🌑•Night Thirty•🌑

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Jeongin

Leicht lächelnd warf ich einen Blick auf Felix, der neben mir auf meinem Bett lag und seine Augen geschlossen hatte. Da es draußen regnete und stürmte, er aber unbedingt hatte zu mir kommen wollen, hatte ich ihn durch die Hintertür hineingeschmuggelt und in mein Zimmer gebracht. Es war das erste Mal, dass jemand außer Hyunjin und meiner Familie diesen Raum betreten hatte und ich war entsprechend nervös gewesen, allerdings hatte sich Felix hier sehr schnell heimisch gefühlt und es sich einfach bequem gemacht.

Yuseong tapste neugierig über seinen ruhenden Körper und beschnupperte ihn, ich war mir nicht sicher, ob sie sich noch an ihn erinnerte. In den letzten Wochen hatte sie so viele neue Erfahrungen gemacht, durch die sie gewachsen und größer geworden war. Auch ihre Krallen waren schon etwas ausgeprägter und ich hoffte einfach, dass sie ihn nicht als menschlichen Kratzbaum verwenden würde.

"Was ist das?", hörte ich Felix' tiefe Stimme auf einmal murmeln und legte mich nun leise kichernd neben ihn. Vorsichtig nahm ich mein Kätzchen von seinem Rücken und setzte sie zwischen uns ab, erhielt dafür ein protestierendes Mauzen. Yuseong schaute mich empört an und hüpfte dann einfach über mich drüber, um sich in ihr eigenes Bett verziehen zu können. Jedoch hatte Felix sie noch sehen können und so drehte ich mich mit einem Lächeln auf den Lippen zu ihm.

"Yuseong", erinnerte ich ihn an ihren Namen. Sofort nickte der Ältere und richtete sich leicht auf, um die Bewegungen der Katze zu verfolgen, bis sie schließlich aus seinem Sichtfeld verschwand und er sich wieder auf seinen Bauch fallen lassen konnte.

"Okay", meinte er nur leise und schloss direkt wieder seine Augen, schien wohl ein wenig dösen zu wollen. Lächelnd betrachtete ich ihn dabei und musterte seine hübschen Gesichtszüge, in die ich mich regelrecht verliebt hatte. Ein wenig deprimierte es mich, dass meine Gefühle sicher nur einseitig waren, gleichzeitig war ich aber auch froh darüber, dass sie noch nicht allzu stark waren. Dass ich etwas für den Australier empfand, war mir erst durch ein intensives Gespräch mit meinem Bruder klar geworden, dennoch war ich glücklich über die Erkenntnis und konnte sogar gut damit umgehen. Das lag vor allem daran, dass ich kein gebrochenes Herz erleiden wollte und solange ich Kontakt zu Felix haben konnte, schmerzte es auch gar nicht so arg, dass er es nicht erwiderte.

Ich durfte ihm nur nicht davon erzählen, sonst könnte er mich abweisen und das konnte ich nicht riskieren.

"Hyuuung", kicherte ich leise und stupste ihn in die Seite, wodurch er sogleich leicht zusammenzuckte und wieder leise zu murren begann. "Bist du müde?", neckte ich ihn frech und rutschte näher zu ihm. Als Antwort erhielt ich ein Kopfschütteln, obwohl ich längst wusste, dass meine Worte stimmten. Es war ihm anzusehen, wie fertig er war, in der Schule schlief er immer häufiger ein und an manchen Abenden hielt er es nicht einmal bis Sonnenuntergang durch, sondern schlief davor noch ein. Tatsächlich war ich darüber sogar froh, denn der viele Schlafmangel war alles andere als gesund. Wie sagte man so schön? Wer nicht hören will, muss fühlen und das musste Felix nun einmal verstehen.

"Bin ich nicht", versuchte er trotzdem mir zu widersprechen und unterdrückte das Gähnen, das seinen Worten hatte folgen wollen. Doch ich erkannte die Anspannung seines Unterkiefers und wie er sich dazu zwang, sich nichts anmerken zu lassen, was ein bitteres Gefühl in mir hinterließ. Seine Argumentation war stets, dass er mittags genug schlafen konnte und er eben so viel Zeit wie möglich mit mir verbringen wollte, aber was brachte mir das, wenn er irgendwann vor Erschöpfung umkippte? Dieser Gedanke machte mich traurig... War unsere Freundschaft wirklich so schädlich für ihn?

Ich schwieg nun einfach und versank in meinen Gedanken, tauchte ab in die vielen Sorgen darüber, ob es ihm wirklich gut tat, bei mir zu sein. Je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer spiegelte sich der Fakt in meinem Kopf, dass er so viel mehr Schlaf und Ruhe hätte, wenn wir nichts miteinander zu tun hätten und ich biss mir automatisch auf die Unterlippe. Wie war das noch einmal? Wenn man etwas wirklich liebt, lässt man es gehen?

Bedeutete das etwa für mich, dass ich... dass ich den Kontakt abbrechen sollte? Felix würde es von sich aus immerhin niemals tun...

"Blödes Wetter...", vernahm ich leise von Felix, der gerade wohl drauf und dran war, sich dem Schlaf hinzugeben. Ich wusste, wie schwer es ihm fiel, wach zu bleiben, wenn er nichts unternahm, was ihn beschäftigte und dass wir wegen dem Regen nur in meinem Zimmer lagen, kam ihm natürlich entsprechend ungelegen. Trotzdem unterließ ich es, ihn wach zu halten und beobachtete ihn einfach leise dabei, wie er schließlich ganz einschlief. Es war besser für ihn, wenn er etwas von seinem Schlafmangel aufholte. Zudem reichte mir seine Nähe doch auch... meine Eltern durften nur nicht hiervon erfahren.

Das musste ich mit allen Mitteln verhindern.

Und vielleicht... vielleicht musste ich auch verhindern, dass der Australier sich weiter mit mir traf. So sehr es mich auch schmerzte, so sehr mein Herz auch unter dieser Vorstellung zerbrach, der Gedanke daran, dass es ihm meinetwegen immer schlechter ging - seine Anfälligkeit für Krankheiten miteingeschlossen -, tat so viel mehr weh. Es wäre wahrscheinlich das Beste für ihn... und sein Wohl hatte für mich höchste Priorität. Egal, wie sehr ich darunter leiden würde.

"Schlaf schön, Lixie... und mach dir keine Sorgen um mich..."

Sunrise ★ JeonglixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt