach komplett vergessen. Sadie wollte zwar wirklich bestehen, aber sie konnte sich einfach nicht konzentrieren, auch wenn sie es wollte. Das ging schon die ganzen Tage so. Entweder schwirrte ihr die Sache mit ihrem Vater im Kopf umher oder die sämtlich unangenehmen Situationen, die sie mit Billy hatte.

Gott, noch immer schüttelte sich jeder Muskel in ihrem Körper, wenn sie wieder an das Szenario bei der Party dachte. Sie verstand nicht einmal warum sie so viel Hass verspürte, besonders auf das Mädchen.

Wow, wer dachte sie überhaupt wer sie war? Dachte sie, sie hätte etwas erreicht nur weil sie mit Billy rumgemacht hatte? Der Typ würde auch mit einer warmen Orange rummachen, das war also keine besondere Leistung.

Warte mal.. war sie gerade wirklich eifersüchtig? Wegen dem Mädchen? Nein nein, das konnte nicht sein. Die Alte tat ihr doch einfach nur leid, da sie sich auf Billys Niveau heruntergelassen hatte.

Ja, das müsste es wohl sein.

Auch ihre beste Freundin bemerkte das etwas sie beschäftigte. Vorsichtig setzte sie sich vom Schreibtisch zu ihr auf den Boden und sah sie an. Irgendwas stimmt mit Sadie nicht.

,,Ist es wegen Billy?", fragte sie einfach drauf los, was vielleicht nicht die aller beste Art war. Sie wusste zwar, dass er ein sensibles Thema für sie war, aber das war Lindsey nun eben auch ziemlich egal. Wenn er der Grund dafür war, dann musste sie das wissen.

Sofort hatte Sadie einen Kloß im Hals. Musste sie ihn denn immer noch erwähnen? So langsam wollte sie mit diesem Typen einfach nur noch abschließen.

,,Nein, ist es nicht", presste sie heraus und versuchte sich weiter aufs Lernen zu konzentrieren. Toll, jetzt würde das doch gar nicht mehr funktionieren. Lindsey seufzte kurz auf, bevor sie all ihren Mut zusammennahm, um sie zur Rede zu stellen.

,,Ich weiß das du mich anlügst Sadie", sagte sie, während sie dabei versuchte ihren Puls unter Kontrolle zu bringen.

,,Was meinst du?", fragte ihre Freundin sie darauf mit zittriger Stimme. Sie wollte sich wirklich nichts von ihrer Unsicherheit anmerken lassen, aber das wollte einfach nicht klappen.

Lindsey nahm vorsichtig ihren Arm und streifte dabei den Ärmel ihres Pullovers nach oben. Zuerst wollte Sadie diesen weg ziehen, doch sie ließ sie, es würde doch sowieso nichts bringen.

,,Wer war das Sadie? Und du musst mir nicht erzählen, dass du das warst", sprach Lindsey zu ihr und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu bleiben. Verdammt, was sollte Sadie jetzt sagen? Sie wusste das irgendwann Mal der Tag kommen würde, an dem sie es Lindsey erzählen musste, denn sie war nun mal scheiße darin ihre Verletzungen zu verstecken, aber warum denn gerade jetzt? Wirklich einmal, nur ein einziges Mal wollte sie wirklich aus eigenen Stücken lernen.

,,Okay pass auf, es gibt einfach ein paar Sachen bei mir Zuhause die nicht so ganz stimmig sind. Es ist aber wirklich nichts Schlimmes, also mach dir einfach keine Sorgen", sprach Sadie, während ihr Atem immer hastiger und flacher wurde. Das hier gerade war gar nicht gut. Lindseys schaute sie immer schockierter an.

,,Und warum weinst du dann?", konfrontierte ihre beste Freundin sie, worauf hin ihr fast das Herz stehen blieb.

Nicht schon wieder dieses verdammte heulen. Konnte sie denn wenigstens nicht jetzt einfach stark bleiben?

,,Bitte.. erzähl es mir Sadie. Ich merke doch wie es dir immer schlechter geht, wie immer mehr Verletzungen dazu kommen. Bitte, ich will dir doch nur helfen.. du bist meine beste Freundin", flehte sie Sadie beinahe an. Es gab jetzt einfach kein Zurück mehr, sie musste jetzt mit allem herausrücken.

