Junhee verschloss die Tür hinter ihnen und drehte sich dann zu ihm um. »Täuschen mich meine Augen oder war das gerade eben Kim Sehyoon?«, fragte sein bester Freund argwöhnisch, doch anstelle davon ihm zu antworten, nickte er bloss schwerfällig. Irgendwie erschien es ihm noch immer unwirklich und hätte Junhee es nicht auch gesehen, dann wäre er sich sicher, dass er sich das bloss eingebildet hatte.
So war es aber real und wenn Byeongkwan ehrlich war, dann machte ihm das irgendwie Angst. Er hatte damals lange genug gebraucht, um über Sehyoon hinweg zu kommen, was wenn dieser das mit seinem Auftreten zunichte gemacht hatte? Er hatte keine Lust darauf, dass sich das Ganze jetzt noch einmal wiederholte.
Junhee offensichtlich auch nicht. »Sollte der nicht am anderen Ende der Welt sein?« Er klang überhaupt nicht begeistert. Byeongkwan zuckte bloss mit den Schultern. »Keine Ahnung, ich weiss bloss dass er nach Japan ging um zu studieren«, erwiderte er. Das war alles was Sehyoon ihm damals gesagt hatte, aber schliesslich waren sie zu diesem Zeitpunkt in den Augen des anderen bereits kein Paar mehr gewesen, weshalb sollte er Byeongkwan also über seine weiteren Pläne informieren?
Byeongkwan seufzte leise und blickte dann zu Junhee hinüber. Dieser rieb sich gerade augenscheinlich besorgt über die Nasenwurzel. »Ich habe echt lange gebraucht um dich vom wandelnden Trauerkloss wieder in einen normalen Menschen zu verwandeln, ich schwöre dir, wenn dieser Kerl jetzt hier auftaucht und dir wieder das Herz bricht, dann hau ich ihn grün und blau!«, schimpfte er und Byeongkwans Mundwinkel zuckten für einen kurzen Moment in die Höhe.
»Ich weiss das zu schätzen Hyung«, versicherte er seinem besten Freund. »Und ich habe auch nicht vor ihn nochmal wiederzusehen«, fügte er bestimmt hinzu, worauf der andere zufrieden nickte. Byeongkwans Herz hingegen schrie, doch er ignorierte es. Er hatte schon einmal darauf gehört und er hatte ja gesehen, wohin das geführt hatte. Dieses Mal wusste er es besser.
Er atmete tief durch und versuchte sein viel zu schnell klopfendes Herz etwas zu beruhigen. Das eben war eine einmalige Sache gewesen. Ein dummer Zufall nichts weiter. Sein Blick wanderte zu Junhee, der noch immer mit nichts weiter als einem Handtuch bekleidet neben ihm stand. Er rollte mit den Augen. »Willst du dir nicht vielleicht mal etwas anziehen? Ich kann dich unmöglich ernst nehmen, wenn du hier halbnackt vor mir stehst!«
Junhee sah überrascht an sich herunter, so als hätte er bereits vergessen, dass er ausschliesslich mit einem Hauch von nichts bekleidet war. Er gab ein gespielt beleidigtes Schnauben von sich. »Pff, gib doch einfach gleich zu dass du dich von meinem durchtrainierten Oberkörper ablenken lässt!« Er wackelte anzüglich mit den Augenbrauen, worauf Byeongkwan angewidert den Mund verzog. Junhee war seit jeher wie ein Bruder für ihn – ein überaus gut aussehender Bruder, das konnte selbst er nicht abstreiten, aber trotzdem lag ihm nichts ferner, als mehr in ihm zu sehen, als bloss seinen besten Freund.
»Du kannst dir das gerne weiter einreden wenn du willst, aber ich kann dir auch gleich die Illusion nehmen und dir sagen, dass du falscher kaum liegen könntest.« Er klimperte unschuldig mit den Wimpern. Junhee schüttelte verständnislos den Kopf. »Du hast ja keine Ahnung, was dir entgeht Kim Byeongkwan!«, rief er und gestikulierte dabei wild mit den Händen, während er sich rückwärts auf Byeongkwans Schlafzimmer zubewegte. Dieser fürchtete bereits, der andere würde früher oder später noch über seine eigenen Füsse (oder aber die Türschwelle) stolpern, doch sehr zu seiner Erleichterung geschah nichts dergleichen und so kam Junhee bereits wenige Minuten später zurück – dieses Mal war er angezogen.
»Ich verstehe wirklich nicht, weshalb du mich immer wieder verschmähst. An meinem Aussehen kann es nicht liegen. Und wir haben sogar dieselbe Kleidergrösse, wir passen perfekt zueinander.« Byeongkwan verdrehte die Augen. Seine Argumente waren noch nicht einmal ausschlaggebend! (Und auch nicht ernst gemeint, aber wen interessierte das schon?)
Er seufzte. »Ich werde darüber jetzt nicht mit dir diskutieren!« Und das musste er glücklicherweise auch nicht, denn im nächsten Moment machte sich erneut jemand an seiner Tür zu schaffen. Soviel also dazu, dass Yuchan seine Manieren wiedergefunden hatte.
