Sunrise ★ Jeonglix

☀️•Day Thirty-Five•☀️

Felix

Wie ich erwartet hatte, waren meine Eltern unfassbar sauer auf mich. So sauer hatte ich sie schon lange nicht mehr gesehen und obwohl ich immer dachte, dass wir ein entspanntes Verhältnis zueinander hatten, bewiesen sie mir gerade etwas komplett anderes. Ich sei ja eine Schande, würde ihnen nur Ärger machen und solle mich gefälligst benehmen, da es in Korea überall erwartet wird. Und nun hatten sie mich in mein Zimmer geschickt und mir gedroht, sollte ich noch einmal das Haus verlassen und zu Freunden gehen, dann würden sie mich zurück nach Australien schicken.

Toll.

Gerade wollte ich nichts lieber, als zurück zu Jeongin zu gehen und mich wieder in seine Arme kuscheln oder wenigstens bei ihm sein. Seine Nähe hatte mich immer glücklich gemacht und es machte mich verrückt, nicht zu wissen, ob er meine Gefühle nun erwiderte oder nicht. Natürlich tat er das. Aber er hatte es mir noch nicht gesagt und deshalb wusste ich nicht so recht, wie wir nun zueinander standen. Das musste ich heute Nacht unbedingt herausfinden; mir war es egal, was meine Eltern dazu sagten. Sie konnten mich nicht von Jeongin fernhalten und das würden sie auch niemals tun. Da war ich mir sicher. Jetzt waren sie vielleicht sauer, aber sie würden es sicherlich verstehen.

Erst gegen Nachmittag klopfte jemand an meine Tür und gelangweilt hob ich leicht meinen Kopf, als ich bereits meinen Vater sah, der einen Brief in der Hand hielt. ,,Hier, für dich", meinte er nur, reichte mir den Brief und verschwand dann wieder. Irritiert sah ich meinem Vater nach, war von seinem Verhalten etwas perplex, ehe ich einen Blick auf den Brief warf und ihn dann langsam öffnete. Bloß mein Name stand auf dem Umschlag und irgendwie überkam mich ein unruhiges Gefühl. Wieso sollte mir jemand auch einen Brief schreiben?

Hey Felix,

Ich schreibe dir diesen Brief, weil ich nicht möchte, dass du mich noch weiter besuchst. Ich will dich nicht mehr sehen. Nie wieder. Meine Worte von heute Nacht waren vollkommen ernst gemeint. So einen wie dich, der bald zusammen bricht, brauche ich nicht.

Deine Gefühle für mich sind völlig unnötig, weißt du? Ich liebe dich nämlich nicht und ich bin nicht einmal schwul. Die ganzen Manga gehören nur meinem Bruder und nicht mir. Ich finde es eher ekelerregend, aber vor dir wollte ich nichts sagen, da ich deine Gefühle nicht verletzen wollte. Jedoch ist mir das jetzt auch egal.

Ich hoffe, dass ich dich nie wieder sehen muss, denn ehrlich gesagt hatte ich nie Lust auf dich. Du hast mich genervt und mich davon abgehalten, meinen Tätigkeiten nachzugehen und wegen dir habe ich manchmal nicht einmal am Tag etwas Schlaf bekommen, da du mir ja immer wieder schreiben musstest.

Es wäre vielleicht sogar besser gewesen, wenn du niemals hierher gezogen wärst. Mein Leben wäre so um einiges leichter und ich müsste mir keine Sorgen um jemanden machen, der nicht auf sich aufpassen kann und alles dann auf mich schiebt. Also ja, ich breche den Kontakt zu dir ab. Das ist besser für dich, aber am meisten für mich.

Und dachtest du wirklich, dass ich mich in jemanden verliebe, der nicht einmal Koreanisch kann? Für dich Englisch zu lernen ist mir viel zu anstrengend und das brauche ich nicht. Außerdem ist dein Akzent echt grässlich und kaum zu verstehen.

Machs gut,

Jeongin

Fassungslos starrte ich die Zeilen an, jedoch verwischten meine Tränen mir die Sicht. Das... das konnte er doch nicht ernst meinen... ich war so verdammt sicher gewesen, dass er mich mindestens genauso liebte, wie ich ihn. Hatte ich mich etwa so sehr in den Jüngeren getäuscht? Konnte er mich wirklich so wenig leiden, obwohl er sonst etwas anderes gesagt hatte?

Mein Herz stach und brannte, während die Tränen immer mehr Überhand nahmen und ich nichts anderes mehr tun konnte, außer vor Wut den Brief von meinem Bett zu schmeißen. Noch nie hatte ich mich so hintergangen, verraten und missbraucht gefühlt, wie ich es gerade tat. Ich hatte Jeongin alles gegeben. Liebe, Fürsorge, Verständnis. Selbst kriminell war ich für ihn geworden, damit ich ihm etwas Spaß im Leben haben konnte. Und das war sein Dank? Dieser herzlose Brief, der mein gesamtes Herz zum Brechen brachte?

,,I-Ich... i-ich hasse dich s-so s-sehr, Jeongin... so v-verdammt s-sehr..."