Byeongkwan wusste nicht, was er erwartet hatte. Vermutlich, dass Sehyoon jetzt alles abstreiten würde, es mit einem lockeren Witz vom Tisch kehren würde. Dass er stattdessen die Wahrheit sagte, kam dann doch ein wenig überraschend für ihn. Andererseits war ja vielleicht genau das Sehyoons Plan gewesen. Er hatte ihn schon immer gerne verwirrt – dass war es zumindest was Byeongkwan vermutete, bestätigt hatte ihm diese Theorie bisher noch niemand.
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war es allerdings alles andere als durchdacht gewesen. Viel mehr schien es eher so, als wäre es dem anderen in einem unbedachten Moment über die Lippen gerutscht, ehe ihm überhaupt bewusst werden konnte, was er da gerade so alles von sich gab.
Byeongkwan musste schmunzeln, weil dies eben wieder so typisch für den anderen war. Und vielleicht auch ein wenig, weil er gerade wirklich niedlich aussah, mit dem betretenen Ausdruck im Gesicht.
Verlegen kratzte sich Sehyoon am Hinterkopf. »Ah das war dumm von mir. Eigentlich will ich mich echt nicht in eure Beziehung drängen, glaub mir. Ich wollte bloss... keine Ahnung. Du solltest einfach wissen, dass du mir nach wie vor wichtig bist. Das warst du immer, sogar als –« Er geriet ins Stocken, genauso wie Byeongkwans Herz, dass spontan ein paar Schläge aussetzte. Aus seinem Gesicht wich auf einmal sämtliche Farbe und er starrte den anderen mit fassungsloser Miene an.
»Wieso bist du dann gegangen?« Er wusste, dass er diese Frage nicht stellen sollte, dass er die Antwort darauf nicht kennen wollte, aber trotz allem musste er es wissen. Er hatte sich lange genug deswegen verrückt gemacht.
Sehyoon warf ihm einen undefinierbaren Blick zu. »Das würdest du nicht verstehen«, murmelte er abwesend und stand dann von seinem Stuhl auf. Er rieb sich angespannt über die Stirn und lehnte sich dann erschöpft gegen die Küchentheke. Er vermied es dabei in Byeongkwans Richtung zu sehen.
Dieser schnaubte leise. Sehyoon glaubte doch wohl nicht, dass er diese Sache nun einfach so auf sich beruhen lassen würde, so gut sollte er ihn eigentlich schon kennen. Er erhob sich ebenfalls, umrundete den Tisch und trat dann neben ihn.
»Du musst nicht mit mir darüber reden, wenn du nicht willst, aber bitte schliess mich deswegen nicht einfach so aus.« Er sah den anderen mit einem eindringlichen Blick an, erhielt jedoch keine Reaktion. Er seufzte und schloss die Augen. »Nicht schon wieder«, fügte er beinahe flehend hinzu. Er wusste nicht, weshalb er das alles sagte. Eigentlich war es doch genau das was er wollte – dass Sehyoon sich wieder aus seinem Leben verpisste und er danach einfach so weitermachen konnte wie bisher.
»Okay.« Sehyoon sprach so leise, dass Byeongkwan ihn beinahe nicht verstanden hatte. Er hob den Kopf und drehte ihn dann in seine Richtung und augenblicklich wurde Byeongkwan bewusst, wie nahe sie einander gerade waren. Es war ihm zuvor nicht aufgefallen, vermutlich weil Sehyoon ihn nicht angesehen hatte, aber nun waren ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.
Die plötzliche Nähe zwischen ihnen, liess Byeongkwans Herz unwillkürlich höher schlagen und auch Sehyoon schien das Ganze nicht kalt zu lassen. Byeongkwan glaubte sogar zu sehen, wie sich seine Atmung ein wenig beschleunigte, aber das konnte er sich natürlich auch nur einbilden.
Er schluckte kurz und hob dann seine Hand um Sehyoon eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen, doch anstelle davon, sie danach wieder zurückzuziehen, liess er seine Fingerspitzen wie hypnotisiert über Sehyoons schöne Gesichtszüge wandern. Sein Daumen glitt über die vollen Lippen, wo er wie zufällig für ein paar Sekunden verharrte.
Sein Herz klopfte jetzt mindestens doppelt so schnell. Er konnte Sehyoons Augen auf sich spüren, die ihn aufmerksam beobachteten und ungeduldig seine nächste Handlung abwarteten. Nervös leckte er sich über die Lippen, um diese etwas zu befeuchten. Wie war er nochmal in diese Situation geraten?
Egal.
Sein Blick lag noch immer auf Sehyoons Lippen. Er wollte ihn gerade wirklich gerne küssen. Er beugte sich ein wenig nach vorne. Ihre Lippen trennten jetzt wirklich nur noch wenige Millimeter und Byeongkwan war kurz davor, auch diese zu überwinden, als sich plötzlich Sehyoons Finger um sein Handgelenk legten. »Warte«, flüsterte der andere tonlos. Unsicher hielt Byeongkwan in seiner Bewegung inne. Hatte er etwas Falsches gemacht?
Sehyoon schüttelte den Kopf, fast so als hätte er hätte er die stumme Frage Byeongkwans gehört. Er machte einen Schritt zur Seite, vermutlich um wieder etwas Abstand zwischen sie beide zu bringen. »Wir sollten das nicht tun«, hauchte er. »Du hast einen Freund und ausserdem – wir funktionieren nicht als Paar, das haben wir beide bereits mehrfach bewiesen.« Byeongkwan fühlte wie sich sein Herz bei diesen Worten schmerzhaft zusammenzog. Wieso musste Sehyoon ausgerechnet jetzt vernünftig sein? Wieso konnte er nicht um ihn kämpfen? Er gab es zwar ungern zu, aber insgeheim hatte er gehofft, dass der andere die Tatsache, dass er einen Freund hatte ignorierte und ihn stattdessen versuchte für sich zu gewinnen.
Vermutlich war das dumm von ihm. Er sollte Sehyoon einfach die Wahrheit sagen, aber das traute er sich nicht. Was wenn ihn der andere dafür verurteilen würde? Da blieb er lieber stumm, auch wenn sein Herz gerade lauter protestierte als je zuvor.
»Wenn du willst, dass ich jetzt gehe, dann kann ich das verstehen«, sagte Sehyoon leise, worauf Byeongkwan heftig den Kopf schüttelte. Er wollte wirklich nicht, dass er ging, denn das hätte dann wahrscheinlich das Ende für sie beide bedeutet. Ein Ende, das er sich noch vor wenigen Tagen herbeigesehnt hatte, aber das war gewesen, bevor er sich seiner Gefühle so wirklich bewusst geworden war.
»Gut«, meinte der andere und lächelte schief, »ich wäre nämlich auch nicht gegangen.«
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Especially for you || Wowkwan
FanfictionNie im Leben hätte er damit gerechnet, dass er Sehyoon jemals wieder sehen würde, doch dann steht dieser eines Tages unverhofft vor seiner Tür.