Keine zwei Sekunden später, steckte dieser auch bereits seinen Kopf zur Tür herein. »Hyung!«, rief er erfreut, sobald er ihn erblickte. Byeongkwan verdrehte bloss die Augen. Irgendwann würde er seinen beiden Freunden diese zusätzlichen Schlüssel wieder abknöpfen (gut eigentlich hatte er das bereits des Öfteren versucht, aber die beiden hielten diese Dinger so verdammt gut versteckt). Was war eigentlich so schwer daran, wie jeder andere normale Mensch zu klingeln?
Missmutig sah er zwischen seinen beiden Freunden hin und her – es war schwer zu sagen, welcher von ihnen das breitere Grinsen im Gesicht trug. »Jetzt mal ehrlich, ihr führt doch was im Schilde!«, sagte er misstrauisch. Die Antwort kam viel zu schnell – und einstimmig.
»Nein!«
»Ich glaube euch nicht! Und jetzt sagt schon, was macht ihr hier? Ich habe euch schliesslich nicht eingeladen«, stellte er klar und bedachte die beiden dabei abwechslungsweise mit einem (so hoffte er) durchdringenden Blick. Yuchan verschränkte demonstrativ seine Arme vor der Brust, während Junhee leise seufzte. »Ich habe es dir doch bereits gesagt. Ich war in Sorge, dass du uns vor lauter Langeweile einfach so wegstirbst und da wir so gute Freunde sind und das nicht zulassen konnten, sind wir gekommen um dich aufzuheitern!«
»Jetzt übertreib doch nicht immer gleich so!«, protestierte Byeongkwan. »Ich habe mich gar nicht so doll gelangweilt.« Okay, das war eine glatte Lüge, aber das mussten seine Freunde ja nicht wissen, ansonsten würden sie ihn sowieso wieder damit nerven, dass er bei ihnen ausgezogen war. Wobei, so wie er sie kannte, würden sie das so oder so tun.
»Und nur fürs Protokoll, ich wohne gerne alleine. Es ist so schön ruhig.« Er warf Yuchan einen vielsagenden Blick zu. Dieser schnappte empört nach Luft. »Hey das war gemein! Du könntest ruhig einmal ein wenig dankbar sein, dass du uns hast. Wir haben dir sogar etwas zu Essen mitgebracht«, meinte er mit wichtiger Miene, fast so als wären die Pizzen, die unangetastet auf dem kleinen Beistelltisch im Flur deponiert worden waren, sein Verdienst gewesen.
Byeongkwan schnaubte. Darauf hätte er auch ganz gut verzichten können. »Also erstens hat hier keiner von euch etwas mitgebracht«, belehrte er den anderen, der daraufhin bloss die Augen verdrehte und ein beleidigtes »Aber organisiert!« von sich gab. Byeongkwan tat so als hätte er nichts gehört und so redete weiter, ohne dem Einwurf des anderen auch nur einen Funken Beachtung zu schenken.
»Und zweitens...« Weiter kam er nicht, denn Junhee war wohl der Ansicht, dass er selbst bei dieser Sache besser wegkam, wenn er selbst das Wort ergriff. »Vielleicht war es im Nachhinein gesehen nicht unbedingt die Beste Idee, aber zu meiner Verteidigung, ich konnte das nicht wissen!« Er zog eine Grimasse. Yuchan warf ihm einen sichtlich irritierten Blick zu. »Was nicht wissen?«
»Dass es Sehyoon ist, der die Pizza verträgt«, antwortete Byeongkwan trocken. Yuchan riss ungläubig die Augen auf. »Du meinst den Sehyoon?«
»Exakt.«
»Also wirklich der Sehyoon? Der Arsch, der dich damals verlassen hat, der dir dein Herz zur Brust rausgerissen hat, darauf rum getrampelt ist und es anschliessend zu wirklich sehr traurigem Konfetti verarbeitet hat? Der Sehyoon?« Wow. Er hatte sich definitiv zu oft bei seinen Freunden ausgeheult.
Er seufzte und nickte dann. Yuchan schenkte ihm einen mitfühlenden Blick. »Was... hat er gesagt?«, wollte er wissen. Byeongkwan zuckte mit den Schultern. »Das es ihm Leid tut«, erwiderte er schnippisch. Als ob er auf eine solch offensichtliche Lüge hereinfallen würde. Nein, nicht dieses Mal.
Er bemerkte wie Yuchan und Junhee einen vielsagenden Blick unter einander austauschten. »Was?«, fauchte er gereizt. Er wusste was die beiden dachten, aber sie lagen falsch. »Ich bin über ihn hinweg! Das habe ich ihm übrigens auch gesagt!« Gut vielleicht hatte er das nicht wortwörtlich getan, aber die Nachricht sollte trotz allem bei Sehyoon angekommen sein. Nicht wahr?
Junhee neigte nachdenklich den Kopf. »Gut... das ist gut«, meinte er und klang dabei beinahe erleichtert. Byeongkwan nickte zustimmend. Es war das Beste so. Das redete er sich zumindest ein.
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Especially for you || Wowkwan
FanfictionNie im Leben hätte er damit gerechnet, dass er Sehyoon jemals wieder sehen würde, doch dann steht dieser eines Tages unverhofft vor seiner Tür.