,,Okay, das was ich dir jetzt erzähle darfst du wirklich niemandem weiter sagen okay?", sie hielt kurz inne damit Lindsey sich nochmal verdeutlichen konnte wie ernst es ihr war. Sie nickte nur knapp.

,,Puhh.. M-Mein Vater schlägt mich seitdem ich ungefähr elf bin. Ich weiß nicht was der Auslöser dafür war, ob's Stress auf der Arbeit, oder mit meiner Mutter oder mit sonst was war, es passierte damals von einem Tag auf den Anderen. Meine heile, sorglose Kindheit war auf einmal weg.

Erst passierte es auch nicht oft, vielleicht alle paar Monate Mal, wenn ich richtig Scheiße gebaut hatte. Aber mit den Jahren nahm alles irgendwie zu. Immer kleinere Fehler wurden zu größeren, weshalb er mich bestrafte. Und wenn ich Mal nichts falsch gemacht hatte, dann dachte er sich was aus oder machte mich für etwas verantwortlich wofür ich nichts konnte.

Aber damals, in Omaha, hatte ich genug Freunde, weshalb ich über allem stand. Bei denen ich auch Mal für ein Wochenende lebte, nur damit ich nicht nach Hause musste. Aber auch das nahm er mir, indem wir nach Hawkins gezogen sind.

Gott, seitdem ist es einfach unerträglich.. und ich wünschte mir manchmal echt nicht mehr da zu sein"

Den letzten Teil flüsterte Sadie nur noch, während ihr Kopf, schlaff nach unten gesenkt war. Lindsey wusste nicht was sie sagen sollte. Sie hielt ihre beste Freundin immer für eine unantastbar starke Person, die Zeitweise schon echt gefühlskalt wirkte, aber das war sie überhaupt nicht.

Sie war ein zerbrechliches Mädchen, welches seit Jahren Misshandlungen durchstehen musste und das nicht Mal irgendwen gesagt hatte, nur um ihre Familie zu schützen.

Auch Lindsey liefen unaufhaltbar Tränen die Wange hinab. Hätte sie das doch alles schon früher gewusst, vielleicht hätte sie was machen können. Vorsichtig schloss sie ihre beste Freundin in den Arm und streichelte ihr sanft über den Rücken.

,,Danke das du mir das erzählt hast", flüsterte sie, während Sadie sich immer mehr an ihren Körper presste. Lindsey hatte Recht, es tat ihr gut mit jemanden wirklich darüber zu reden. Ja, sie hatte auch mit Billy darüber etwas geredet, aber das hier fühlte sich vertrauter an.. echter irgendwie. Sie konnte Lindsey vertrauen, das wusste sie.

Langsam lösten sich die Beiden wieder und Sadie wischte sich die Tränen aus ihrem Gesicht. ,,Ich denke ich sollte jetzt nach Hause gehen, die Matheklausur ist jetzt auch nicht mehr so wichtig", sie packte die Bücher, die auf dem Bett verteilt waren, ein, gab Lindsey einen kurzen Kuss auf die Wange und lief zu ihrer Tür raus, doch stoppte bevor sie dahinter verschwunden war noch einmal.

,,Danke..", bedankte sie sich kaum hörbar und lief dann weiter, ohne Lindseys Antwort zu hören. Sie musste jetzt selbst erstmal darauf klar kommen es ihrer besten Freundin ihr Geheimnis anvertraut zu haben.

Es war richtig es ihr erzählt zu haben, ohne Frage, obwohl sie dadurch trotzdem ein mulmiges Gefühl im Bauch hatte. Aber.. das war bestimmt normal, so viel wie gerade eben hatte sie noch nie mit jemand anderem als sich selbst darüber geredet.

Es würde jetzt schon alles besser werden, glaubte sie.

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「 ✓ 」𝐑𝐈𝐆𝐇𝐓 𝐏𝐄𝐑𝐒𝐎𝐍, 𝐖𝐑𝐎𝐍𝐆 𝐓𝐈𝐌𝐄 | 𝐛𝐢𝐥𝐥𝐲 𝐡𝐚𝐫𝐠𝐫𝐨𝐯𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt